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Rhein-Hunsrück

Zwei Stunden Sitzung bis zur Notvergabe: Kreistag schlägt im Konsens einen neuen und teils abgespeckten Kurs ein

Von Volker Boch
Bereits vor dem Beginn der Sitzung zur Notvergabe im öffentlichen Personennahverkehr gab es im Großen Sitzungssaal großen Gesprächsbedarf. Fraktionsübergreifend herrschte am Ende Einigkeit: Der bestehende Vertrag soll aufgekündigt und eine Notvergabe auf den Weg gebracht werden.  Foto: Werner Dupuis
Bereits vor dem Beginn der Sitzung zur Notvergabe im öffentlichen Personennahverkehr gab es im Großen Sitzungssaal großen Gesprächsbedarf. Fraktionsübergreifend herrschte am Ende Einigkeit: Der bestehende Vertrag soll aufgekündigt und eine Notvergabe auf den Weg gebracht werden. Foto: Werner Dupuis

Als sich die Türe zum Sitzungssaal des Simmerner Kreishauses schloss, gipfelte eine in der Kreisverwaltung ohnehin überaus anspruchsvolle Woche. In nicht öffentlicher Sitzung beriet der Kreistag jenes Thema, das in der Bevölkerung seit dem Beginn des Schuljahres am Montag so überaus emotional diskutiert wird: das Bus-Chaos.

Lesezeit: 2 Minuten
„Wir haben dafür Sorge getragen, dass wir unserer gesetzlichen Pflicht wieder nachkommen können“, sagte Landrat Marlon Bröhr im späteren Verlauf des Tages zur Notvergabe des Kreises. „Die Mitarbeiter haben Außergewöhnliches geleistet“, erklärte er weiter – und die Anspannung war ihm noch immer nicht aus dem Gesicht gewichen. Am Ende einer ...
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VRM erläutert: Vergabe des kollabierten Linienbündels erfolgte an den günstigsten Anbieter

Eine Kernfrage der aktuellen Diskussion in der Bürgerschaft lautet, wie es dazu kommen konnte, dass das inzwischen kollabierte Linienbündel Hunsrückhöhenstraße Süd an die Bietergemeinschaft aus der VBN Nagoldtal/Dein Bus vergeben werden konnte. Denn beide Unternehmen sind inzwischen in Insolvenzverfahren, die Rexer-Gruppe als Mutter der VBN Nagoldtal beantragte am 9. Juli Insolvenz, die DeinBus GmbH am 12. August. Dazu haben wir den Verkehrsverbund Rhein-Mosel (VRM), der die Ausschreibung und das Vergabeverfahren für den Rhein-Hunsrück-Kreis betreute, befragt:

Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) war als Konzessionsgeber offensichtlich erst nach der Unterschrift des Verkehrsvertrages in das Vergabeverfahren eingebunden. Wer hat den laut Informationsbroschüre zum ÖPNV Nord Konzept maßgeblichen Kriterienkatalog vor der Vertragsunterzeichnung wann geprüft?

Der Kriterienkatalog wurde vom zuständigen Aufgabenträger für den ÖPNV, dem Rhein-Hunsrück-Kreis, in Zusammenarbeit mit dem Land Rheinland-Pfalz und uns, der VRM GmbH, erstellt und anschließend in den politischen Gremien beschlossen. Insofern war hier keine weitere Prüfung der Kriterien erforderlich.

Welche Kriterien gaben den Ausschlag für einen Vertrag mit der Bietergemeinschaft VBN Nagoldtal/Dein Bus?

Die Bietergemeinschaft hat das wirtschaftlich günstigste Angebot für die ausgeschriebene Leistung abgegeben.

War die Bietergemeinschaft der „bessere“ Bewerber, wie es die Vergabemodalitäten laut Informationsbroschüre vorsehen, oder der günstigste Anbieter?

Alle Anbieter haben die im Rahmen dieser gemeinwirtschaftlichen Ausschreibung die Angebotskriterien erfüllt, die Bietergemeinschaft war hierbei der günstigste Anbieter.

Wann wurde dem VRM der Insolvenzantrag der Rexer-Gruppe bzw. VBN Nagoldtal erstmals bekannt?

Mitte Juli wurde der vorläufige Insolvenzantrag der Rexer-Gruppe bekannt, der andere Teil der Bietergemeinschaft, DeinBus, hat jedoch die gesamte Geschäftstätigkeit bei dem Linienbündel übernommen. Am 9. August, 20 Uhr, also bereits nach Start des Bündels, hat die DeinBus GmbH dann ihrerseits über die Einreichung eines vorläufigen Insolvenzantrages informiert. Etwaige Rechtsansprüche aus Verträgen erlöschen im Übrigen nicht mit der Beantragung einer vorläufigen Insolvenz. Vielmehr tritt dann ein Insolvenzverwalter in bestehende Rechte und Pflichten ein.

Die Fragen stellte Volker Boch

„Ein Stück aus dem Tollhaus“: Gewerkschaft übt scharfe Kritik an Vergabe

Rhein-Hunsrück. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht beim Verkehrsverbund Rhein-Mosel (VRM) die Verantwortung „für den Zusammenbruch des Schulbusverkehrs im Landkreis Rhein-Hunsrück“ – so erklärt es die Gewerkschaft in einer aktuellen Mitteilung. „Was hier passiert, ist ein Stück aus dem Tollhaus“, sagt Lars Kreer, Leiter der EVG-Geschäftsstelle Mainz. „Was muss noch alles passieren, bevor die Verantwortlichen erkennen, dass ‚Geiz ist geil‘ keine Grundlage für eine solide Verkehrspolitik ist?“

Die EVG verweist auf die Berichterstattung unserer Zeitung und darauf, dass „derzeit bis zu 21 Kindergärten und Schulen im Landkreis Rhein-Hunsrück nicht mehr mit dem Schulbus angefahren“ werden. „Grund: Gleich zwei Unternehmen, die die Strecken als Bietergemeinschaft neu übernommen haben, sind insolvent und können den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten. Bis zur Neuvergabe hatte die RMV, eine Tochter der DB AG, die Strecken bedient. Derzeit werden Eltern aufgefordert, ihre Kinder mit dem Privat-Pkw in die Kindergärten und Schulen zu bringen.“ Die EVG kritisiert diesen Umstand und die damit zusammenhängende Vergabe der jeweiligen Aufträge in ihrer Stellungnahme scharf.

„Viel wichtiger als das billigste Angebot sollte doch wohl die Leistungsfähigkeit und Seriosität der Unternehmen sein“, sagt Lars Kreer deutlich. „Jeder Privatmann weiß, dass ‚billig‘ nicht immer auch ‚gut‘ ist. Warum die Verantwortlichen in der Politik und hier im Kreis Rhein-Hunsrück das nicht wissen, ist mir schleierhaft.“ Es stellt sich laut der Gewerkschaft EVG die Frage, wie eine Vergabe an zwei Unternehmen, die wenig später in die Insolvenz gehen, zustande gekommen ist. „Haben die Verantwortlichen die Unternehmen, die sich beworben haben, ordentlich geprüft?“

Der Gewerkschafter weist in der Mitteilung auch darauf hin, dass durch den Betreiberwechsel mehr als 20 Busfahrer der RMV ihre Arbeitsplätze verloren haben. „Diese Kolleginnen und Kollegen haben über Jahre die Linien zuverlässig bedient. Zum Dank durften sie sich nun völlig neu orientieren – teilweise unter erheblichen Einbußen von Gehalt und Sozialleistungen.“ vb

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