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Rhein-Hunsrück

Bus-Chaos: Soll es ein Eigenbetrieb richten? – Fraktionen stellen Anträge zur Prüfung

Von Volker Boch
Das Bus-Chao im Raum Kirchberg scheint vorerst behoben. Doch das ist lange nicht das einzige Problem des neuen ÖPNV-Systems im Rhein-Hunsrück-Kreis.
Das Bus-Chao im Raum Kirchberg scheint vorerst behoben. Doch das ist lange nicht das einzige Problem des neuen ÖPNV-Systems im Rhein-Hunsrück-Kreis. Foto: Werner Dupuis

Braucht der Rhein-Hunsrück-Kreis einen Eigenbetrieb für den Busverkehr? Dieser Frage widmet sich die Politik derzeit intensiv. Spätestens seit der Sofortvergabe eines „Notauftrags“ an die Rhein-Mosel-Eifel GmbH für die Schülerbeförderung sowie einzelne Linien im Raum Kirchberg am 16. August wird diskutiert, welche Form des ÖPNV die passende im Kreis sein könnte. Jetzt haben mehrere Fraktionen Anträge für den Kreistag gestellt.

Lesezeit: 4 Minuten
Es nicht so, als wäre die Mobilität nicht schon vor dem 12. August ein größeres Thema in den Sitzungen der Kreisgremien gewesen. Allein der leidenschaftlich Bus sowie Rad fahrende langjährige Kirchberger Kreispolitiker Hans Dunger hat immer wieder auf den Bedarf geeigneter Verbindungen für die Region hingewiesen. Dungers Einwürfe standen nicht ...
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Westerwaldbus: So macht es der Kreis Altenkirchen

Altenkirchen. Der Landkreis Altenkirchen unterhält seit vielen Jahrzehnten einen „eigenen“ Verkehrsbetrieb, die Westerwaldbahn. Seit 25. Mai 1999 existiert die Westerwaldbahn des Kreises Altenkirchen GmbH, es handelt sich dabei um eine „mittelgroße Kapitalgesellschaft“ – zu der heute auch die Westerwaldbus GmbH gehört.

Der Landkreis ist Alleingesellschafter der Westerwaldbahn des Kreises Altenkirchen GmbH, „Gegenstand des Unternehmens ist die im Interesse des Landkreises Altenkirchen liegende wirtschaftliche Durchführung von Verkehrsleistungen zur Beförderung von Personen und Gütern. Zur Erfüllung der übertragenen Aufgaben ist neben dem größtmöglichen Nutzen für die Bevölkerung der Grundsatz der gemeinschaftlich gebundenen, kostendeckenden Eigenwirtschaftlichkeit zu beachten.“ Die Unternehmensfelder dieser Gesellschaft sind vergleichsweise vielfältig und vor allem auch historisch begründet. Denn zur Tätigkeit der Westerwaldbahn GmbH gehört unter anderem die Personen- und die Güterbeförderung auf der Schiene. Dieses Engagement geht zurück auf die Bahnstrecke zwischen Scheuerfeld und Emmerzhausen am nördlichsten Rand von Rheinland-Pfalz. Diese, insbesondere für den Transport von Erzen aufgesetzte Strecke wurde am 10. Januar 1913 in Betrieb genommen und wird seit 1. Oktober 1914 als Eigenbetrieb des Landkreises Westerwald geführt. Die Westerwaldbahn des Kreises Altenkirchen wurde 1999 zur GmbH.

Das Unternehmen befand sich in den vergangenen Jahren insbesondere hinsichtlich der Aufgabe von Güterverkehrsstrecken im Umbruch und bedient seit knapp zwei Jahren eine ganz neue Sparte: Im November 2017 wurde als Tochter der Gesellschaft auf Beschluss des Kreistags die Westerwaldbus GmbH gegründet. Hintergrund des politischen Beschlusses vom 26. Juni 2017 war die geplante „Inhouse-Vergabe von Linienbündeln“. Mit dem Start dieses Unternehmens ging es in erster Linie darum, Mitarbeiter und Busfahrer zu finden sowie im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung 42 neue Linienbusse anzuschaffen. Die Westerwaldbahn selbst hatte bis dato nur zehn Busse und acht Fahrer, das Gros des Systems würde Neuland bedeuten. Bis zum Start des neuen ÖPNV sollte allerdings noch Zeit sein.

Positives Fazit nach Neustart

Am 9. Dezember 2018 gingen die beiden Linienbündel im Kreis an den Start, Ende Juli 2019 erklärte Landrat Michael Lieber das eigene Busverkehrsengagement in einem ersten Fazit zur „Erfolgsgeschichte“. Gut 2,5 Millionen Kilometer Strecke werden pro Jahr absolviert, mehr als fünf Dutzend Fahrer sind im Einsatz, 50 Busse rollen für die Westerwaldbus GmbH. Anfängliche Probleme wurden angepackt, es gab mehrere „Fahrplananpassungspakete“, und die neuen Fahrer wurden laut der Westerwaldbus GmbH gut einen Monat vor dem Start der neuen Linienbündel angestellt, um sie im Landkreis ausreichend streckenkundlich zu machen. Volker Boch

Volker Boch zur Busneuplanung auf Kreisebene

Einfach nur Mund abputzen ist zu wenig

Im Fußball nutzen Trainer gern den Spruch vom „Mund abputzen“ und weitermachen. Das hat etwas Reinigendes, eine Form der Säuberung nach herben Niederlagen, die auch in der Politik en vogue ist: Nicht mehr zurückschauen, weitermachen, lächeln. Oder wie Torwart-Titan Oliver Kahn sagen würde: „Weiter, immer weiter!“

Wenn Busse immer weiter fahren, können sie mitunter komplett falsch fahren und mit ihnen Kinder, deren Eltern an den Haltestellen bisweilen verzweifeln, weil der immer weiter fahrende Bus mit dem Nachwuchs einfach nicht ankommt. Das haben wir ja jetzt zur Genüge erlebt.

Die Politik darf bei der anstehenden Weichenstellung für die Busse nicht der Verführung erliegen, den leichten Weg zu wählen. Es wäre simpel zu sagen: Eigenbetrieb! Wir machen's selbst, wenn's andere nicht können! Motto: Mund abputzen, es kann nur besser werden.

Schon einmal haben die Kreisgremien beim Thema Busse den leichten Weg genommen. Im (vielleicht zu) guten Glauben an Planungen des beauftragten Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM) wurde entschieden, den ÖPNV so einzuführen, wie er jetzt (vorerst) gescheitert ist. Dabei ist der Kreis selbst einer der Träger des VRM, schießt pro Jahr dem Vernehmen nach höhere sechsstellige Summen zu und hat die Konzeption des VRM für die Region nie wirklich kritisch hinterfragt. Dabei war klar, wie die Personalsituation auf dem Busfahrermarkt aussieht, es war genauso offensichtlich, dass es um Streckenkunde und Sprachkenntnisse von Personal, das in anderen Ländern angeworben werden muss, nicht gut bestellt sein kann bei zu geringer Vorlaufzeit.

So viel Pech es auch gab mit Insolvenzanträgen und nicht eingehaltenen Firmenzusagen: Ein Stück weit war das Bus-Chaos der vergangenen Wochen hausgemacht – in welchem Haus, das müssen die beteiligten Häuser untereinander klären. Ein solches Chaos wollte der Kreis Altenkirchen, der genauso Träger des VRM ist wie der Rhein-Hunsrück-Kreis, mit dem Eigenbetrieb verhindern. Altenkirchen hat die Sache mit den Bussen im Sommer 2017 selbst in die Hand genommen, als sich Rhein-Hunsrück zur europaweiten Ausschreibung entschloss. Nach dem Scheitern jetzt das Westerwaldbus-Modell kopieren zu wollen, das klingt schon sehr nach: Mund abputzen! Und das ist einfach zu wenig.

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