Eigentlich kann man Karl-Heinz Delaveaux nichts vormachen. Das Bad Kreuznacher Urgestein beherrscht alle Tricks, kennt die Spielarten der Politik aus dem Effeff und durchblickt auch komplexe Wahlmanöver spielend. Eigentlich.
Doch scheinbar ist es für ihn völlig neu, dass man sich vorab auch mal erkundigen muss, wie viele Stimmen man denn bei einer Wahl überhaupt holen kann. Eigentlich weiß er das. Und ebenso eigentlich weiß er auch, wie man eine Wahlniederlage mit Fassung trägt. Doch anscheinend liegen in Bad Kreuznach in der Woche vor der Bürgermeisterwahl die Nerven blank.
Den schwarzen Peter der FDP zuzuschieben, ist erlaubt, verfehlt die Realität aber. Wer das bestreitet, dem sei folgende Frage gestellt: Welche Wahl in politischen Gremien hätte je ohne Absprachen stattgefunden? Das, was man, wenn man verloren hat, abfällig als „Deal“ bezeichnet, ist ein Wesen des Politikbetriebs. „Stimmen für Posten“, auch wenn es keiner bestätigen mag, das ist seit Jahrzehnten kommunalpolitische Realität. Wer sich ihr verweigert, fliegt auf die Nase. Anders: Wer die Wahl schlecht vorbereitet, geht baden. Oder fliegt am Ende gleich dreimal durch eine Wahl. Ähnliches musste die SPD 2018 bei der Wahl des Zweiten Beigeordneten bitter erfahren. Gab es damals keinen Deal? Aber sicher! Delaveaux hat Recht, wenn er sagt, dass Heike Kaster-Meurer die besseren Karten beim „abgekarteten Spiel“ hatte. Beim nächsten Mal kann das wieder anders aussehen. Dieses Mal war die OB abgezockter.
Und dazu muss man klar sagen: Das Offenlassen ihrer Kandidatur war am Rande der moralischen und politischen Vertretbarkeit. Manche sagen, darüber hinaus. Transparenz geht jedenfalls anders. Vielleicht haben die Herren Rapp und Delaveaux auch einfach ihre Attraktivität als Spitze des Aufsichtsrates überschätzt. Die CDU ist zudem Opfer ihrer eigenen Trägheit geworden. Wer keine Lust auf Koalition hat, der darf keine Stimmen aus anderen Lagern erwarten. Etwas Selbstkritik wäre hier kein Luxus. Nachtreten bringt nichts!
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