Rhein-Lahn

Kritik an Stimmauszählung der Briefwähler – Bürgermeister aus dem Kreis schreiben Bundeswahlleiter

Die Art der Auszählung der Briefwahlstimmen bei der jüngsten Bundestagswahl rief Unmut bei den Kommunen im Kreis hervor.
Die Art der Auszählung der Briefwahlstimmen bei der jüngsten Bundestagswahl rief Unmut bei den Kommunen im Kreis hervor. Foto: Hans Georg Egenolf

Die Kreisgruppe des Gemeinde- und Städtebundes hat sich mit einem Schreiben an Bundeswahlleiter Georg Thiel gewandt. Darin bringt sie die Unzufriedenheit der Kommunen mit dem Verfahren der Stimmauszählung bei der zurückliegenden Bundestagswahl zum Ausdruck – konkret geht es um den Umgang mit Briefwahlstimmen. Unterzeichnet haben den Brief die Bürgermeister aller Verbandsgemeinden im Kreis, der Lahnsteiner Oberbürgermeister sowie der Landrat.

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Leider herrsche nach der diesjährigen Bundestagswahl „großer Unmut in unseren Städten und Ortsgemeinden“, schreibt Jens Güllering, Vorsitzender der Kreisgruppe des Gemeinde- und Städtebunds sowie Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten, an den Bundeswahlleiter.

Dieser Unmut mache sich unter anderem an der Regelung des Paragrafen 8, Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes in Verbindung mit Paragraf 7, Nummer 2 der Bundeswahlordnung fest. „Demnach werden bei Bundestagswahlen die im Rahmen der Briefwahl abgegebenen Stimmen zentral auf Ebene der Verbandsgemeinde in extra dafür gebildeten Wahlvorständen ausgezählt“, heißt es weiter im Schreiben.

Die Bildung dieser Wahlvorstände führe „zu einem nicht unerheblichen Personalaufwand“, erläutert Güllering. Fast alle Verbandsgemeinden im Rhein-Lahn-Kreis hätten zur Umsetzung Mitarbeiter der Verwaltungen rekrutiert. Wo diese nicht ehrenamtlich tätig wurden, seien „nicht unerhebliche Überstunden angefallen“.

Noch problematischer aber sei es, dass die Wahlergebnisse der Ortsgemeinden durch die darin nicht enthaltenen Briefwählerstimmen nicht mehr aussagekräftig seien. „Bei einem Briefwahlanteil von über 50 Prozent der wahlberechtigten Wählerinnen und Wähler wird in den auf Ebene der Ortsgemeinden dargestellten und veröffentlichten Wahlergebnissen ein absolut verfälschtes Bild gezeigt“, schreibt Güllering.

Gerade die Bevölkerung in den kleinen Ortsgemeinden identifiziere sich sehr mit der Heimatgemeinde und habe ein großes Interesse, das Wahlverhalten dort nachzuvollziehen. „Besonders in Zeiten, in denen Parteien an den politischen Rändern starken Zuspruch erfahren, wollen die Menschen mehr denn je wissen, wie vor Ort abgestimmt wurde“, heißt es weiter.

Dazu komme, dass auch die örtliche Wahlbeteiligung nicht mehr eindeutig zu ermitteln sei. Auch die Analyse von Wahlergebnissen durch an den Wahlen teilnehmende Parteien und Gruppierungen werde erschwert oder gar unmöglich gemacht.

„Die aus unserer Sicht einfachste Möglichkeit zur Problembehebung wäre die Auszählung der Briefwahl in den jeweiligen Stimmbezirken“, heißt es im Schreiben. Da die Zahl der Briefwahlwähler stetig zunehme, spreche aus Sicht der Briefunterzeichner nichts gegen eine Auszählung aller abgegebenen Stimmen in den örtlichen Stimmbezirken. Eine weitere negative Folge der Anordnung von Briefwahlvorständen ergebe sich aus der erstmals angewandten Regelung des Paragrafen 68, Absatz 2 der Bundeswahlordnung.

„Demnach muss die Auszählung der Urnenstimmen mit anderen Wahllokalen gemeinsam erfolgen, wenn nach Wahlschluss weniger als 50 Urnenwähler ihr Wahlrecht an der Urne ausgeübt haben“, erläutert Güllering. Auch dieses Vorgehen führe zu einem nicht nachvollziehbaren Ergebnis auf Ebene der einzelnen Ortsgemeinden.

Eine Regelung, die aus Sicht der Briefunterzeichner entfallen könnte, „wenn eine gemeinsame Auszählung der Urnen- und Briefwahlstimmen im jeweiligen Wahllokal erfolgen würde“, heißt es. Die Praxis bei den jüngsten Landtagswahlen habe gezeigt, dass „unsere Vorschläge nicht nur praktikabel sind, sondern auch in den Wahlvorständen und besonders auch bei der interessierten Bevölkerung auf großen Zuspruch stoßen“, schreibt Güllering. Er bittet abschließend „um Überprüfung der beschriebenen Regelungen und um Anregung einer Anpassung der Regelungsgrundlage bis zur nächsten Bundestagswahl gegenüber dem Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber“. red