Plus
Rheinland-Pfalz

Im Rhein-Lahn-Kreis könnten bald vier Kliniken zu einer verschmelzen: Das Gesundschrumpfen der Krankenhäuser

Für die Klinikexperten der Bertelsmann Stiftung dürfte die Krankenhauskrise im Rhein-Lahn-Kreis eine Steilvorlage sein. Sie hatten dieses Jahr in einer Studie ermittelt, dass deutschlandweit mehr als jedes zweite Krankenhaus geschlossen werden könnte, ohne dass sich die Versorgung der Patienten verschlechtern würde. Im Rhein-Lahn-Kreis könnte es sich noch drastischer entwickeln, indem von vier angeschlagenen in Kürze nur noch ein Krankenhaus übrig bleibt – und zwar am Standort der Paracelsus-Klinik in Bad Ems.

Lesezeit: 5 Minuten
Unsere Redakteure Christian Kunst, Tobias Lui und Carlo Rosenkranz analysieren die Lage der Krankenhäuser im Rhein-Lahn-Kreis Im Raum steht eine Investition von 30 bis 40 Millionen Euro. Voraussetzungen sind eine 100-prozentige Förderung durch das Land und eine Vermittlung des Gesundheitsministeriums bei den Gesprächen zwischen den Trägern. Das haben Recherchen unserer Zeitung ergeben. Aktuell stehen ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Kommentar: Die Folgen eines Kontrollverlusts der Politik

Die Krise der Krankenhäuser ist die Folge eines selbst verschuldeten Kontrollverlusts der Politik. Seit Einführung des Systems der Fallpauschalen vor 15 Jahren versuchen Gesetzgeber und Kassen, die Daumenschrauben anzuziehen. Ziel war es immer, den Krankenhausmarkt zu bereinigen. Das ist ein offenes Geheimnis, auch wenn es niemand zugeben möchte.

Christian Kunst zur Krankenhauskrise in Rheinland-Pfalz

Doch seit Jahren ist klar, dass Deutschland deutlich zu viele Kliniken hat, die um Patienten, Pflegekräfte, Ärzte und auch Fördergeld buhlen. Das ist weder wirtschaftlich vernünftig noch ist es gut für die Patienten, die immer wieder in Krankenhäusern behandelt werden, die für hoch spezialisierte Eingriffe über keine ausreichende Erfahrung verfügen. Anstatt die Krankenhauslandschaft jedoch planvoll und patientengerecht neu zu gestalten, überlässt die Politik die Entwicklung der Krankenhäuser seit Jahren dem Spiel des Marktes, den sie immer wieder aufs Neue und widersprüchlich reguliert.

Diese Politik ist feige, weil sie keine Verantwortung für die Folgen ihrer Entscheidungen übernimmt. So zahlt das Mainzer Gesundheitsministerium den knapp 100 Kliniken in Rheinland-Pfalz, für deren Erhalt es kämpft, seit Jahren zu wenig Fördergeld für Investitionen. Das zwingt viele Krankenhäuser dazu, Überschüsse zu erwirtschaften, um Projekte zu finanzieren, die ihr Überleben sichern. Dafür werden sie bizarrerweise von Bürgern als profitgierige Konzerne beschimpft. Doch Profite lassen sich angesichts schrumpfender Einnahmen aus den Fallpauschalen, sinkender Patientenzahlen auf dem Land und diverser anderer Reformgesetze auf Bundesebene immer schwieriger erwirtschaften.

Eine mutlose und inkonsequente Politik führt mittlerweile dazu, dass einige Krankenhausträger wie die Marienhaus GmbH den Spieß aus der Notlage heraus umdrehen: Sie zwingen Fördervereine und Kommunen wie am Mittelrhein und in Adenau zu teils millionenschweren Engagements. Dies ist genauso wie die von Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) gelobte Sanierung in Eigenverwaltung eine Bankrotterklärung von Politik. Denn sie bürdet dem Steuer- und Beitragszahler enorme Kosten auf und überlässt die längst überfällige patientengerechte und wirtschaftlich notwendige Neuordnung der Krankenhauslandschaft Beratungsunternehmen und Insolvenzverwaltern, die dies deutschlandweit zu einem Geschäftsmodell entwickelt haben. Unterm Strich übernehmen sie die Aufgabe, die eigentlich zum Kerngeschäft der Politik gehört, die ihre Kontrolle so weitgehend an überwiegend betriebswirtschaftlich handelnde Berater abgibt.

Die von der Ministerin initiierte konzertierte Aktion ist da ein richtiger, wenn auch viel zu später Schritt. Die SPD-Politikerin, das zeigt sich gerade, kann Krisen managen. Aber ihr fehlt es bislang an Ideen und Mut, um eine zukunftsfähige Kliniklandschaft zu gestalten. Das offenbarte sich bereits 2018, als sie bei der Aufstellung des Landeskrankenhausplans ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten und Bedenken des Landesrechnungshofs ignorierte, die beide eine deutliche Reduzierung der Bettenzahl forderten. Diese Bereinigung übernehmen jetzt die Krankenhausträger – notgedrungen und verbunden mit hohen Kosten und unkalkulierbaren Folgen.

E-Mail an den Autor

Meistgelesene Artikel