Idar-Oberstein

Nach tödlicher Tankstellen-Attacke in Idar-Oberstein: Verfassungsschutz beobachtet steigende Aggressivität

Von dpa/lrs
Nach dem Tötungsdelikt an der Idar-Obersteiner Tankstelle sind die Ermittlungen in vollem Gange. Die Stadt plant eine Gedenkfeier für das 20-jährige Opfer.
Nach dem Tötungsdelikt an der Idar-Obersteiner Tankstelle sind die Ermittlungen in vollem Gange. Die Stadt plant eine Gedenkfeier für das 20-jährige Opfer. Foto: Hosser

Nach der tödlichen Attacke auf einen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein diskutiert die Stadtverwaltung über eine angemessene Gedenkfeier für den getöteten Mann. Die Ermittlungen im Streit um die Maskenpflicht werden laut Staatsanwaltschaft noch einige Wochen dauern.

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„Momentan ist alles im Fluss, es gibt verschiedene Vorschläge mit Blick auf eine öffentliche Gedenkveranstaltung“, sagte ein Sprecher der Stadt am Dienstag. Klar sei, dass Idar-Oberstein auf die Tat reagieren wolle. Für das Rathaus der Stadt sei am Vortag Trauerbeflaggung angeordnet worden, entsprechende Anregung seien aus der Bevölkerung gekommen.

Weil dieser ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen habe, soll ein 49-Jähriger den jungen Kassierer am Samstagabend an einer Tankstelle erschossen haben. Nach bisherigen Erkenntnissen wollte er am Samstagabend Bier kaufen, ärgerte sich über den Hinweis auf die Maskenpflicht, ging nach Hause und kehrte mit einem Revolver zurück. Nach einem erneuten Disput habe er dem 20-Jährigen in den Kopf geschossen. Indes laufen die Ermittlungen weiter.

Wie es aus dem Rathaus der Stadt heißt, stammt der mutmaßliche Todesschütze aus dem Kreis Birkenfeld. Wie das Opfer, so habe auch der mutmaßliche Täter zuletzt in Idar-Oberstein gelebt.

Ermittlungen gehen nun erst richtig los

Die Ermittlungen werden laut Staatsanwaltschaft noch einige Wochen dauern. „Wir müssen uns jetzt erstmal selbst ein klares Bild machen“, sagte Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann. In dieser Zeit wolle die Behörde keine „Wasserstandsmeldungen“ über den Ermittlungsstand abgeben. „Die Feinarbeit der Ermittlungen geht jetzt erst so richtig los.“

Mehr Klarheit erhoffen sich die Ermittler vor allem von der Auswertung der sichergestellten elektronischen Geräte des 49 Jahre alten Mannes. Zu dessen Lebenssituation wollte Fuhrmann während der laufenden Ermittlungen noch keine Angaben machen. Der Mann sei noch nie irgendwo bei der Polizei aufgefallen, auch nicht als Teilnehmer einer Demonstration. „Die Waffen hat er nicht legal besessen.“ Woher sie stammten, sei noch völlig unklar. Es gebe zudem keine Hinweise darauf, dass sich Täter und Opfer gekannt hätten.

Der Deutsche aus Idar-Oberstein habe die Tat gestanden. Er sagte aus, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne. Zum Motiv habe er angegeben, dass ihn die Situation der Corona-Pandemie stark belaste, hatte Fuhrmann gesagt. Er habe sich in die Ecke gedrängt gefühlt und „keinen anderen Ausweg gesehen“, als ein Zeichen zu setzen. Das Opfer schien ihm dabei „verantwortlich für die Gesamtsituation, da es die Regeln durchgesetzt habe“, sagte Fuhrmann.

Verfassungsschutz: „Mord keine Überraschung“

Die tödliche Attacke nach einem Streit um die Corona-Maskenpflicht kommt aus Sicht des Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Stephan Kramer nicht überraschend. „Der kaltblütige Mord an dem Studenten, der als Tankstellen-Kassierer arbeitete, ist furchtbar, aber für mich keine Überraschung angesichts der steten Eskalation der letzten Wochen“, sagte Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er und seine Kollegen hätten vor dem Aggressionspotenzial gewarnt. „Bedauerlich ist, dass es immer erst Tote geben muss, bevor die Gefahr ernst genommen wird.“

Kramer sagte weiter, die Eskalation rechter Verschwörungsfantasien von aggressiven und gewaltbereiten Bürgerinnen und Bürgern sei seit Monaten zu beobachten. Auch bisher als nicht gewaltbereit bekannte Menschen rasteten immer öfter aus, pöbelten und randalierten. „Die steigende Aggressivität ist im Alltag überall spürbar.“