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Mörsdorf

Die Geierlay bleibt vorerst gesperrt – Öffnung unter Bedingungen hält VG-Bürgermeister Keimer für nicht umsetzbar

Von Thomas Torkler
„Achtung: Sicherungsdraht, es besteht Verletzungsgefahr“, warnt ein Hinweisschild unverbesserliche Klettermaxe, die meinen, eine Absperrung sei eher als Einladung zu verstehen, sie zu überwinden. Die martialisch anmutende Absperrung bleibt noch eine Weile Bestehen. Foto:  Werner Dupuis
„Achtung: Sicherungsdraht, es besteht Verletzungsgefahr“, warnt ein Hinweisschild unverbesserliche Klettermaxe, die meinen, eine Absperrung sei eher als Einladung zu verstehen, sie zu überwinden. Die martialisch anmutende Absperrung bleibt noch eine Weile Bestehen. Foto: Werner Dupuis

Die Geierlay bleibt bis auf Weiteres gesperrt. Nachdem das Verwaltungsgericht Koblenz in einer Eilentscheidung am Mittwoch mitgeteilt hat, dass es sich bei der Hängeseilbrücke in Mörsdorf um eine Einrichtung handelt, für die die Corona-Schutzmaßnahmen der 22. Verordnung anzuwenden seien, wird die Gemeinde den Rechtsweg beschreiten und beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Beschwerde einlegen.

Lesezeit: 3 Minuten
Das gab am Donnerstag Ortsbürgermeister Marcus Kirchhoff gegenüber unserer Zeitung bekannt. Und so lange das OVG nicht zu einer abschließenden Beurteilung gekommen ist, bleibt die Brücke gesperrt, teilt Kirchhoff mit. Die Gemeinde sieht sich nämlich außerstande, das für Freizeiteinrichtungen vorgeschriebene Abstandsgebot, die Maskenpflicht und die Pflicht zur Kontakterfassung an der Geierlay ...
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Verwaltungsgericht: Brücke ist Freizeiteinrichtung

Nachdem die Gemeinde Mörsdorf die Hängeseilbrücke am 29. Mai entgegen der zu diesem Zeitpunkt gültigen 21. Corona-Verordnung öffnen wollte, war die Kreisverwaltung tätig geworden, „um die beabsichtige rechtswidrige Öffnung zu verhindern“, wie sie vergangene Woche mitteilte. Daraufhin hatte die Gemeinde einen Eilantrag gegen diese Maßnahme beim Verwaltungsgericht Koblenz gestellt. Da die 21. Corona-Verordnung aber zwischenzeitlich außer Kraft getreten war, formulierte die Gemeinde ihren Antrag – so geht es aus der Urteilsbegründung hervor – am 7. Juni um. Das Gericht sollte bestätigen, dass „für die Hängeseilbrücke Geierlay in Mörsdorf nicht die unter anderem für Freizeitparks und ähnliche Einrichtungen geltenden Regelungen“ der am 2. Juni in Kraft getretenen 22. Corona-Verordnung des Landes anwendbar seien. Diesen Antrag aber erachtete das Gericht als unbegründet.

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz kam aufgrund der Beratung vom 8. Juni zu dem Schluss, dass „es sich bei der ausweislich des Internetauftritts zur Hängeseilbrücke Geierlay (www.https://geierlay.de) von ihr betriebenen Hängeseilbrücke um eine Einrichtung“ handelt, für die die Schutzmaßnahmen gelten, die in der 22. Corona-Verordnung festgeschrieben sind. Nach dieser Verordnung seien Freizeitparks und ähnliche Einrichtungen im Freien wieder geöffnet, allerdings müssten dort das Abstandsgebot, die Maskenpflicht, die Pflicht zur Kontakterfassung sowie für Freizeitparks zusätzlich zur Steuerung des Zutritts eine Vorausbuchungspflicht sowie die Verpflichtung, ein Hygienekonzept vorzuhalten, eingehalten werden. Eine Definition von Freizeitparks und diesen ähnlichen Einrichtungen enthalte die Rechtsverordnung allerdings nicht. Daher habe die „Auslegung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe“ anhand der Zwecke des Infektionsschutzrechts zu erfolgen. Eine Begründung innerhalb der 22. Corona-Verordnung biete hierfür einen Anhaltspunkt.

Dort heißt es: „Bei diesen Freizeiteinrichtungen kommen regelmäßig eine Vielzahl von Personen für einen längeren Zeitraum und zudem teilweise aus überregionalen Gebieten zusammen, so dass ohne eine Schließung dieser Einrichtungen neue Infektionen und nicht nachvollziehbare Infektionsketten konkret befürchtet werden müssten.“ Eine Ausnahme bestehe für Freizeitparks, Kletterparks, Minigolfanlagen und ähnliche Einrichtungen im Freien, heißt es weiter. „Diese Ausnahme ist vertretbar und angemessen, da die Infektionsgefahr im Außenbereich geringer ist und bei dieser Art der Einrichtungen in der Regel der Zugang und die Besucherströme innerhalb der Einrichtung gut steuerbar sind. Es gelten die allgemeinen Schutzmaßnahmen, insbesondere das Abstandsgebot und die Maskenpflicht.“ Letztere gelte aber nur, wenn das Freizeitangebot dies zulasse. Bei der Nutzung eines Kletterparcours beispielsweise sei dies nicht der Fall.

Nach „dem Willen des Verordnungsgebers“ fielen demnach Einrichtungen unter diese Regelung, „bei denen regelmäßig eine Vielzahl von Personen (,Besucherströme') für einen längeren Zeitraum und zudem teilweise aus überregionalen Gebieten zusammenkommen“, erklärt das Verwaltungsgericht in seiner Begründung. Dies sei bei der Hängeseilbrücke Geierlay der Fall. Für die Brücke sei eigens ein Besucherzentrum eingerichtet worden. Zudem sei gerichtsbekannt, dass es sich dabei um einen Touristenmagneten handelt, der bei gutem Wetter zahlreiche Besucher von weit über die Gemeindegrenzen hinaus her anlocke. „Die Brücke wird auf einer eigenen Homepage von der Antragstellerin beworben. Zudem wurde sie im Rahmen einer Befragung der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) von Besuchern auf Platz 78 der TOP 100 Sehenswürdigkeiten in Deutschland gewählt und als zu den beliebtesten Reisezielen Deutschlands zugehörig erklärt“, zählt das Gericht auf.

Bei Orten, die von vielen Touristen aus den verschiedensten Regionen gleichzeitig besucht würden, sei die Gefahr des Entstehens eines unkontrollierten Infektionsgeschehens gegeben, sind die Richter sicher. „Auf im Internet frei zugänglichen Fotos von Besuchern der Brücke (www.google.de) ist erkennbar, dass sich die Besucher auf der schmalen Brücke ansammeln, etwa um Bilder anzufertigen, sodass dadurch auch im Freien eine nicht unbeachtliche Infektionsgefahr entstehen kann“, heißt es weiter. Vor diesem Hintergrund habe die Kammer keine Zweifel daran, dass es sich bei der Geierlay um eine einem Freizeitpark ähnliche Einrichtung handelt. ces

Kein Vergnügen im „Freizeitpark“: Volker Boch zum Rechtsstreit um die Brückenöffnung

Der Rechtsstreit um die institutionelle Einordnung und die damit verbundene „Freigabe“ der Geierlay ist für Juristen wahrscheinlich spannend, für den Bürger kaum zu verstehen – und für die Beteiligten vor allem anstrengend.

Es ist eine Frage aufgetaucht, die abseits einer Pandemie wohl niemand aufgeworfen hätte, die aber letztlich gerade hinsichtlich der Verantwortlichkeit (und deren Grenzen) interessant ist. Hier zeigt sich, wie einsam Entscheidungsträger sein können, wenn es „eng“ wird. Die Geierlay mag jeder super finden, am Ende obliegt die Verantwortung aber einer ehrenamtlich geleiteten Gemeinde, die in diesem Fall mit Auflagen konfrontiert wird, die nur mit erheblichem Aufwand zu erfüllen wären. Eine „Freizeitpark-ähnliche“ Geierlay gemäß der Corona-Verordnung umzusetzen, wäre wohl eher kein Vergnügen.

Jeder, der sonst ein bisschen eifersüchtig auf die Erlöse schielt, die in Mörsdorf durch die Hängeseilbrücke in die Haushaltskasse fließen, und wer Projekte wie den neuen Kindergartenbau bestaunt, dürfte in solchen Situationen weniger Neid empfinden – denn so einen Ärger will keiner haben. Auf der einen Seite gibt es Auflagen, die durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (zumindest im Eilverfahren) verbrieft sind, auf der anderen Seite gibt es durch die Schließung andere Nöte: frustrierte Besucher, die vor den Absperrungen stehen, keine Einnahmen und den Unmut derjenigen, die das alles nicht verstehen können.

Grundsätzlich ist es nicht schlecht, wenn es durch das Oberverwaltungsgericht eine abschließende Prüfung gibt und dabei vielleicht auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik stattfindet. Denn streng genommen betrifft die Problematik nicht nur die Geierlay, sondern womöglich auch andere, stark genutzte Freilufteinrichtungen. Es wäre folgerichtig, wenn die Corona-Verordnung ein Sonderkapitel erhält – mit dem Namen „Geierlay“.

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