Rhein-Lahn/Frankfurt

Kirchengebäude mit mehr Leben füllen: So sehen Synodale des Nassauer Landes die Zukunft der Landeskirche

Leitete zum zweiten Mal eine digitale Kirchensynode: Präses Dr. Ulrich Oelschläger (2. von rechts).
Leitete zum zweiten Mal eine digitale Kirchensynode: Präses Dr. Ulrich Oelschläger (2. von rechts). Foto: EKHN

Weniger Mitglieder, weniger Geld: Die hessen-nassauische Kirche muss schlanker werden. Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat auf ihrer Frühjahrstagung die Arbeit am Zukunftsprozess ekhn2030 fortgesetzt, mit dem die Kirche dem Mitgliederschwund und den damit verbundenen Einnahmeverlusten begegnen will.

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Dabei werden alle kirchlichen Arbeitsfelder auf den Prüfstand gestellt. Auf der aktuellen Tagung wurde über die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, die Jugend- und Familienarbeit sowie die Verwaltungsentwicklung diskutiert. Erste Beschlüsse sind im Herbst zu erwarten.

Wenn man davon ausgehe, dass die Kirche jährlich 2,1 Prozent ihrer derzeit etwa 1,5 Millionen Mitglieder verliere und das Kirchensteueraufkommen entsprechend sinke, betrage das strukturelle Haushaltsdefizit 2030 rund 140 Millionen Euro, sagte der Finanzdezernent Heinz Thomas Striegler. Deswegen gebe es keine Alternative zum Sparen.

Das sei eine „Herkulesaufgabe“ und nicht mit pauschalen Kürzungen, sondern nur mit einer Prioritätensetzung zu erreichen. Nach Auskunft von Striegler ist die EKHN finanziell besser als erwartet durch das Corona-Jahr 2020 gekommen. Zum Jahresende habe das Minus bei den Kirchensteuereinnahmen lediglich 2,1 Prozent betragen. Auch die Entwicklung im ersten Quartal dieses Jahres stimme ihn verhalten optimistisch. Die Einnahmen seien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur leicht zurückgegangen.

Als einerseits schmerzlichen, andererseits unvermeidlichen und sogar hoffnungsvollen Zukunftsprozess sehen die Landessynodalen aus dem evangelischen Dekanat Nassauer Land die Beratungen zum Prozess ekhn2030 in der Kirchensynode.

Hin- und hergerissen fühlt sich Pfarrerin Yvonne Fischer aus Friedland, gerade was die Reduzierung der Gebäudeunterhaltung in den Gemeinden anbelangt. „Da muss von Ort zu Ort sehr genau abgewogen werden, welche Alternativen es als Versammlungsstätten gibt, um Gemeinschaft zu erhalten.“

Zentralismus sei da sicher kein Allheilmittel. Gerade in den ländlichen Gemeinden seien die Entfernungen größer als im städtischen Bereich. „Es wäre sehr schade und traurig, wenn dann Angebote wegfallen, nur weil eine Kirchengemeinde den naheliegenden Treffpunkt nicht mehr unterhalten kann.“

Auf der anderen Seite sieht Fischer in den Überlegungen auch eine Chance. Gerade Kirchengebäude, die unbedingt erhalten bleiben sollen, könnten Experimentierfreude wecken und durch kleine Umbaumaßnahmen wieder mit mehr Leben erfüllt werden, anstatt sie nur selten für Gottesdienste zu öffnen. „Einige Gemeinden in unserem Dekanat sind ja schon auf einem guten Weg und kreativ, damit Kirche vor Ort bleiben kann“, sieht die Synodale in den Kirchenvorständen ein breites Bewusstsein im Dekanat dafür, zu handeln.

Zu einer effektiveren Gebäudenutzung zählt etwa die Zusammenlegung von Gemeindebüros, wie jüngst an der Aar in Hahnstätten. „Ich habe da noch nichts Schlechtes drüber gehört“, erklärt Landessynodaler Frank Puchtler aus Oberneisen. Grundsätzlich sieht er den Prozess ekhn2030 auf einem guten Weg, wenn man die Emotionen und die Verhältnisse vor Ort in die Überlegungen einbezieht.

„Pauschale Lösungen mögen da eher falsch sein, aber fest steht: Es braucht einer Veränderung, die die Situation vor Ort berücksichtigt.“ Dabei könne nicht zuletzt auch ökumenisch gedacht werden, erklärt Puchtler. Als kleines Beispiel erinnert er an die Zusammenarbeit zwischen Sparkassen und Volksbanken, die gemeinsame Räume nutzen und so an vielen Orten noch präsent seien.

Gleichzeitig rief Puchtler, der auch Sprecher der Propstei Rheinhessen und Nassauer Land ist, die Kirchensynode dazu auf, den festgelegten Zeitplan einzuhalten: „Ich rate dringend dazu, jetzt im Fluss zu bleiben und zügig Vorschläge vorzubereiten, über die entschieden werden kann.“

Als positives Beispiel sehen beide Landessynodalen das von der EKHN-Öffentlichkeitsarbeit vorbereitete und der Synode vorgestellte Arbeitspaket, zumal es darin nicht nur Kooperationsvorschläge gibt, sondern auch deren Vorteile und der Blick in die Zukunft auf eine bessere Wahrnehmung von Kirche gelenkt wird.

Das ist der Hintergrund von „ekhn2030“

Bei dem 2019 begonnenen Zukunftsprozess ekhn2030 werden nahezu alle kirchlichen Arbeitsbereiche von der Kinder- und Jugendarbeit über die Kooperation von Gemeinden, Dekanaten und Landeskirchen, die Zukunft der Pfarrstellen und der Konzentration des kirchlichen Gebäudebestands bis hin zur Medienarbeit in einem umfangreichen Projekt unter die Lupe genommen.

Außerdem ist geplant, auch die Verwaltung auf allen Ebenen der Kirche und die Arbeit in Zentren sowie Einrichtungen auf den Prüfstand zu stellen. Mehr Informationen zum Zukunftsprozess ekhn2030 auf der Sonderseite im Internet: https://unsere.ekhn.de/ themen/ekhn2030.html

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