Jetzt ist also die Katze aus dem Sack. Kilian hört auf. Seine Vertrauten wussten es schon lange, aber erst gestern wurde es offiziell: Der Stadtbürgermeister geht zum Jahresende in Ruhestand. „Es waren fünf schöne Jahre, in denen wir einiges auf den Weg gebracht haben“, zieht er ein erstes Fazit.
Stadtsanierung, Schillersteg, Barrierefreiheit in Rathaus und Dröscherhaus, Flüchtlingsarbeit mit Einrichtung der Integrationsstelle, Vermittlung etlicher Privatinvestitionen mit stadtbildprägendem Charakter. Das kann sich fürwahr sehen lassen. Aber es gibt etliche angeschobene Projekte, deren Realisierung man dem langjährigen Baudezernenten noch gewünscht hätte: Bahnhofssanierung, Parkplatzfrage (inklusive Bahnhofsumfeld), Marktplatzgestaltung, Verkehrskonzept, um nur einiges zu nennen, was noch langen Atem benötigt. Den Umbau der Verwaltung mit neuer Personalführung hat Kilian zusammen mit VG-Beigeordnetem Hans Helmut Döbell noch initiiert, um eine weitgehend reibungslose Fusion in Sachen Verwaltungszuständigkeiten zu ermöglichen. Sonst hätte sich im Umzugsgewusel niemand verantwortlich gefühlt.
Viele Verwaltungsmitarbeiter und sicher auch Bürger der Stadt trauern dem 60-jährigen Verwaltungsexperten, der Verwaltungslehre auch jahrelang in Bad Kreuznach unterrichtete, schon jetzt nach. Er war 2014 von seinem Vorgänger Fritz Wagner und dem Beigeordneten Peter Wilhelm Dröscher auf den Schild gehoben worden, nahm mit Zweidrittelmehrheit gegen die Mitbewerber Claus Tressel (CDU) und Eike Schmitt-Mattern (FDP) Platz auf den Chefsessel. In Rats- und Ausschuss-Sitzungen erlebten Stadträte und Ausschussmitglieder einen zumeist „aufgeräumten“, gut informierten Verwaltungs-Chef, der aufkeimende Emotionen meist sachlich glätten konnte.
Und dann kam die Fusion. Unaufhaltsam. 2012 als Kämmerer hatte Kilian schon Zweifel angemeldet, ob das gut gehen könnte. 2014 sollte zwangsfusioniert werden, dann wurde die Sache auf „freiwilliger Basis“ auf 2019 verschoben. Als es auf Eingemeindung Kirns statt Fusion auf Augenhöhe hinauslief, kämpfte Kilian an der Spitze der Fusionsgegner gegen die vom Land beschlossene Zwangsehe. Es gab Bürgerversammlungen und Unterschriftenaktionen, die ebenso chancenlos blieben wie ein mehrseitiges, messerscharf ausformuliertes Schreiben Kilians an alle Landtagsabgeordneten. Viele reagierten gar nicht, andere mit längst überholten Argumenten als fehlerhaften Gutachten. Das mag ein Fingerzeig für Kilian gewesen sein, den Kampf gegen Windmühlen nicht weiter zu versuchen. Er schwenkte um, brachte den Verwaltungszusammenschluss zusammen mit Werner Müller professionell und mit gutem Verhandlungsergebnis auf den Weg. Manche nahmen ihm das übel.
Ein Knackpunkt dürfte auch die Unentschlossenheit der SPD gewesen sein, ihn nicht als einzigen Bürgermeisterkandidaten für die Wahl im Mai 2019 aufzubieten. Waren da noch Ressentiments der Dörfer gegen den früheren Fusionsgegner? Da ließ er es wohl lieber bleiben. Auch die Beigeordnetenwahl im Stadtrat dürfte ihm zu denken gegeben haben, als die „Kleinen“ die SPD um den in jahrzehntelanger Arbeit verdienten Peter Wilhelm Dröscher ins Leere laufen ließen. Da war die „Wendehals“-Schelte in Sachen Kirner Parkhaus wohl nur noch ein kleiner „Stumper“, der die Entscheidung für Ruhestand, kleine Landwirtschaft, Ehrenämter und Familie mit Kindern und Enkeln erleichtert haben dürfte.
Jetzt darf man gespannt sein, wie die Nachfolge aussieht und bewältigt wird. Es gibt viel zu tun. Kilian wird sich – so kennt man ihn – sicher nicht verweigern, wenn Rat gebraucht und gewünscht wird. Für die Stadt ist jetzt jedenfalls wichtig, die nach der Wahl im Mai aufgerissenen Gräben zwischen den Parteien zuzuschütten, sonst wird’s schwierig. Die Wahlbeteiligung am 20. Oktober lag in Kirn mit 37 Prozent um 11 Prozentpunkte niedriger als im Mai (48), das weist auf eine Mir-doch-egal-Stimmung in der Bürgerschaft hin. Ein verbissener Stadtbürgermeister-Wahlkampf bis März 2020 könnte zusätzlich lähmend wirken. Abwarten, wer jetzt in Kirn das Heft in die Hand nimmt.
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