Bürger-Wahlzeit im Pressehaus des „Oeffentlichen“: Antje Lezius (CDU) und Joe Weingarten (SPD), die beiden favorisierten Direktkandidaten für den Sieg im Wahlkreis Bad Kreuznach-Birkenfeld, stellen sich den Fragen von Menschen, die für ganz bestimmte Themen stehen. Im dritten Block geht es um das Stadt-Land-Gefälle. Dazu befragt der Monzinger Ortsbürgermeister Hans-Jürgen Eckert die beiden Kandidaten.
Antje Lezius bekommt schon mal die Krise. Wenn sie, die CDU-Bundestagsabgeordnete und jetzige -kandidatin, an etliche Dörfer im westlichen Teil ihres Wahlkreises rund um Birkenfeld denkt. Wie sie fördern, wie ihnen auf die Beine und zu einer zukunftsfähigen Entwicklung verhelfen?
Ihnen wünscht sie fast den Alltag und die Rahmenbedingungen der Nahegemeinde Monzingen mit einer B 41 vor der Haustür, ihrem Gewerbegebiet, ihrer Nähe zu Rhein-Main. Nicht nur einen runden Tisch empfiehlt sie dem sich sorgenden Ortsbürgermeister Hans-Jürgen Eckert. Sie rät ihm auch, Mittel des Bundes zu beantragen.Bundestagskandidat Joe Weingarten (SPD): Mit dem Landesentwicklungsprogramm IV habe Mainz ein Zukunftskonzept formuliert, das eines nicht könne: den ewigen Verteilungskampf der Verdichtungsräume und der Landregionen zu unterbinden. Was er dem Monzinger Ortsbürgermeister bei seiner Frage nach der Entwicklungsunterstützung für den überalterten Ortskern empfiehlt: „Rasch Kontakt mit dem Land aufnehmen.“ Dessen Entwicklungsagentur helfe und stelle Kontakte her, etwa bei Neulandthemen wie der Flurbereinigung für Ortskerne.
Einen Lösungsansatz sieht der Sozialdemokat im verstärkten und öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau. Weingarten denkt an schillernde Beispiele wie Roxheim mit seinen altersgerechten Wohnprojekten. Den sozialen Wohnungsbau stärken? „Das ist das Gegenteil dessen, was wir wollen“, stellt Eckert fest. Ja, gesteht er ein, es gebe Offensiven für den ländlichen Raum, etwa der CDU. Aber was tun, wenn sich am Ende doch alles wieder im wirtschaftlich starken Raum rund um Mainz ballt? „Geografisch wäre eine Landförderung durchaus möglich, aber sie ist politisch nicht gewollt“, reagiert Eckert verärgert auf die zu beobachtende Tendenz. Nicht nur Monzingen sei betroffen, auch Nachbarkommunen wie die Stadt Kirn und die Verbandsgemeinde Kirn-Land: „Warum wohl überlegt die Simona, dort der größte Arbeitgeber, einen Teil seines Standortes von Kirn ins Rhein-Main-Gebiet zu verlegen?“ Weil er nur dort qualifiziertes Personal in großer Zahl finde: „Es geht um die Rekrutierung von Arbeitskräften.“
Eckert empfindet das gesamte Konzept der Stadtförderung als „nicht ganz glücklich“. Vermisst dabei auch ein Stück Nachhaltigkeit: „Vor gar nicht langer Zeit sanierte oder neu gebaute Straßen sind heute schon wieder marode.“
Da es für Monzingen keinen direkten baulichen Versorgungsauftrag gibt, also keine Baugebiete innen oder außen mehr ausgewiesen werden dürften, müsse man an den Raumordnungs-plan ran, aus dem der Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinden und in dessen Folge die Entwicklungskonzeption für die Dörfer formuliert werde; mit dem Ziel, die Verkehrsinfrastruktur (Beispiel: Hunsrückspange) auszubauen und Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen, nennt Joe Weingarten einen Weg aus der planerischen Verbotszone und sieht den Bund in der Pflicht: „Berlin kann Reformen setzen.“ Er weiß aber auch: „Wir können nicht in allen Dörfern alle Funktionen erhalten.“ Man könne durchaus Mittel generieren, betont Antje Lezius daraufhin, man müsse Projekte konkret nennen, etwa um kleinen und mittelständischen Betrieben zu helfen. „Muss man wirklich allen Forderungen der Wirtschaft nachgeben?“, fragt Ortsbürgermeister Eckert und nennt eine Zahl, die klarmacht, warum man die Förderung des ländlichen Raums intensivieren müsse: „Rheinland-Pfalz schrumpft pro Jahr um etwa 14.000 Menschen. Das ist eine Verbandsgemeinde.“ Antje Lezius überrascht mit ihrem Vorschlag der Dezentralisierung: „Ämter und Behörden – müssen die immer alle in den Ballungsräumen sitzen?“