Rayerschied

Pfarreiengemeinschaften Simmern und Rheinböllen fusionieren: Lydia ist neue Schutzpatronin

Von Redaktion
Daria Thoi (rechts) stellte gemeinsam mit anderen die vorgeschlagenen Patronate vor.  Foto: Katholische Kirchengemeinde Simmern-Rheinböllen
Daria Thoi (rechts) stellte gemeinsam mit anderen die vorgeschlagenen Patronate vor. Foto: Katholische Kirchengemeinde Simmern-Rheinböllen

Zwar drang kein weißer Rauch aus dem Schornstein der Kirche St. Johannes Nepomuk, wie bei einem Konklave in Rom, als um 20.56 Uhr Barbara Hammen das Ergebnis im dritten Wahlgang verkündete. Mit 15 zu 11 Stimmen setzte sich Lydia von Philippi gegen Clara und Franz von Assisi als Schutzpatronin der neu entstehenden Pfarrei Simmern-Rheinböllen durch.

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Am 1. Januar 2023 werden die bisher bestehenden Pfarreien Simmern, Ravengiersburg und Biebern (Pfarreiengemeinschaft Simmern) und die Pfarreien Rheinböllen, Rayerschied und Schnorbach zu einer neuen Gemeinde Simmern-Rheinböllen fusionieren. Das Besondere war, dass die Entscheidung nicht in einer Ratssitzung getroffen, sondern die Wahl in einen Gottesdienst integriert wurde: „Wir wollten bewusst eine solche Entscheidung nicht in einer Ratssitzung treffen, sondern dokumentieren, dass die Suche nach einem Patrozinium ein geistlicher Prozess ist, der letztendlich für die Ausrichtung der neuen Pfarrei Simmern-Rheinböllen stehen wird“, so die Vorsitzende des Pfarreienrates Simmern Birgit Bai.

Gottesdienst öffentlich gefeiert

Im Gegensatz zu einem Konklave bei einer Papstwahl war der Gottesdienst öffentlich, sodass viele Gläubige aus den Gemeinden mitfeierten: „Dass so viele Menschen unserer Einladung gefolgt und damit an dieser Wahl Anteil genommen haben, hat uns sehr gefreut“, betont Pfarrer Lutz Schultz von der Pfarreiengemeinschaft Simmern.

Bettina Klöckner, Daria Thoi, Christina Bender, Anita Breuer und Myriam Hensel stellten zunächst die Patronate, die die Räte auf einem Besinnungstag im Juli auf der Ebernburg bei Bad Münster am Stein vorgeschlagen hatten (Lydia von Philippi, Priska und Aquila, Clara und Franz von Assisi und der Gute Hirte) vor. Der Pfarreienratsvorsitzende der Pfarreiengemeinschaft Rheinböllen Markus Koch stellte die vorgeschlagenen Heiligen, die von den Gläubigen durch eine Umfrage ermittelt worden waren, vor (Maria Katharina Kasper, Edith Stein, Emmaus-Gemeinde, Maximilian Kolbe, Mutter Theresa und Maria, Königin des Friedens), die ebenfalls zur Wahl standen.

Zehn Vorschläge zur Auswahl

Zehn Vorschläge standen zur Wahl. Gewählt wurde, wer die Mehrheit der 26 Stimmen der Ratsmitglieder erreichte, sodass mehrere Wahlgänge erforderlich waren. Im ersten Wahlgang erhielt dann Lydia von Philippi bereits elf Stimmen, im zweiten Wahlgang standen dann noch vier Patrozinien zur Wahl. Hier erhielt Lydia zehn Stimmen, gefolgt von Clara und Franz (acht Stimmen), Priska und Aquila erhielt ebenso wie der Gute Hirte vier Stimmen. Im dritten Wahlgang bekamen Lydia 15 und Clara und Franz von Assisi elf Stimmern. Damit war das Patrozinium „St. Lydia“ gewählt und wurde mit einem Applaus und mit dem Lied „Nun danket alle Gott“ begrüßt. Der neue Name der Pfarrei wird jetzt Bischof Dr. Stephan Ackermann für das Gründungsdekret zur Bestätigung vorgelegt.

Wer war Lydia? Lydia war eine ganz frühe Christin. Die erste auf europäischem Boden. Sie stammte aus einer Stadt in Lydien, das ist eine Landschaft an der Mittelmeerküste und im Westen der heutigen Türkei. Paulus ist auf seiner zweiten Missionsreise nach Philippi gekommen und hat Lydia kennengelernt. Er hat sie vom Christentum überzeugt, und Lydia hat sich daraufhin taufen lassen. Weil sie so eine erfolgreiche Händlerin war, gehörten zu ihrem Haus, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und alle haben sich taufen lassen. So wurde ihr Haus zur ersten Gemeinde in Philippi, und Lydia war dort Gemeindeleiterin. Lydia hat völlig selbstverständlich in der frühen Kirche eine Gemeinde geleitet. Sie steht für die Botschaft des Paulus, von dem sie ja getauft wurde. Der schreibt im Galaterbrief: „Da ist nicht mehr männlich oder weiblich, sondern ihr seid alle eins in Christus Jesus. Die Taufe ist die Grundlage für unseren Glauben und unser Kirchesein, und als Getaufte sind wir alle gleich.“

Purpurfarbenes Kreuz als Logo

Die Frauengemeinschaft kfd hat als Symbol für ihre Forderung nach einer geschlechtergerechten Kirche ein purpurfarbenes Kreuz in Erinnerung an die Händlerin aus Philippi als Logo. Die kfd hat die Lydia zur Schirmfrau für ihre Forderung gemacht, dass in der Kirche Frauen und Männer, alle Getauften, die gleiche Würde haben.

Pfarrer Lutz Schulz begrüßte die Wahl der heiligen Lydia als Pfarrpatronin: „Ich freue mich, dass wir sie zur Patronin unserer neuen Pfarrei gewählt haben. Sie verbindet uns mit unseren Wurzeln und gibt uns befreiende und ermutigende Inspirationen für die Zukunft.“

Koch zog nach dem Wahlgottesdienst ein positives Fazit: „Ganz besonders haben uns die vielen Stellungnahmen und Meinungsäußerungen aus den Reihen unserer Gemeinden beeindruckt. Dies zeigt, dass wir Meinungen für unsere Entscheidungsprozesse bewusst einfordern müssen, das ist eine wichtige Erfahrung für die Zukunft.“

Gelegenheit, die heilige Lydia von Philippi näher kennenzulernen, gibt es bei einem Vortrag des Arbeitskreises Feministischer Theologie am Mittwoch, 14. September, ab 19 Uhr in der Familienbildungsstätte Simmern.