Mittelrhein. Dass Eltern die Wahl haben, in welchem Kindergarten sie ihr Kind unterbringen, ist längst keine Realität mehr. Einen Ganztagsplatz im Kindergarten zu bekommen, ist fast schon Glückssache. Ob das Konzept passt, Eltern und Kinder zufrieden sind, ist nebensächlich geworden im Ringen um die raren Kita-Plätze. Der Fall einer Familie aus Biebernheim zeigt exemplarisch, welche Folgen der Platzmangel mit sich bringen kann.
Katharina Huber ist Mutter einer zweijährigen Tochter. Die Suche nach einem Ganztagsplatz war zunächst nicht erfolgreich – bis ihr Kind in einem Bopparder Kindergarten unterkam, den es nun aber wieder verlassen soll. 2018 hatte Familie Huber in Biebernheim ein Haus gekauft, im Frühjahr darauf wurde ihre Tochter geboren. „Es wurde mir geraten, sie direkt nach der Geburt in der Kindertagesstätte in St. Goar anzumelden, was ich auch tat. Zunächst für einen Teilzeitplatz, was sich jedoch nach kurzer Bedenkzeit als unrealistisch herausstellte, da mein Lebensgefährte und ich beide in Koblenz und Umgebung arbeiten“, berichtet die Mutter.
Ein Teilzeitplatz wäre schon aufgrund der Fahrtzeit zur Arbeit nicht ausreichend gewesen, und weil die Familie auch auf wenig familiäre Unterstützung zurückgreifen kann, wie die Mutter schildert. Doch für einen Ganztagsplatz erhielten sie in St. Goar eine Absage. Auch im Nachbarort Urbar wäre frühestens im September 2021 ein Ganztagsplatz frei gewesen. „Es folgten diverse Telefonate mit dem Jugendamt, eine Tagesmutter wurde ebenfalls in Erwägung gezogen. Der letzte Anmeldeversuch in der Kindertagesstätte in Boppard war schließlich erfolgreich und wir erhielten eine Zusage“, sagt Huber.
Aufgrund der Corona-Pandemie startete die Eingewöhnung erst Mitte März. „Da wir aber mit einem Platz ab Januar gerechnet und ich meine Arbeitszeit zu diesem Zeitpunkt entsprechend aufgestockt hatte, brachte uns das nervlich ans Äußerste!“ Seit März besucht ihre Tochter nun den Bopparder Kindergarten. „Die Eingewöhnung klappte gut und sie geht wirklich gern dorthin. Vor einigen Wochen erhielten wir dann jedoch einen Anruf von der Stadt Boppard: Uns wurde mitgeteilt, dass ein Versehen vorläge und wir ab sofort den Platz wieder abgeben müssten, da wir nicht im Einzugsgebiet der Kita leben“, so die Mutter.
Die Familie sei von der Einrichtung im Vorfeld nicht darüber informiert worden, dass dies passieren könne. Mit der Stadt einigte sie sich schließlich auf eine Frist bis Ende August 2022 – bis dahin muss sie eine Alternative gefunden haben. Zwischenzeitlich erhielt sie erneut eine Absage aus St. Goar für das kommende Jahr. „In Urbar bekämen wir zwar einen Platz ab Oktober 2022, doch wie sollen wir den Monat überbrücken?“, fragt die Mutter. „Darüber hinaus ist unsere Tochter kein Gegenstand, den man heute hier und morgen dort zur Verwahrung einfach abgeben kann.“ Die Biebernheimer Familie, die bereits einige Jahre in Boppard gelebt hat, ziehe sogar in Erwägung, wieder zurück in Richtung Boppard zu ziehen, damit ihre Tochter den Platz möglicherweise behalten kann. „Das Wohl unserer Tochter steht für uns an erster Stelle.“
Der Kreisverwaltung ist der Fall bekannt: „Zum Fall des Kindes aus St. Goar, das zurzeit in Boppard betreut wird, möchten wir zunächst darauf hinweisen, dass zwischen der Aufnahme und dem angekündigten Ende der Betreuung in Boppard eineinhalb Jahre liegen. Wir hatten bereits Kontakt mit der Familie und für den Fall, dass es Schwierigkeiten bei der Klärung der anschließenden Betreuung geben sollte, unsere Hilfe angeboten“, teilt die Behörde mit. „Es kommt bedauerlicherweise in wenigen Einzelfällen dazu, dass bestehende Betreuungsverhältnisse für Kinder aus anderen Einzugsbereichen nicht verlängert werden, um Platzbedarfe aus dem eigenen Einzugsbereich zu decken. Die Eltern sollten in jedem Fall bei Aufnahme des Kindes hierüber informiert werden. Sollte dies vorliegend versäumt worden sein, ist das überaus bedauerlich. Wir werden diesbezüglich Kontakt mit der Einrichtung aufnehmen und dies für künftige Fälle noch einmal verdeutlichen.“
Für die betroffenen Kinder entstehe durch die erneute Eingewöhnung an einem neuen Standort unbestritten eine Belastung, so die Verwaltung. „Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Kinder selbst den Standortwechsel sehr unbefangen annehmen und das Wohl des Kindes hierdurch nicht gefährdet wird. Letztlich sei uns an dieser Stelle die Anmerkung erlaubt, dass diese Situation nicht so ungewöhnlich ist, wie sie auf den ersten Blick erscheint, denn sie entsteht beispielsweise auch bei jedem Umzug/Wohnungswechsel.“ bed