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Bad Kreuznach

„Lafer-Mensa“: Die Berliner kochen weiter

Von Stefan Munzlinger
Mai 2018: Auf einer Skala von 0 bis 10 sahen diese Röka-Zwölftklässler damals das Essen in der von MenüPartner betriebenen Mensa bei 7 (von links): Lisa Medinger, Pauline Gaul, Dominique Metzen, Alina Krauchanka, Ronja Brosche und Niklas Ilin. Ihre Essenswertung: „Nicht so gut wie bei FoodEducation, aber okay.“
Mai 2018: Auf einer Skala von 0 bis 10 sahen diese Röka-Zwölftklässler damals das Essen in der von MenüPartner betriebenen Mensa bei 7 (von links): Lisa Medinger, Pauline Gaul, Dominique Metzen, Alina Krauchanka, Ronja Brosche und Niklas Ilin. Ihre Essenswertung: „Nicht so gut wie bei FoodEducation, aber okay.“ Foto: Stefan Munzlinger

Das dritte Jahr ohne FoodEducation bricht an. Die Katastrophe, wie einst beschrieben, blieb aus. MenüPartner, ein Berliner Caterer mit 400 Mensen landauf, landab, betreibt die 2012 mit Landeszuschüssen als Lafer-Mensa eröffnete Röka-Frischküchen-Kantine nun im zweiten Jahr. Ein drittes folgt, so ist es im Vertrag mit dem Schulträger, dem Kreis Bad Kreuznach, vereinbart. Ob vor oder hinter den Kulissen nachgefragt: Schüler, Lehrer und Eltern sind offenkundig zufrieden.

Lesezeit: 3 Minuten
Ja, FoodEducation, das 2017 dem Angebot von MenüPartner mit 50 Cent pro Mahlzeit unterlag und das Johann Lafer nachgefolgt war, stammte von der Nahe, war den Schulen vertraut. Ein Verhältnis, eine Beziehung, die die Berliner so erst mal hinbekommen müssen. Mit ihrer Kommunikation und Präsenz vor Ort können sie es ...
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Elternsprecherin Silke Fleer blickt auf zwei Jahre „Lernkurve“ zurück und betont: „Wir möchten bei MenüPartner bleiben“

Silke Fleer, dreifache Mutter und seit neun Jahren Elternsprecherin des Römerkastell-Gymnasiums, hat die Entwicklung der Röka-IGS-Men-sa unter Johann Lafer erlebt und sagt nach zwei Jahren MenüPartner (MP): „Wir sind zufrieden, tauschen uns regelmäßig aus, finden Gehör. Wir möchten bei MenüPartner bleiben, auch nach den drei ersten Jahren.“ Zumal es am Markt nicht so viele Caterer mit Frischküche gebe, für die sich ein Mensa-Betrieb ja auch rechnen müsse. Nur ein Beispiel für die Kooperation: Mit dem Mensa-Beirat sei ein Bratwurst-Menü entwickelt worden. Der Beirat aus Schülern, Eltern und Lehrern tage immer wieder mit MP-Vertretern und Mensa-Chef Frank Lehmann. Was sich die Elternsprecherin nun wünscht, sind mehr Kinder, die in der Mensa essen. Gemeinsam unternähmen die Schulen, Lehrer und Eltern alle Anstrengungen, etwa mit Infoabenden über gesunde Ernährung, um die Mütter und Väter dazu zu bewegen, ihre Kinder in der Men-sa anzumelden. Die Eltern der Röka-Ganztagskinder seien dazu verpflichtet, anders die der IGS, da sei das freigestellt. Leider gebe es heute keine Ökotrophologin mehr vor Ort wie zu Zeiten von FoodEducation (FE): „Das hatte sehr positive Auswirkungen auf beide Schulen.“ Ja, auch MP, die regional einkauften, hätten Ernährungsberater, doch die säßen in Berlin, dadurch

sei es schwer, ein Netzwerk zu bilden. Der Lernprozess mit MenüPartner, die von Anfang an erfuhren, wie wichtig den hiesigen Eltern gesundes Essen ist, gehe weiter. Doch auch Lafer habe anfangs viel lernen und Federn lassen müssen, „weil eine Sterne-Gastronomie etwas anderes ist als eine Schulmensa“. Die Kommunikation mit den Berlinern sei gut, „man kann mit den Leuten vor Ort reden“, bekräftigt Silke Fleer, etwa wenn es zu langen Essensschlangen käme. Bei wichtigeren Themen stünden sie etwa an Ernährungsabenden bereit. Mensa-Chef Jan Lehmann habe sich selbstständig gemacht; sein Vater Frank sei jetzt für mehrere Küchen zuständig. 2018 hätten Röka und IGS, so Silke Fleer weiter, die Minister Julia Klöckner und Jens Spahn angeschrieben, um den Wert von Frischküche und regionalen Zutaten zu betonen: „Die Antworten stehen bis heute aus.“mz

Stefan Munzlinger zur Mensa: Gesundes Essen und volle Kasse: Wie geht das?

Wohl dem, der was zu beißen hat. Wenn er dann noch das Richtige, das Gesunde isst, darf er sich als Sieger fühlen – in einer Konsumgesellschaft mit so vielen Verlierern.

Weltweit brachten sich im vergangenen Jahr elf Millionen Menschen mit falscher Ernährung um (mehr als durchs Rauchen). 255 Millionen, so die von Microsoft-Milliardär Bill Gates und seiner Frau Melinda finanzierte Studie weiter, erkrankten an miesem Essen, was global volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe anrichte. Alleine der ständig steigende Verzehr überzuckerter Lebensmittel lässt die Sozialsysteme, etwa die Krankenkassen, richtig bluten.

Umso besser, dass das Land mit der „Lafer-Mensa“ einst den Blick auf eine andere, gesündere Ernährung für Kinder und Jugendliche mit Strahleffekt auch auf die Eltern richtete. Dass sich der ernüchterte und wohl damals schon Stromburg-gestresste Sternekoch 2016 aus dem bezuschussten Röka-IGS-Prestigevorhaben verabschiedete, weil sich das populäre Projekt doch nicht rechnete, kennen wir nur zu gut: aus der Sterne-Gastronomie. Auch da legen die Restaurantbetreiber für hehre Zig-Gänge-Konzepte drauf, weil edle Zutaten und noch edleres Ambiente einen Haufen Geld verschlingen.

Im Kern geht es um eine realitätsbezogene Gesundheits- wie Betriebswirtschaftsphilosophie: Gibt es ein Essen, das gesund ist und das dem Erzeuger dennoch eine halbwegs ausgeglichene Kasse, von satten Gewinnen reden wir gar nicht erst, beschert? Die Berliner MenüPartner packen es im dritten Jahr an. Ja, sie kämpfen – um Standort und Akzeptanz. Und sie halten Wort, sprechen ständig mit Schülern, Eltern, Lehrern. Und sie kochen, dazu vertraglich verpflichtet, frisch. Doch auch sie müssen rechnen. Zwar stagniert die Zahl der Esser momentan noch bei rund 450, doch deren Resonanz ist deutlich: Berlin und Bad Kreuznach sind auf einem guten (Mensa-)Weg!

E-Mail: stefan.munzlinger@rhein-zeitung.net

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