Die Verbesserung des ÖPNV im ländlichen Raum steht im Wahlprogramm jeder Partei. SPD-Kreischefin Sandra Porz sagte vor der Kreisausschusssitzung gegenüber unserer Zeitung, nachdem sie mit einigen Eltern der Bürgerinitiative gesprochen hatte: „Wir wollen doch Politik für die Menschen machen. Das müssen wir hinkriegen.“
Stimmt. Aber so einfach ist das nicht. Die einfache Formel, dass das Wohl unserer Kinder uns doch am wichtigsten sein muss, reicht nicht aus, denn es geht um die Frage, ob ab dem 1. August unterm Strich eine Verbesserung der Busanbindung für a l l e Menschen im Kreis ermöglicht werden kann. Auch für die 83-jährige Seniorin aus einem Dorf, die morgens um 8.30 Uhr einen Arzttermin in Kastellaun hat und den frühen Schulbus für die Hinfahrt benutzen muss. Wenn ihr Arztbesuch gegen 9 Uhr beendet ist, muss sie teilweise bis mittags warten, bis sie mit dem Bus wieder nach Hause kommt. Natürlich nutzen ältere Menschen im Kreis auch die Seniorenbusse, die für viele eine segensreiche Einrichtung sind. Dieses Angebot soll dem Vernehmen nach überall ausgebaut werden. Aber dass ein Zwei-Stunden-Takt für Dörfer ab 200 Einwohner eine Verbesserung darstellt, dürfte außer Frage stehen.
Und wer anzweifelt, dass sich die Planer der neuen Buslinien, nicht ausreichend die Köpfe darüber zerbrochen haben, wie man kreisweit eine gute Lösung für alle hinbekommt, macht es sich zu einfach. Beispiel Biebertal: Zwei Kinder aus Reich müssen zur KGS Kirchberg, neun zur IGS Kastellaun, eins zur Waldorfschule Kastellaun. Vier Schüler aus Biebern wollen zur KGS, zehn zur IGS, zwei aus Fronhofen zur KGS, zwei zur IGS, zwei zur Waldorfschule. Aus Wüschheim fährt kein Kind zur KGS, dafür acht zur IGS. Die BI „Busse fürs Biebertal“ vertritt also 40 Kinder, von denen acht nach Kirchberg zur KGS und 29 zur IGS nach Kastellaun sowie drei zur dortigen Waldorfschule müssen.
Ein weiteres Beispiel betrifft die Gemeinden Norath, Hausbay und Pfalzfeld, wo es ebenfalls Beschwerden über die neuen Buslinien gab. Allein das Beispiel Norath verdeutlicht, wie komplex die Angelegenheit sich überall darstellt: Hier pendeln zwei Kinder ins Gymnasium Simmern, drei in das Gymnasium Boppard, drei zur IGS Kastellaun und fünf zur IGS Emmelshausen.
Die Planer mussten die 140 vorhandenen Busse so in einen Umlaufplan packen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden – den Zwei-Stunden-Takt zu ermöglichen und maximal 60 Minuten Schulbusfahrt für Kinder einzuhalten. Schönheitspreise wurden sicher nicht vergeben bei der Einhaltung der Pflicht – dass die Kür bei einigen Verbindungen auf der Strecke blieb, liegt auf der Hand.
Abhilfe würde eine größere Anzahl der eingesetzten Busse bewirken. Dazu wäre der Kreis nur gezwungen, wenn die zumutbare Schulbuszeit von 60 Minuten per Landesgesetz verringert würde. Aber auch dann dürfte es Härtefälle geben, gegen die sich Protest erheben würde.