Plus
Boppard

Hänge entbuscht und gemulcht: Maßnahmen am Dammigbach bei Bad Salzig sorgen für Kritik

Von Charlotte Krämer-Schick
Links und rechts des Dammigbachs oberhalb Bad Salzigs wurden die Hänge gerodet, nur wenige Bäume durften bleiben.
Links und rechts des Dammigbachs oberhalb Bad Salzigs wurden die Hänge gerodet, nur wenige Bäume durften bleiben. Foto: Charlotte Krämer-Schick

Wenn Ulrich Kühl den Blick über das Dammigbachtal schweifen lässt, kann er nur mit dem Kopf schütteln. Denn die Maßnahme, die als Entbuschung deklariert und in den vergangenen Monaten durchgeführt wurde, stößt bei dem Umweltentwickler auf Unverständnis. Und nicht nur bei ihm, wie etwa Leserbriefe, die unsere Redaktion zu diesem Thema erreichten und auch veröffentlichte, deutlich machen.

Lesezeit: 4 Minuten
Wie die SGD Nord als Obere Naturschutzbehörde auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt, werde im Bereich des Dammigbachs oberhalb von Bad Salzig im Rahmen des Projekts „Planung vernetzter Biotopsysteme“ des Landesamtes für Umwelt eine Renaturierung angestrebt. „Das bedeutet unter anderem, dass neue Streuobstbäume gepflanzt werden. Ziel dieser Maßnahmen ist es, den ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

SGD Nord zum Dammigbachtal bei Bad Salzig: „Ziel ist eine langfristige Erhaltung durch Nutzung“

Wie die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord erklärt, wurde die Maßnahme im Dammigbachtal im Rahmen der „Aktion Grün“ des Klimaministeriums unter Mithilfe der Biotopbetreuung des Landkreises durchgeführt.

Beauftragt wurde die Renaturierung samt Entbuschung durch die SGD Nord, die als Obere Naturschutzbehörde für derartige Maßnahmen zuständig ist. Die Kritik der Bürger richtet sich in erster Linie an das Ausmaß dieser Entbuschung. Um dieses Vorgehen nachvollziehbar darstellen zu können, müssten zunächst die Ursache der Verbuschung und die daraus entstehende Problematik erläutert werden, so die SGD.

Wörtlich heißt es weiter: „Bei der angefragten Fläche handelt es sich um ein Streuobstgebiet. Durch die Nutzungsaufgabe wurde auch die Pflege des Gebiets eingestellt, sodass es zu der Verbuschung mit Arten wie Brombeere, Schlehe, Hartriegel und Weißdorn kam. So wurden die offenen Bereiche mit ihrer Kraut- und Grasflur weitestgehend verdrängt. Das wiederum führte dazu, dass zahlreiche Organismen ihre Habitate verloren. Aus diesem Grund ist es notwendig, zumindest Teilbereiche der ehemaligen halb offenen und offenen Bereiche der Kulturlandschaft wiederherzustellen. Das Ziel ist eine langfristige Erhaltung durch Nutzung – in diesem Falle durch Mahd, Beweidung und eventuell durch Streuobstbewirtschaftung. Bei der Revitalisierung eines Streuobstgebietes müssen auch einige Bäume gefällt werden, damit mehr Licht in die Fläche kommt. Dieses ist besonders für die Entwicklung der neu gepflanzten Obstbäume wichtig.“

Entlang des Dammigbachs wurden zudem einige Erlen gefällt.
Entlang des Dammigbachs wurden zudem einige Erlen gefällt.
Foto: Charlotte Krämer-Schick

Auf die Frage, wie sich ein derart brutaler Eingriff begründen ließe, antwortet die SGD: „Die Experten der SGD Nord haben die Erfahrung gemacht, dass ein einmaliger starker Eingriff mit nachfolgender Ruhephase weniger Schäden hervorruft als eine mehrjährige ständige Beunruhigung des Gebietes.“ Die Behörde räumt ein, dass durch den Einsatz schwerer Maschinen zunächst ein starker Eingriff in die Landschaft festzustellen sei. „Die tiefen Bodenspuren werden nach Beendigung der Schnittmaßnahmen noch in diesem Frühjahr beseitigt, damit die Vegetation wieder Fuß fassen kann. Binnen einer Vegetationsperiode werden sich die Flächen wieder begrünen“, ist die SGD sicher.

Zum Kritikpunkt, dass zum Zeitpunkt der Rodung im Bewuchs Insekten, Falter und Erdkröten etwa überwinterten, die der Maßnahme vermutlich größtenteils zum Opfer gefallen waren, schreibt die SGD: „Dass Entbuschungen der Insektenpopulation eher zuträglich sind, zeigt das Beispiel ,Dörscheider Heide’ (Teilgebiet des NSG ,Rheinhänge’ bei Kaub). Hier wurde in den vergangenen drei Jahren mehr als 60 Hektar verbuschtes Gelände in ähnlicher Weise freigestellt. Die Zahl der Segelfalter und anderer Wärme liebender Arten hat sich dadurch mehr als verdreifacht. Mit mehr als 800 bekannten Schmetterlingsarten gilt dieses Gebiet heute als eines der artenreichsten in Deutschland und sogar ganz Mitteleuropa!“

Halb-offen-Landgebiete mit einzelnen Büschen und Heckenbereichen, wie sie das Ziel der aktuellen Maßnahmen seien, stellten die arten- und individuenreichsten Lebensräume im Zuständigkeitsgebiet der SGD Nord dar. „Aus diesem Grund ist es das oberste Ziel des Naturschutzes, diese Gebiete zu erhalten, sie vor totaler Verbuschung zu schützen sowie ihre Tier- und Pflanzenwelt zu fördern“, erklärt die Naturschutzbehörde.

Auch zum Fällen der Erlen entlang des Dammigbachs gibt die SGD eine Erklärung ab: „Am Dammigbach wurden Erlen auf Stock gesetzt, um das Ausbrechen der immer höher werdenden Bäume mit Wurzelstock direkt am Bachlauf zu verhindern. Die verbliebenen Wurzelstöcke treiben bei Erlen sofort wieder aus und sorgen binnen kurzer Zeit wieder für eine teilweise Beschattung. Dieser Zustand ist beispielsweise für Fließgewässerlibellen ideal, denn sie benötigen sowohl besonnte wie auch beschattete Bachabschnitte.“

Der Ortsbeirat Boppard lädt zu einer Informationsveranstaltung mit biologischer Exkursion für Samstag, 23. April, ab 14.30 Uhr auf den Eisenbolz ein. Biologen werden den Nutzen der Entbuschungsmaßnahmen am Ort erläutern, heißt es in der Ankündigung. Es bestehe die Möglichkeit, Anregungen zu geben und Fragen zu stellen. Im Anschluss sollen 20 heimische Bäume gepflanzt werden. Eine Anmeldung mit Nennung der Teilnehmerzahl wird erbeten per E-Mail an niko.neuser@web.de

Meistgelesene Artikel