Plus
Hergenfeld

Plätzchen für Plausch und Kauf: Was den Erfolg von Dorfläden ausmacht

Von Stefan Munzlinger
Seit Jahren Kauf- und Kommunikationspunkt: Manuela Prozeller und Ortsbürgermeister Martin Theis im 2007 gegründeten und seither florierenden Hergenfelder Dorfladen am Schönblick 3.  Fotos: Stefan Munzlinger
Seit Jahren Kauf- und Kommunikationspunkt: Manuela Prozeller und Ortsbürgermeister Martin Theis im 2007 gegründeten und seither florierenden Hergenfelder Dorfladen am Schönblick 3. Fotos: Stefan Munzlinger Foto: Stefan Munzlinger

Nachbarschaftsläden – vielerorts mit großer Euphorie gestartet und dann rasch an der Kärrnerarbeit des Alltags gescheitert. Weil zu teuer, zu aufwendig ...

Lesezeit: 2 Minuten
Anders im 520 Einwohner kleinen Hergenfeld (VG Rüdesheim). Hier, im Erdgeschoss des Gemeindehauses am Schönblick 3, haben sie schon 2007 einen solchen Laden eingerichtet. Mit seinen mehreren Hundert Artikeln auf 60 Quadratmetern und einer Garage mit Getränken nebenan bieten sie alles, was der Kunde täglich braucht. Sie, das sind Manuela Prozeller ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Kleine Läden können laufen, wenn sie die anfängliche Euphorie überstehen und von Ehrenamtlichen mitgetragen werden

Mit der sich weiterentwickelnden Regionalmarke „SooNahe“ wächst auch das Bewusstsein für heimische Produkte. Damit geht der Wunsch vieler Bürger einher, im Dorf einen Laden zu haben, in dem sie diese und andere Produkte des täglichen Bedarfs kaufen und sich in Zeiten des Kneipensterbens auch einfach mal treffen können. So wie in Hergenfeld und Guldental, wo wirtschaftliche (also steuerbegünstigte) Vereine gegründet wurden, um den Vertrieb der Artikel kostendeckend gewährleisten zu können.

In beiden Dörfern funktioniert das: Die Läden schreiben eine schwarze Null, zu danken vor allem dem ehrenamtlichen Engagement der Initiatoren und ihrer Freunde und einstigen oder anhaltenden Starthilfen der Gemeinden. Gut laufende Läden gibt es ferner in Becherbach bei Kirn und in Hennweiler, wo gerade ein neuer Dorfmittepunkt samt neuem Laden entsteht. In Windesheim, Laubenheim, Schweppenhausen, Rümmelsheim, Schöneberg und Gutenberg sind die kleinen Läden geschlossen, einzig in Seibersbach läuft noch ein, wie zu hören, gut gehendes Geschäft auf privater Basis. In Odernheim gab es Pläne, einen Laden einzurichten; sie ruhen zurzeit. In Winterbach soll bald einer eröffnen. Bereits seit Jahren ist in Hochstetten-Dhaun ein Laden zu finden. Hier bietet eine Bäckerei auch Wurst- und andere Waren feil. mz

Gutes liegt nah: Dorfladen steht für bewussten Einkauf

Guldental. Für Rainer Schmitt (53), Guldentaler Diplom-Bauingenieur und Vorstand von RS-Plan, ist das Zentrum mit dem Dorfladen mehr als ein gutes Stück Heimat. Es ist Versorger, Kommunikations- und Treffpunkt, kurz: ein lokalwirtschaftlicher Mittelpunkt der 2500 Einwohner großen Gemeinde. Mit Sparkasse links, dem Physiotherapeuten, der Arztpraxis seines Bruders Andreas, der Bäckerei Lohner, einem neuen Imbiss und vier Wohnungen wird das vor fünf Jahren eröffnete Center vom Dorfladen rechts abgerundet. Dessen Namen „Gutes Liegt Nahe“ (GuLiNa) fanden sie einst in einem Schülerwettbewerb. „Alle Dorfläden leben von Backwaren“, weiß Center-Initiator Rainer Schmitt, dem der Laden „am Herzen“ liegt. Und so musste eine Bäckerei mit ins Angebot der neuen (wirtschaftlichen) Weindorfmitte. Wohlgemerkt: nicht im Laden selbst, nein, nebenan, betrieben von Privat (Lohner). Im Laden halten sie alles bereit, was es sonst im Dorf nicht gibt, rund 2500 Artikel, davon etliche aus regionaler Produktion, etwa aus den Sparten Molkerei oder Wurstwaren: „Wir wollen uns auf keinen Fall gegenseitig Konkurrenz machen“, betont Rainer Schmitt und weiß: Das hebt die Akzeptanz des Ladens in Guldental und darüber hinaus.

Zahllose Ehrenamtliche helfen mit

Längst ist das Dorfcenter mit seinen an einer Stelle konzentrierten Angeboten auch für Kunden aus den Nachbargemeinden täglicher Anlaufpunkt: „Bei uns kann man sich komplett eindecken.“

In Guldental haben sie ebenfalls einen wirtschaftlichen Verein gegründet, damals beraten von Ortsbürgermeister Martin Theis aus Hergenfeld, der die Gründung von 2007 und die Erfahrungen in seiner Gemeinde beschrieb. Heute sind zwischen 12 und 15 Honorarkräften im „GuLiNa“ tätig, unterstützt von etlichen Ehrenamtlichen, die bei Festen helfen oder einfach mal Dienst an der Kasse tun. Diese Mischung aus Lokalpatriotismus und gesundem Profitdenken – damit alle Lieferanten, die davon leben, auch etwas verdienen – ist es, die einen solchen auch auf ehrenamtlichen Schultern liegenden Laden über lange Zeit trägt. Betonung auf „lange“. Denn das Ladenkonzept, sagt Rainer Schmitt, will durchgehalten sein. Nach der anfänglichen Phase der Euphorie muss es weitergehen – ein Kraftakt für alle Beteiligten, etwa für die Ehrenamtlichen. Dorfläden wie der Guldentaler „GuLiNa“, der eine schwarze Null schreibt und außer sonntags täglich geöffnet ist, sieht Schmitt als Gemeinschaft stiftendes „Sozialprojekt für ein Dorf“. Es rechnet sich nur, wenn eine niedrige Miete verlangt wird und sich Idealisten dem Vereinsziel verschreiben: „Da steckt sehr viel Herzblut drin.“

Dabei ist die Gemeinde weitgehend außen vor: Sie half anfangs mit einem zinslosen Darlehen über 30.000 Euro. Die sind fast abgezahlt, alle anderen finanziellen Verbindlichkeiten für den Aufbau des Dorfcenters längst beglichen.

Gutes liegt nah: Dorfladen steht für bewussten Einkauf
Foto: Stefan Munzlinger

Viele wollen bewusst einkaufen

Dass solche Läden „gehen“, freut den Initiator. Nicht nur Senioren kommen täglich ins „GuLiNa“: „Viele ältere, aber auch jüngere Menschen wollen bewusst regional einkaufen.“ Das Konzept eines Dorfladens sei emotionaler, wohlfühliger als das der meisten landauf, landab aus dem Boden schießenden Supermärkte und Discounter. Die Atmosphäre ist anders, konkret: Die im Laden mit seinen 200 Quadratmetern Verkaufsfläche (und einem 150 Quadratmeter großen Getränkebereich) zu sehenden Holzkisten, auf denen die Produkte stehen, wurden in Spabrücken mit Soonwaldholz gefertigt. Selbst die hölzerne Kassentheke ist Marke Eigenbau.

Wer will, kann seine Einkaufswünsche allesamt vorbestellen, an die Haustüren ausgeliefert wird das Bestellte allerdings noch nicht. Das würde sich momentan nicht rechnen, weiß Rainer Schmitt und blickt in die Zukunft: „Das wäre sicher eine tolle Ergänzung.“

Von unserem Redakteur Stefan Munzlinger
Meistgelesene Artikel