Um sich eine Meinung zu bilden, ist es hilfreich, sich von Zeit zu Zeit auch Standpunkte anzuhören, die einem so gar nicht passen. Je deutlicher sich Marlon Bröhr dafür aussprach, auf Atomkraft zu setzen, um schnell von den fossilen Energieträgern wegzukommen, umso deutlicher konnte man das Unbehagen vieler Gäste beim Simmerner Stadtgespräch geradezu körperlich spüren.
Ein Standpunkt, mit dem der CDU-Bundestagsabgeordnete eigentlich nicht unbedingt überraschte. In seiner Argumentation schwang jedoch irgendwie auch mit, dass sich die Rhein-Hunsrücker noch so sehr für die Energiewende anstrengen – oder wie Bröhr sagt, sie ganz doll wollen – können, allein es reiche nicht. Sein Schluss, man müsse deshalb auf die Atomkraft setzen, wie es andere Länder auch tun, hat den einen oder andern wohl doch auf dem falschen Fuß erwischt.
Eine ganz andere Haltung legte sein Vorgänger Bertram Fleck an den Tag und plädierte energisch, die kleinen Schritte vor Ort weiterhin zu gehen und damit die Energiewende als Vorreiter unter den Landkreisen voranzutreiben. Mit diesem pragmatischen Ansatz gelang es ihm besser, die Gäste im Saal zu erreichen.
Wir werden große, strategische und länderübergreifende Veränderungen brauchen, das steht fest. Weil wir damit aber schon seit Jahrzehnten zu spät sind, werden wir auch weiterhin und verstärkt die kleinen Dinge vor Ort angehen müssen. Vielleicht kann man dann auch die Atomkraftwerke endlich und endgültig abschalten. Wenn man sich aus seiner Blase herausbegibt und auch mal ganz andere Meinungen anhört, muss das nicht dazu führen, dass man seine Meinung ändert.
Man kann auch nach Prüfung der Argumente des Gegenübers zu dem Schluss kommen, seine Meinung beizubehalten und sie zu bestärken. So oder so, das Simmerner Stadtgespräch war eine gute Gelegenheit, um sich mit den verschiedenen Positionen auseinanderzusetzen und Anregungen zur Bildung der eigenen Meinung mitzunehmen.