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Simmern

Virus-Krise: Kreistag in Simmern nicht beschlussfähig – Nur 19 Mandatsträger anwesend

Von Thomas Torkler
Verwaiste Tische im Sitzungssaal der Kreisverwaltung. Vor der Eröffnung der Kreistagssitzung schritt Landrat Marlon Bröhr gespannt auf und ab und hoffte noch auf ein paar Nachzügler. Doch die blieben aus, und damit war das Gremium am Montagnachmittag nicht beschlussfähig.  Foto: Thomas Torkler
Verwaiste Tische im Sitzungssaal der Kreisverwaltung. Vor der Eröffnung der Kreistagssitzung schritt Landrat Marlon Bröhr gespannt auf und ab und hoffte noch auf ein paar Nachzügler. Doch die blieben aus, und damit war das Gremium am Montagnachmittag nicht beschlussfähig. Foto: Thomas Torkler

19 plus 1 – zu wenig. Der Kreistag kam zwar am Montagnachmittag zusammen, aber mit 19 Mandatsträgern und dem Landrat war das Gremium nicht beschlussfähig. Dazu hätte es in der Summe 22 Kreistagsmitglieder inklusive Landrat gebraucht. Marlon Bröhr ging im Sitzungssaal wie ein Tiger im Käfig auf und ab, um noch zehn Minuten länger zu warten, in der Hoffnung, dass die erforderliche Abgeordnetenzahl doch noch zusammenkommt.

Lesezeit: 3 Minuten
Vergeblich. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP fehlten komplett, auch der Abgeordnete der Linken war nicht anwesend. An den Tischen, die im Vergleich zu sonst weiter auseinander gestellt waren, saßen einzelne Mitglieder der Fraktionen von CDU, SPD, AfD und Freien Wählern. Die Verwaltungsspitze war bis auf die Erste Beigeordnete ...
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Gegenwehr lässt Kompromissansatz scheitern

Rhein-Hunsrück. Der am Wochenende in verschiedenen Telefonaten zwischen den Fraktionen des Kreistags und Landrat Marlon Bröhr geschlossene Kompromiss, eine verkürzte und vor allem auf die aktuelle Krisenlage fokussierte Sitzung des Kreistages Rhein-Hunsrück abzuhalten, war am Montagmorgen Geschichte. Noch bevor die Sitzung im Kreishaus beginnen sollte, ließ sich erkennen, dass wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte aller Abgeordneten erscheinen würde.

Ihre Absage für die Sitzung hatte am Sonntag bereits die FDP-Fraktion erklärt sowie als Einzelmitglied der SPD-Fraktion der Bopparder Umut Kurt im Rahmen einer persönlichen Erklärung. Beide hatten auf die mögliche Ansteckungsgefahr verwiesen. Kurt hatte in seiner offen verbreiteten Erklärung argumentiert: „Wir können als politisch Handelnde nicht Maßnahmen ergreifen und erwarten, dass diese von der Bevölkerung umgesetzt werden, wenn wir selbst nicht bereit sind, den Empfehlungen der zahlreichen Institute Folge zu leisten. Es darf für Kreistagsmitglieder keine doppelten Standards gelten, ebenso wenig für die Mitarbeitenden, die während der Sitzung anwesend sein werden. Dieser Zustand ist für die Gewährleistung der Gesundheit der Kreistagsmitglieder wie auch der Öffentlichkeit und aller Anwesenden unverantwortlich.“ Die Liberalen hatte weiterhin ausgeführt: „Die FDP-Kreistagsfraktion hat sich nach eingehender Beratung dazu entschlossen, an der Kreistagssitzung geschlossen nicht teilzunehmen. (...) Der Vorschlag, die Kreistagssitzung mit geringerer Personenanzahl durchzuführen, bildet unserer Meinung nach kein geeignetes Mittel. (...) Die Kreistagsmitglieder üben ihr Mandat ehrenamtlich aus. Es ist daher unverständlich, dass man diese einem unnötigen Risiko aussetzt, zumal man gleichzeitig von ihnen eine Vorbildfunktion erwarten kann.“

Am Montag folgten dann weitere Erklärungen der Grünen sowie seitens der SPD-Fraktion. Daniela Lukas-von Nievenheim schrieb Landrat Bröhr: „In der heutigen Zeit, während der Krise, darf man täglich oder öfter seine Meinung ändern, da ständig neue Maßnahmen und Anforderungen dies erfordern. Am Samstag haben wir es als einen machbaren Kompromiss gesehen, eine Kreistagssitzung mit wenigen Tagesordnungspunkten stattfinden zu lassen. Aber im Hinblick auf die immer dramatischer werdende Situation und die steigenden Fallzahlen und auf das, was höchstwahrscheinlich unserer Gesellschaft bevorsteht, halten wir es für falsch, an der heutigen Kreistagssitzung teilzunehmen. (...) Die Aufgabe verantwortungsvoller Kommunalpolitiker muss zurzeit sein, die Ausbreitung des Virus deutlich zu verlangsamen. Keine Entscheidung, die in einer Kreistagssitzung, einer Kreisausschusssitzung oder in anderen Ausschüssen in den nächsten Tagen getroffen werden soll, wird es rechtfertigen können, dass wir empfohlene Maßnahmen nicht umsetzen.“

Für die SPD erklärte Michael Maurer in einer E-Mail an Landrat Marlon Bröhr unter anderem: „Die Durchführung der heutigen Kreistagssitzung erscheint mir inzwischen verantwortungslos. Sie haben eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung. Deshalb sollten Sie jeden unnötigen Zutritt von verwaltungsfremden Personen untersagen und die öffentlichen Kontakte der Verwaltung auf das absolut notwendige Maß reduzieren.“ Volker Boch

Volker Boch zu einem historischen Wochenstart

Ein vorläufiger Scheitel- und auch Tiefpunkt

Schwimmbäder geschlossen, regulärer Betrieb in Schulen und Kitas gestrichen, Kultur- und Sportbetrieb eingefroren, Besuche in Kliniken, Seniorenzentren und auch in zahlreichen Behörden nur noch auf Anfrage – die Situation hat sich binnen weniger Stunden enorm zugespitzt. Am Montagnachmittag folgte dann die landesweite bindende Erklärung, dass Geschäfte mit Ausnahme des Lebensmitteleinzelhandels, Apotheken und anderer wichtiger Verkaufsstellen zu schließen seien. Mit diesem Signal erreichte die Corona-Krise einen vorläufigen Scheitel- und Tiefpunkt zugleich.

Denn zum einen lässt sich das Einstellen des öffentlichen Lebens kaum mehr steigern, neben den gesellschaftlichen werden auch massive wirtschaftliche Auswirkungen wohl leider bald Realität. Zum anderen ist genau jetzt eine gesellschaftliche Stabilität gefragt, ein Fundament, das nicht nur im Kampf gegen das Virus Stabilität, Unterstützung und Souveränität braucht. Nicht nur, weil der Gegner ein phantomartiges Phänomen ist, das sich chamäleonartig und zeitverzögert verbreitet, sondern auch, weil mit der hinterhältigen Weise des Auftretens dieses Virus extreme Verhaltensweisen in der Bevölkerung einhergehen.

Aus dem Kreis werden Schilderungen gemeldet, die kaum zusammenpassen. Da ist die Rede von Menschen, die Toilettenrollen horten, als seien auf Jahre alle Papierwerke geschlossen. Andere Bürger sind dagegen zu faul, gleichgültig oder stur, um auch nur einen Deut an ihren Alltagsgewohnheiten zu ändern. Es gibt eben leider beides: Panikmache und parallel dazu Ignoranz – jeweils so ziemlich das Schlechteste, das einer Gemeinschaft in Zeiten von Coronavirus anzuraten ist.

Im Kreistag wurde am Montag versucht, eine gewisse Normalität beizubehalten. Auch wenn keine Beschlussfähigkeit erreicht wurde und zahlreiche Abgeordnete aus verschiedenen persönlichen Gründen nicht erschienen, so war die Sitzung zugleich ein Signal, dass eine gewisse Ordnung erhalten geblieben ist. Und die kann unsere Gesellschaft zurzeit gebrauchen.

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