Rhaunen/Sulzbach/Simmern

Kurs der Stumm-Orgel-Akademie: Musiker üben auf historischen Orgeln

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Zum Abschluss der Stumm-Akademie sprach der Trierer Domorganist Josef Still (vorn) in Rhaunen darüber, was sich für die Orgelmusik zur Zeit der Romantik veränderte. Die Gustav-Stumm-Orgel der katholischen Kirche gehört zu den letzten Instrumenten der Orgelbauer-Dynastie. Foto: Heiner Schneider

Mit der erstmalig ausgerichteten Stumm-Orgel-Akademie hat der Stumm-Orgelverein ein neues Format aufgelegt, um die musikalische Praxis an den historischen Instrumenten der Sulzbacher Orgelbauerfamilie zu erleichtern und zu beflügeln. In vier ganztägigen Kursen vermittelten Experten interessierten Organisten praktische Tipps und Hintergrundwissen zum Spiel auf den Stumm'schen Orgeln.

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Diese Tipps lassen sich in vieler Hinsicht auch auf andere historische Orgeln übertragen. Den Anfang machte Prof. Johannes Geffert aus Köln an der Orgel in Rhaunen, die in diesem Jahr 300 Jahre alt wurde. Er behandelte anhand von praktischen Beispielen und auch Literatur, die die Teilnehmer mitgebracht hatten, die Kunst des Registrierens und die Frage, wie man Klaviermusik auf die Orgel übertragen kann.

Improvisation von Choralvorspielen betrachtet

Kreismusikdirektor Martin Bambauer aus Trier behandelte ein Thema, dass für die alltägliche Praxis von Kirchenorganisten, die vor allem auf dem Lande oftmals nebenberuflich oder sogar ehrenamtlich tätig sind, eine wichtige Rolle spielt: Die Improvisation von Choralvorspielen. Dabei wurde an der Stumm-Orgel von 1746 in Sulzbach insbesondere auf deren klangliche Möglichkeiten eingegangen.

In der Stephanskirche in Simmern mit ihrem prachtvollen Instrument aus dem Jahr 1782 ging Kantor Joachim Schreiber auf die Orgelmusik des 18. Jahrhunderts ein, die dem Kurstitel zufolge eine Zeit „Zwischen Tradition und Aufbruch“ war. Der versierte Kenner der Stumm-Orgeln, der auch einen Lehrauftrag an der Musikhochschule Heidelberg hat, gab den Teilnehmern Tipps zum Registrieren, zur Ausführung von Verzierungen und zur Artikulation.

Abschluss in Rhaunen

Der Abschluss des Kurses fand an der Gustav-Stumm-Orgel der katholischen Kirche in Rhaunen statt. Das 1893 entstandene Instrument gehört zu den letzten der Orgelbauer-Dynastie. Hier behandelte der Trierer Domorganist Josef Still die veränderten Anforderungen an Orgeln und deren Spieler in der Romantik, in der neue Instrumentengenerationen mit größeren Klaviaturumfängen auch neue Spielweisen hervorbrachten.

„Man hat nie die Orgel, die alles hat, was man gern hätte“, beschrieb Josef Still ein Grunddilemma des Organisten. Denn schließlich ist jede Orgel eine Einzelanfertigung und es gibt – auch abhängig von der Größe und Zahlungskräftigkeit einer Gemeinde – erhebliche Unterschiede. Mit der Orgel in der evangelischen Kirche und diesem Instrument aus der sechsten Generation verfügt Rhaunen über zwei Exemplare, die die ganze Bandbreite des Schaffens der berühmten Orgelbauerdynastie aus Sulzbach zeigen.

„Ich spiele eigentlich nur auf relativ neuen Orgeln, aber ich interessiere mich sehr für historische Instrumente, und das Spiel auf ihnen ist schon eine ganz besondere Herausforderung“, zog Organist Heinrich Möller aus Neu-Ulm nach vier Tagen Bilanz. Außerdem hätten ihm die Tipps und Übungen zur Improvisation sehr viel gebracht, „denn das wird in Gottesdiensten oft gebraucht.“

Wolfgang Nickel aus Bad Sobernheim erklärte: „Es war mit den vier sehr unterschiedlichen Dozenten, die alle sehr professionell und pädagogisch versiert waren, ein ausgesprochen anspruchsvolles Programm.“ Nickel spielt regelmäßig auf der Sobernheimer Orgel der ersten Stummgeneration spielt. „Ich fahre mit ganz vielen wertvollen Anregungen wieder zurück“, sagte er.

Anregung für eine Orgelreise

Voll des Lobes war auch Kirchenmusikdirektor Hans-Eugen Ekert aus Erdmannhausen, der Orgelreisen anbietet und im kommenden Jahr mit seiner Gruppe bei einer fünftägigen Fahrt die Stumm-Orgeln zwischen Mosel, Rhein und Nahe erkunden will. „Die Stumm-Orgeln sind noch viel zu wenig bekannt, das sind wahre Schätze“, erklärte Ekert. „Die Orgelakademie hat mir viele wertvolle Hinweise darauf gegeben, wie man auf Stumm-Orgeln spielt und welche Literatur dafür geeignet ist.“

Einerseits war es ein gelungener Auftakt für dieses neue Angebot, resümierte Heiner Schneider, Vorsitzender des Stumm-Orgelvereins. Ein Wermutstropfen bleibt allerdings die geringe Zahl von nur sechs Kursteilnehmern. Bei einer möglichen Wiederholung müsse noch mehr und frühzeitiger geworben werden, um auch Orgelstudierende und Organisten für dieses Fortbildungsangebot zu gewinnen. red