Obertiefenbach/Holzhausen

Gaby Bindczeck seit 50 Jahren Organistin: Eine „Königin an der Orgel“ feiert Jubiläum

Spielt seit 50 Jahren die Orgeln in Holzhausen und Obertiefenbach: Gaby Bindczeck aus Miehlen.
Spielt seit 50 Jahren die Orgeln in Holzhausen und Obertiefenbach: Gaby Bindczeck aus Miehlen. Foto: Dekanat Nassau

Etwa 5000 Gottesdienste hat Gaby Bindczeck als Organistin der evangelischen Kirchengemeinde in Holzhausen und Obertiefenbach bisher schon mit ihrem Spiel begleitet. Der vielseitig engagierten Miehlenerin wurde in einem festlichen Gottesdienst mit viel Musik in der Kirche von Obertiefenbach und einem Empfang für ihr 50-jähriges Wirken gedankt.

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Der ehemalige Gemeindepfarrer in Holzhausen Bernd Arthur Ohlow, mit dem Bindczeck von 1976 bis zu dessen Ruhestand 2011 die meisten ihrer Dienstjahre verbrachte, hatte in dem abwechslungsreichen Jubiläumsgottesdienst noch mehr Zahlen parat, bevor er die Dankesurkunde überreichte.

„Fast jeden Sonntag zwei Gottesdienste, dazu etliche Feiertage wie Ostermontag, Himmelfahrt, Pfingstmontag, 1. und 2. Weihnachtstag, Silvester; alles mal 2 ergibt 100 Gottesdienste pro Jahr, ergibt 5000 Stunden Gottesdienste, umgerechnet 208 Tage ununterbrochen Orgelmusik“, rechnete Ohlow. „Dazu kommen die Fahrten von Miehlen zu unseren Kirchen, die Vorbereitungszeiten und das Üben. Eine solche Leistung kann man nicht genug loben, sie ist sehr selten und aller Ehren wert.“

Ohlow erinnerte an den Werdegang der Jubilarin, die am 1. April 1972 ihren Dienst beim damaligen Pfarrer Wilhelm Schmelz offiziell startete, nachdem sie zuvor bereits die Vorgängerin vertreten hatte. Stets pünktlich, zuverlässig, für alle Fragen offen und aufgeschlossen, beschrieb der pensionierte Theologe Gaby Bindczeck.

Auch neue Lieder entlockte sie Instrument und Gemeinde. Als Hörproben erklangen „Danke für diesen guten Morgen“ und Rod Stewarts „I am sailing“, das einst zur Konfirmation Anklang fand. Martin Wagner intonierte beide Lieder an der Orgel, der den Dienst in Obertiefenbach übernommen hatte, damit die Jubilarin im Kirchenschiff Platz nehmen durfte. Zudem gestalteten der evangelische Posaunenchor mit Dirigentin Martina Adler und der Gemischte Chor Obertiefenbach unter Leitung von Viola Förster den Gottesdienst musikalisch mit.

Dekanin Kerstin Janott (rechts) gratuliert Gaby Bindczeck in einem festlichen Gottesdienst in der Kirche von Obertiefenbach.
Dekanin Kerstin Janott (rechts) gratuliert Gaby Bindczeck in einem festlichen Gottesdienst in der Kirche von Obertiefenbach.
Foto: Dekanat Nassauer Land

„Ich weiß noch, als ich das erste Mal vor der Orgel gestanden habe und dachte, das schaffst du nie“, erinnert sich Gaby Bindczeck an die Anfänge ihres Orgelunterrichts. Frau Vömel, die ihr mit zehn Jahren das Klavierspielen beibrachte, animierte zum Weitermachen und Durchhalten, „und dann war ich auch ziemlich stolz, so ein Instrument überhaupt erlernen zu dürfen“.

Nach dem Motto „Wer A sagt, muss auch B sagen“ habe sie sich durchgebissen. 1969 machte sie ihren Eignungsnachweis. Noch ohne Führerschein musste sie anfangs zum Dienst chauffiert werden. Dann steuerte sie selbst Sonntag für Sonntag bei Wind und Wetter die beiden Ortschaften an, ob sie richtig ausgeschlafen hatte oder nicht. Beim gottesdienstlichen Choral-Klassiker „All Morgen ist ganz frisch und neu“ sei ihr beileibe nicht immer danach gewesen, während sich Gleichaltrige noch mal im Bett rumdrehten.

Beruf, drei Töchter großziehen, ein großes ehrenamtliches Engagement, Singen und Orgelspielen sorgten zwar für einen vollen Terminkalender, aber auch für erfüllte Freizeit. „Etwas Panik hatte ich manchmal, als die Kinder noch so klein waren und ich über die Karwoche, Ostern und die Weihnachtsfeiertage so lange weg war“, erinnert sie sich. Da war die Unterstützung von Ehemann Lothar gefragt. Heute halten vier Enkel die vielseitig engagierte Kirchenmusikerin auf Trab. Zum Ruhestand von Pfarrer Ohlow habe sie ja mal kurz ans Aufhören gedacht. „Aber wenn schon der langjährige Pfarrer geht, konnte ich ja die Gemeinde nicht auch noch verlassen.“ Und die Herzlichkeit, mit der sie mit Pfarrer, Küstern, Kirchenvorstand und Posaunenchor wirkte, will sie nicht missen.

„Mit dem Orgelspiel bringen Sie eine ganz wichtige Dimension der Verkündigung mit ein“, sagte Dekanin Kerstin Janott in ihrer Gratulation. Lieder und Musik ermöglichten einen zusätzlichen Zugang und öffneten Herzenstüren. „Musik erreicht uns auf Leveln, da kommen Worte gar nicht hin.“ Dem Dank der Theologin schloss sich Anja Beeres aus Obertiefenbach, Vorsitzende der Dekanatssynode des Nassauer Landes, an: „Da sitzt jemand an der Orgel, der im Glauben verbunden ist; das hat immer gut getan.“ Wunderbar empfand es Beeres, dass während der Corona-Pandemie, in denen der Gemeindegesang schweigen musste, „Gaby die Lieder selbst für uns gesungen hat“.

Viel Lob für ihren treuen Einsatz erhielt Bindczeck auch von Thomas Christ im Namen des Kirchenvorstands, Dietmar Gemmer für den Posaunenchor, von den Ortsbürgermeistern Hardy Eilenz (Holzhausen) und Erhard Back (Obertiefenbach) sowie von Bürgermeister Jens Güllering; der wies darauf hin, dass die Jubilarin nicht nur die Königin der Instrumente spiele, sondern selbst eine „Königin an der Orgel“ sei. red