Mittelrhein

Buga-Chef Berthold Stückle und OB Peter Labonte über Buga-Herzstücke: Wie Lahnstein und Loreley gewinnen

Von Karin Kring
Im Zuge der Bundesgartenschau 2029 könnte eine Brücke zwischen dem Hafenköpfchen und dem Niederlahnsteiner Rheinufer Wirklichkeit werden. Buga-Geschäftsführer Berthold Stückle jedenfalls findet die Idee richtig gut.  Foto: Karin Kring
Im Zuge der Bundesgartenschau 2029 könnte eine Brücke zwischen dem Hafenköpfchen und dem Niederlahnsteiner Rheinufer Wirklichkeit werden. Buga-Geschäftsführer Berthold Stückle jedenfalls findet die Idee richtig gut. Foto: Karin Kring

Seit etwa einem Monat ist es offiziell: Lahnstein wird als Schwerpunktort einer der Hauptschauplätze der Bundesgartenschau 2029 im Mittelrheintal sein. Auch wenn die Eröffnung der Buga noch in weiter Ferne liegt, so laufen die Planungen für 2029 bereits auf Hochtouren.

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Der Geschäftsführer der Buga GmbH, Berthold Stückle, sprach gemeinsam mit Oberbürgermeister Peter Labonte mit unserer Zeitung über die aktuellen Planungen zur Bundesgartenschau – und formuliert dabei auch eine wichtige Botschaft für alle kleinen teilnehmenden Ortsgemeinden.

Herr Stückle, wie kam es dazu, dass Sie ausgerechnet Lahnstein als einen von drei Schwerpunktorten der Buga 2029 ausgewählt haben?

Die Entscheidung für Lahnstein kommt nicht von ungefähr. In einer Machbarkeitsstudie von 2017 haben sich viele Experten Gedanken über eine sinnvolle thematische Aufteilung der Gartenschau gemacht. Letztendlich wurde das Gebiet in drei Cluster aufgeteilt. Das nördliche reicht von Koblenz über Stolzenfels und Lahnstein bis nach Filsen. Alle drei Bereiche beinhalten jeweils einen Schwerpunktort. Insbesondere die Rheinanlagen mit dem Hafen und dem Martinsschloss bieten nach Ansicht der Studie großes Potenzial. In Verbindung mit dem Schloss Stolzenfels und der Nähe zu Koblenz als Mobilitätsanker für Besucher ist das einfach ein passendes Gesamtpaket.

Hinzu kommt: Lahnstein hat für uns als Buga GmbH eine wichtige Funktion, denn wir müssen während der Gartenschau etwa 40 Millionen Euro durch Eintrittsgelder einnehmen, um unsere Kosten zu decken. Eintrittsgelder können wir aber nur dort verlangen, wo sie wegen der Größe der Flächen gerechtfertigt sind. Mit fast 17 Hektar Investitionsflächen ist diese Voraussetzung in Lahnstein gegeben.

Können Sie denn schon Genaueres zu den Buga-Flächen in Lahnstein sagen? Von wo bis wo reichen sie denn?

Momentan ist es so, dass sich die gemeldeten Flächen entlang des Rheins vom Schloss Martinsburg bis fast zur Löhnberger Mühle erstrecken. Das Projekt „Buga 2029“ ist aber immer ein dynamischer Prozess. Wenn zum Beispiel die Stadt selbst weitere Projekte plant, Stichwort Stadtentwicklung Richtung Innenstadt, oder auch private Investoren Interesse an einer Zusammenarbeit mit uns haben, dann können natürlich auch noch weitere Flächen und Projekte dazukommen. Ein Beispiel ist die von der Stadt bereits geplante Neugestaltung der Lahnufer. Auch hier könnten wir durchaus zusammenarbeiten und die Pläne der Stadt mit den Plänen für die Buga verbinden.

Buga-Geschäftsführer Berthold Stückle.  Foto: Sascha Ditscher
Buga-Geschäftsführer Berthold Stückle.
Foto: Sascha Ditscher

Wie die Flächen aussehen werden, was dort geplant ist, steht aber noch nicht fest?

Das steht noch nicht fest, aber wir werden natürlich einen gewissen Gestaltungsrahmen vorgeben, bestimmte Programmatiken, die wir abstimmen. Für Lahnstein sehe ich großzügige Rheinanlagen in Kombination mit Freizeitanlagen, etwa einem Spielplatz und Gastronomie, wo man sich niederlassen kann: eine richtige Rheinpromenade eben. Aber nicht so steinern wie in Koblenz, sondern mit mehr Grünflächen, mehr Rasen, mehr Bepflanzungen. Thematisch werden wir hier sicherlich in Richtung Urbanität oder Leben und Wohnen am Wasser gehen. Auf der Loreley, einem weiteren Schwerpunktort, werden wir uns dagegen stärker auf ökologische Themen wie Biodiversität oder nachhaltige Landwirtschaft konzentrieren.

Wichtig bei der Gestaltung der Flächen ist auch, zu berücksichtigen, was die Stadt will. Momentan konzentrieren wir uns auf die Planung der offenen Wettbewerbe, die anonym ausgeschrieben werden. Architekturbüros können sich dann auf die gemeldeten Flächen bewerben und ihre Ideen und Gestaltungspläne ausarbeiten. Die werden dann von einem unabhängigen Preisgericht in mehreren Runden bewertet und aussortiert.

Sie kamen jetzt schon mehrfach darauf zu sprechen, wie wichtig die Abstimmung mit der Stadt ist. Herr Labonte, was genau ist so wichtig daran?

Wie es jetzt weitergeht

  • Bei der Aufsichtsratssitzung der Buga 2029 gGmbH am 28. Oktober wurden die investiven Flächen beschlossen, auf denen die Projektgesellschaft jetzt mit den Planungen beginnen darf. Im Jahr 2022 sollen dazu Gestaltungswettbewerbe stattfinden.
  • Vor der Auslobung dieser Gestaltungswettbewerbe, werden die Buga 2029 GmbH und das noch auszuwählende Büro, das die Wettbewerbe betreut, die Anforderungen und programmatischen Schwerpunkte unter anderem mit den Welterbe-Referaten der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen, dem Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal sowie den zuständigen kommunalen Gremien abstimmen. Zusätzlich werden die Bürger beteiligt.
  • Bis 2023 sollen dann die Sieger der Gestaltungswettbewerbe feststehen, die von Preisgerichten aus Fach- und Sachpreisrichtern ausgewählt werden.
  • Dann beginnen die Genehmigungsverfahren und ab 2025 soll dann gebaut werden.

Labonte: Die Buga ist ein Katalysator für unsere Stadtentwicklung. Wichtig ist, dass die Investitionen eine Perspektive für die Zukunft haben. Wir als Stadt müssen die Frage beantworten, ob wir in der Lage sind, die Flächen, wenn sie nach der Buga wieder an uns zurückgegeben wurden, auch weiterhin finanzieren, bewirtschaften und pflegen zu können.

Stückle: Deswegen müssen wir im Vorfeld nachfragen: Welche Mittel habt ihr als Stadt zur Verfügung?

Um das Prinzip zu erklären: Die Buga GmbH ist ein Dienstleister. Wir bekommen die Flächen von der Stadt kostenfrei zur Verfügung gestellt, bauen sie im Gegenzug und in Absprache um und planen die Gartenschau. 2030 wird zurückgebaut und danach geben wir die Flächen wieder an die Stadt zurück. Was dauerhaft geplant wird, muss dann eben auch dauerhaft finanzierbar sein.

Selbstverständlich wird es Attraktionen, große Blumenbeete zum Beispiel, geben, die nach der Schau auf jeden Fall zurückgebaut werden müssen, weil sich die keiner dauerhaft leisten kann. Der Unterhalt wird heutzutage gerne unterschätzt. Ein Auto ist schnell gekauft, aber Sie müssen Reifen, Versicherung, Sprit bezahlen. Das ist vergleichbar, das muss alles durchdacht sein.

Die Stadtentwicklung spielt eine große Rolle. Aktuell stehen in Lahnstein viele Geschäfte leer. Ist das mit Blick auf die Bundesgartenschau ein Problem, dass man nicht bummeln gehen kann?

Wir haben ja noch ein bisschen Zeit. Aus meiner Erfahrung aus vergangenen Bundesgartenschauen kann ich nur eins sagen: Jeder Euro, der investiert wird, zieht zwischen drei bis vier Euro Folgeinvestitionen nach sich. Da muss man ein bisschen die Dynamik des Projektes abwarten. In Koblenz gab es vor der Buga 2011 auch noch nicht so viele kleine Geschäfte. Das Ziel muss sein, die Leute durch intelligente Besucherführung in die Innenstadt zu ziehen. Das setzt natürlich voraus, dass dann auch Kaffees und Restaurants mit einer gewissen Qualität vorhanden sind.

Sie sind also optimistisch, dass sich Lahnstein in dieser Hinsicht bis 2029 in eine positive Richtung entwickelt?

Ja, das ist das große Ziel. Entwicklung ist im Übrigen das Hauptziel der gesamten Bundesgartenschau im Mittelrheintal. Eine wichtige Frage ist zum Beispiel, wie sich der Tourismus der Zukunft in der Region unter Gesichtspunkten wie der Digitalisierung und dem Klimawandel entwickelt. Die Gartenschau ist nur ein Präsentationsjahr. Das ist nicht das Ende der Entwicklung des Mittelrheintals, es ist nur eine Etappe. Danach muss es weitergehen, da müssen alle dran arbeiten: Touristiker, Mobilitätsleute, Stadtplaner, Landschaftsarchitekten, einfach alle.

Viele Lahnsteiner wünschen sich schon lange eine Fußgänger- und Fahrradbrücke an der Hafenzunge. Kommt die zur Buga endlich?

Ich sag jetzt mal frech: Ja, weil ich dafür kämpfen werde bis zum letzten Tag, dass die Brücke kommt. Ich find die gut und richtig wichtig. Ich bin auch schon in Kontakt mit Studenten, die erste Entwürfe zur Brücke erstellt haben. Allerdings muss man sehen, wie sich die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung dazu positioniert. Die hatten uns bereits angefragt, ob wir nicht gemeinsame Projekte umsetzen könnten. Das habe ich natürlich bejaht und mir in einer Antwort an die Verwaltung erlaubt, die Brücke in die vorläufigen Pläne einzuzeichnen. Die Idee ist also zumindest mal dort angekommen.

Wird der Lahnsteiner Hafen bei der Buga-Planung eine Rolle spielen und wie könnte das Schloss Martinsburg zum Wasserschloss werden? Gibt es Ideen?

Der Hafen wird auf jeden Fall einem Ideenwettbewerb unterzogen, um zu überlegen, was wir hier machen könnten. Das haben wir auch schon mit den Eigentümern/Pächtern besprochen. Für die Gartenschau wird das Hafenbecken sicher eine Rolle spielen. Für das Schloss ist vieles denkbar. Ich setzte da ganz auf die Ideen aus den Wettbewerben.

Schauen wir mal rüber zur Loreley. Was sind denn da Ihre Visionen für die Buga 2029?

Die Loreley ist international bekannt und deswegen natürlich auch ein Hotspot der Gartenschau. Wir wollen das Loreleyplateau entwickeln. Bisher ist es so, dass der Landschaftspark und der Loreleyfelsen dort das einzige Ziel sind. Besucher gehen da, salopp gesagt, hoch, schauen runter und gehen wieder. Besucher sollen aber auch länger bleiben und verweilen wollen. Das Plateau soll touristisch genutzt werden, Stichwort Rodelbahn, oder vielleicht auch ein großer welterbeverträglicher Spielplatz. Und natürlich spielen Veranstaltungen und Slow-Tourismus eine Rolle. Warum zum Beispiel nicht eine Hotelanlage bauen, die sich in ihrer Gestaltung an den Aussiedlerbauernhöfen orientiert, die es hier bereits seit Ewigkeiten gibt. Wir haben darüber hinaus die große Vision, das Plateau autofrei zu bekommen, indem wir Parkflächen außerhalb und einen Shuttleverkehr einrichten.

Der Klimapark auf der Loreley soll dort entstehen, wo heute Landwirtschaft betrieben wird. Wie stehen die ansässigen Landwirte dazu?

Die Landwirte sind erst mal aufgeschlossen. Sie sind unsere Partner. Thematisch wird es im Klimapark ja auch um nachhaltige Landwirtschaft, um Klimapark, um Biodiversität gehen. Da brauchen wir die Landwirte. Vielleicht können gerade sie die programmatischen Flächen betreuen.

Es gibt Stimmen aus den umliegenden Dörfern, die befürchten, dass sie von dem Buga-Kuchen nichts abbekommen und auf der Strecke bleiben. Ist diese Angst berechtigt? Und was, wenn sich die Dörfer die Investitionen nicht leisten können?

Wir haben mit den kleinen Gemeinden eine 70/30-Regelung abgesprochen. Das bedeutet, 70 Prozent der Investitionskosten übernehmen wir und 30 Prozent übernehmen die Orte selbst. Ich hätte auch sagen können, dass wir 100 Prozent der Kosten übernehmen, aber das wollte ich aus folgendem Grund nicht: Wenn man alles bezahlt bekommt, dann lässt erfahrungsgemäß die Motivation nach. Und die wollen wir aufrechterhalten, um die Qualität der Buga-Projekte in den Ortsgemeinden zu erhöhen. Wir unterstützen die Orte ja nicht nur finanziell, sondern auch mit Fachwissen von unseren Architekten und Planern. Das kostet im Übrigen auch viel Geld. Und unser Ziel ist klar: Jede Kommune, die eine Fläche gemeldet hat, kriegt auch eine. Wenn eine Kommune ihren finanziellen Anteil nicht stemmen kann, dann lass ich auch mit mir reden. Es liegt aber auch an den Orten selbst, ob sie von der Bundesgartenschau profitieren. Eine gewisse Eigeninitiative gehört bei diesem Spiel mit dazu.

Das Gespräch führten Karin Kring und Matthias Kolk