Plus
Bad Kreuznach

OB-Wahl in Bad Kreuznach: Wer hat ein Ohr für die Stadtteile?

Von Harald Gebhardt, Marian Ristow
Das Bosenheimer Freibad ist ein ständiger Streitpunkt. Das Votum aus den Stadtteilen ist eindeutig: Es muss bleiben!  Foto: Marian Ristow (Archiv)
Das Bosenheimer Freibad ist ein ständiger Streitpunkt. Das Votum aus den Stadtteilen ist eindeutig: Es muss bleiben! Foto: Marian Ristow (Archiv)

Das Aufgabengebiet eines Oberbürgermeisters ist vielfältig. Viele Themen hat der Oeffentliche Anzeiger bei Amtsinhaberin Dr. Heike Kaster-Meurer (SPD), Sabine Drees (CDU), Emanuel Letz (FDP) und Karl-Heinz Delaveaux (FWG), den vier Kandidaten, die sich zur Wahl stellen, bereits abgefragt. Auch die „Innenpolitik“ gehört dazu. Wie organisiert man eine Verwaltung? Welche Themen will man zur Chefsache machen? Wie soll der Dialog mit den Stadtteilen laufen?

Lesezeit: 2 Minuten
Aktuell schlägt der Erhalt des Bosenheimer Freibads mal wieder hohe Wellen. Nicht zum ersten Mal und auch sicher nicht zum letzten Mal. Es ist zwar ein sehr sensibles Thema, aber auch nur eins unter vielen: Die Unzufriedenheit in den fünf Bad Kreuznacher Stadtteilen ist groß. Im kleinsten Stadtteil ist es die ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Sabine Drees: Ein Leitbild für jeden Stadtteil

Die Antworten von CDU-Kandidatin Sabine Drees:

1 Die Entwicklung der Personalkosten von 25 Millionen vor rund 10 Jahren bis auf heute 44 Millionen Euro ist durch Gehaltsanpassungen und zusätzliche Kitastellen allein nicht zu erklären. Eine Personalkostensteigerung von 76 Prozent ist insgesamt sehr hoch. Eine schlanke Verwaltung dagegen bringt Ersparnisse. Um dies zu erreichen, würde ich die neue elektronische Akte einführen.

Ein neues standardisiertes Aktenverwaltungssystem, das mehreren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die gleichzeitige Bearbeitung und Speicherung von Vorgängen erlaubt. Das klingt sehr technisch, ist aber zielführend, wenn wir uns lange Antrags- und Bearbeitungsphasen ersparen möchten. Außerdem fördern wir Teamarbeit und flache Hierarchien. Das führt zu einer effizienten und dienstleistungsorientierten Verwaltung und bringt Einsparungen.

2 Bad Kreuznach ist eine Stadt-Land-Stadt. Gemeinsam mit den Ortsvorstehern und Ortsbeiräten, Bürgerinnen und Bürgern möchte ich die Stadtteile weiterentwickeln. Ich könnte mir vorstellen, für jeden Stadtteil mit den genannten Akteuren ein Leitbild bis 2030 zu erarbeiten. Darin sollten grundlegende Schwerpunkte für die jeweiligen Stadteile beschrieben werden. Wie soll sich der Stadtteil entwickeln? Wollen wir Gewerbegebiete ausweisen, den Naturschutz fördern, den Tourismus stärken, oder Bauland erschließen oder steht die innere Sanierung des jeweiligen Stadtteils im Vordergrund? Viele Stadteile fühlen sich abgehängt. Mit regelmäßigen Treffen und der gemeinsamen Erarbeitung von Zukunftsplänen möchte ich das gern ändern.

3 Die CDU ist die stärkste Fraktion und hat damit einen Führungsauftrag. Sie braucht verlässliche demokratische Partner. Im Fall meiner Wahl würde ich SPD, Grüne, die FDP und FWG zur konstruktiven Zusammenarbeit einladen. Der derzeitige Dezernatsverteilungsplan ist nicht in Stein gemeißelt. Ich möchte zusammen bringen, was zusammen gehört, wie beispielsweise Wirtschaft und Tourismus. Als Oberbürgermeisterin würde ich die Stadt mit ihrer Verwaltung nach außen vertreten. Dazu gehört auch, dass man mal den Kopf für Fehler anderer hinhalten muss. Nur so würde ich meiner Verantwortung gerecht. Damit verbessert sich das Erscheinungsbild der gesamten Verwaltung in der Öffentlichkeit. Das ist mein Maßstab.

Karl-Heinz Delaveaux: Regelmäßigen Dialog anbieten

So sieht es Karl-Heinz Delaveaux (FWG):

1 Es darf keine pauschalen Personalmehrungen geben. Ferner möchte ich eine Art „Leistungszulage für Einsparvorschläge“ in der Verwaltung einführen. Diese könnte derart ausgestaltet sein, dass, wenn konkrete Einsparvorschläge von Verwaltungsmitarbeitern zu Einsparungen führen, die betreffenden Mitarbeiter einen kleinen „Bonus“ erhalten. Ich denke weiter über eine Art „Wettbewerb“ nach, wo Bürgerinnen und Bürger, welche Ideen zur Optimierung von Abläufen und Strukturen haben, ebenfalls kleine Vergünstigungen (Jahreskarte fürs Schwimmbad oder für die kostenfreie Nutzung des ÖPNV für ein Jahr) erhalten könnten.

2 Es wird meinerseits einen regelmäßigen Dialog mit den Ortsbeiräten und den Ortsvorstehern der fünf Stadtteile geben. Ferner möchte ich als OB halbjährlich eine mobile OB-Sprechstunde in den fünf Stadtteilen im Wechsel anbieten. Hierzu möchte ich zwecks Transparenz auch die Presse einladen, sodass auch für nicht anwesende Einwohner im Nachhinein über die Lokalpresse nachvollziehbar ist, welche Anregungen und Ideen aus der Einwohnerschaft vorgetragen wurden und auch überprüft werden kann, inwieweit sich der neue Oberbürgermeister dann mit den Anregungen aus der Bürgerschaft auseinandersetzt.

3 Der Dezernatszuschnitt ist aktuell zu etwa 60 Prozent auf die Oberbürgermeisterin fokussiert, was eine Ursache für eklatante Fehlsteuerungen ist. Diesen Zuschnitt hat Frau Kaster-Meurer selbst zu verantworten. Bürgermeister Thomas Blechschmidt und Beigeordneter Markus Schlosser sind mit den restlichen 40 Prozent meines Erachtens nicht optimal ausgelastet, sodass ich hier – in Abhängigkeit von den jeweiligen Kompetenzen der Beigeordneten und nach Absprache mit diesen – entsprechende Anpassungen vornehmen werde.

Als künftiger Oberbürgermeister und aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen in der Wirtschaft würde ich mir die Zuständigkeiten für das Baudezernat und den Bereich der Wirtschaftsförderung zutrauen. Bürgermeister Blechschmidt könnte – neben dem Finanzbereich – zusätzlich Verantwortung für den Jugend- und Sozialbereich erhalten. Dem Beigeordneten Schlosser würden die Zuständigkeiten für Schulen, Sport und Kultur, das Ordnungsamt und die Liegenschaften obliegen.

Heike Kaster-Meurer: Bedarf an Personal steigt ständig

Amtsinhaberin Heike Kaster-Meurer (SPD) hat uns folgende Antworten gegeben:

1 Durch gesetzliche Vorgaben kommen ständig neue Pflichtaufgaben auf uns zu. Der Bedarf an Personal steigt ständig. Während im Jahr 2013 diskutiert wurde, wie wir mit dem Personalüberhang, der durch die Fusion entstünde, umgehen sollten, waren wir nach kurzer Zeit sehr froh, dass wir qualifizierte Mitarbeiter übernehmen konnten. Heute ist der Fachkräftemangel in der Verwaltung angekommen. Wir können nicht alle Stellen besetzen, weil geeignete Bewerber/innen fehlen. Die Digitalisierung wird einige Prozesse automatisieren, aber wir werden weiterhin qualifizierte Mitarbeiter benötigen.

Die Demografie macht sich auch bei uns bemerkbar. Wir schaffen es nicht, unseren Bedarf durch Ausbildung zu decken, eben weil die ausreichende Anzahl an geeigneten Bewerber/innen fehlt. Wir werden uns intensiv mit der Frage der Personalgewinnung, aber auch mit der Bindung unseres Personals auseinanderzusetzen haben. Die Personalkosten werden weiter ansteigen, weil wir die gesetzlichen und die vom Stadtrat beschlossenen Aufgaben zu erfüllen haben.

2 Die Interessen der Stadtteile werden durch die Ortsbeiräte und die Stadträte, die in den Stadtteilen leben, gut vertreten. In unseren Stadtteilen wird Gemeinschaft gelebt und Verantwortung füreinander übernommen. Ich habe immer im Blick gehabt, dass wir in allen Stadtteilen investieren. Allerdings lebt nur etwa ein Drittel der Bürger in den Stadtteilen. Deshalb ist es mir wichtig, die Neustadt, den Bereich Süd-West und Süd-Ost ebenfalls als Quartier mit besonderen Stärken zu sehen.

Eine stärkere Einbindung aller Bürger, egal wo sie leben, wird in der digitalisierten Zukunft eine immer größere Rolle spielen können. Viele Menschen sehen nur die Ergebnisse und berücksichtigen dabei nicht, dass es sich um das Ergebnis eines Entscheidungsprozesses handelt, in dem viele Interessen abzuwägen sind und damit auch immer Kompromisse gemacht werden müssen.

3 Bis 2013 gehörten dem Stadtvorstand fünf Mitglieder an. Die derzeitige Verteilung hat sich aus der Historie ergeben. Die damalige Jamaika-Koalition hat nach meiner Wahl vor meinem Amtsantritt einen Kämmerer zum Zweiten Beigeordneten gewählt, damit war klar, dass ich das Dezernat 1 im vorgegebenen Zuschnitt übernehme. Die Gemeindeordnung sieht vor, dass die Initiative zur Dezernatsverteilung nur von der Oberbürgermeisterin/dem Oberbürgermeister ausgehen kann, aber der Stadtrat muss mehrheitlich zustimmen. Zur Verteilung gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen bei den elf politischen Gruppierungen, die im Stadtrat vertreten sind.

Emanuel Letz: Fairer Austausch mit Stadtteilen

Diese Ansichten vertritt FDP-Kandidat Emanuel Letz:

1 Die Strukturen der Verwaltung müssen unter die Lupe genommen werden. Etwaige Doppelstrukturen müssen wegfallen. Die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung spielen eine große Rolle. Die sogenannten Smart Cities stehen für eine effiziente Verwaltung. E-Government und die E-Akte müssen vorangebracht werden. Das erfordert Investitionen in die Verwaltung, die sich langfristig auszahlen und den Haushalt dauerhaft entlasten werden.

Aus einem Gutachten des Fraunhofer-Instituts für offene Kommunikationssysteme geht hervor, dass Behörden durch E-Government bei den 60 am häufigsten nachgefragten Leistungen, wie etwa die Anmeldung eines Autos, ein Drittel der Kosten einsparen. Es ist zwar teuer, die ganze Verwaltung umzustellen, doch trotz der Investitions- und Unterhaltungskosten sind durch die Digitalisierung deutliche Kosteneinsparungen möglich. Von Vorteil wäre auch hier mittelfristig die Senkung der Gebühren. Denn grundsätzlich gilt, hoher Verwaltungsaufwand – hohe Gebühren; niedriger Aufwand – niedrige Gebühren. Niedrigere Gebühren tragen ebenfalls zur Bürgerfreundlichkeit einer Verwaltung bei.

2 Die Stadtteile haben gewählte Ortsbeiräte und Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher. Diese vertreten die Interessen ihres Stadtteiles und müssen zu ihren Angelegenheiten gehört werden. Die Menschen vor Ort wissen am besten um ihre Belange. Dieses Engagement muss gerade in der heutigen Zeit gewürdigt und wertgeschätzt werden. Ich stehe für einen fairen und respektvollen Austausch mit allen Stadtteilen, den Ortsbeiräten und deren Vorsteherinnen und Vorstehern.

Sie sind Bestandteil unserer Stadt und dürfen nicht benachteiligt werden. Hier tragen beispielsweise Fördergelder – wie das Modellprojekt Stadtdörfer, mit dem Stadtteile mit dörflichen Charakter berücksichtigt werden – dazu bei, dass sich die entsprechenden Stadtteile entwickeln können. Gesundes und motiviertes Personal gehört unweigerlich ebenfalls zur Effizienz einer Verwaltung. Das betriebliche Gesundheitsmanagement und der Personalrat werden hierbei eng mit einbezogen.

3 Über den Dezernatszuschnitt kann man sicherlich diskutieren. Das hat allerdings nicht allererste Priorität für mich. Wenn ich zum neuen Oberbürgermeister gewählt werde, dann werde ich den Zuschnitt mit allen Beteiligten erörtern und entsprechend festlegen. Auch hier geht es um Effizienz und Nachhaltigkeit, um Bürgerservice und Bürgerfreundlichkeit. Doppelstrukturen tragen nicht zur Effizienz bei und gilt es zu vermeiden. Dies belastet nur unnötig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Oberbürgermeister-Wahl in Bad Kreuznach 2022
Meistgelesene Artikel