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Idar-Oberstein

Jahresüberschuss von etwa 100 Millionen Euro: Mehr als Sechser im Lotto für Idar-Oberstein

Von Vera Müller
Für die Stadt ein Glücksfall, der die Haushaltskasse flutet: Das Unternehmen Biontech beschert Gewerbesteuereinnahmen, von denen niemand zu träumen gewagt hatte. Foto: Reiner Drumm (Archiv)
Für die Stadt ein Glücksfall, der die Haushaltskasse flutet: Das Unternehmen Biontech beschert Gewerbesteuereinnahmen, von denen niemand zu träumen gewagt hatte. Foto: Reiner Drumm (Archiv)

Da muss man sich die Augen reiben und zweimal hinschauen, weil man es eigentlich nicht glauben kann. Solche Zahlen hat die Kämmerei der Stadt Idar-Oberstein schon lange nicht mehr präsentiert: In der Sitzung des Hauptausschusses der Stadt Idar-Oberstein am Mittwoch, 17. November, steht unter anderem die Vorberatung des Haushalts für das Jahr 2022 auf der Tagesordnung.

Lesezeit: 3 Minuten
Nach den nunmehr vorliegenden Zahlen wird dabei nicht nur – wie bereits berichtet – ein ausgeglichener Haushalt erreicht, es wird sogar ein Jahresüberschuss von etwa 100 Millionen Euro ausgewiesen. Über diese positive Entwicklung hatten Oberbürgermeister Frank Frühauf und die Stadtkämmerei den Ältestenrat und den Hauptausschuss bereits in der vergangenen Woche ...
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Kommentar: Glück der Tüchtigen: Beim Geldregen jetzt nicht den Kopf verlieren

In den vergangenen Jahrzehnten gab es in Idar-Oberstein selten einen Anlass, der es gerechtfertigt hätte, kollektiv die Champagnerkorken knallen zu lassen. Ohne das Steuergeheimnis berühren zu wollen: Biontech macht möglich, wovon niemand zu träumen gewagt hatte. Ein hochintelligenter Mann liest am Frühstückstisch in einer Fachzeitschrift eine Meldung über einen Virusausbruch in der chinesischen Stadt Wuhan und beginnt ein wenig zu rechnen, wie Ugur Sahin selbst später erzählt.

Dass er gemeinsam mit seiner Frau Özlem Türeci mit einem Corona-Impfstoff zur Rettung der Welt beitragen und Idar-Oberstein als seit 2009 bestehender Biontech-Standort plötzlich mittendrin im Hype um das Biotechnologieunternehmen stehen würde, konnte niemand ahnen. Man hätte dort Jahrzehnte lang ohne spektakuläres Ergebnis im Bereich der Immuntherapien für einen patientenspezifischen Ansatz zur Behandlung von Krebs und anderen schweren Erkrankungen forschen können. Es kam bekanntlich anders, und die Geschichte ist längst noch nicht zu Ende.

Idar-Oberstein nun einfach als Pandemiegewinner abstempeln zu wollen, wäre unfair. Wir haben verdient, was da jetzt passiert. Die geduldigen und zum Verwalten statt zum Gestalten verdammten Stadtratsmitglieder haben es verdient. Auch Oberbürgermeister Frank Frühauf mit seinem Team in der Verwaltung hat das verdient: Glück muss man haben, ein Gespür für Wirtschaft, einen siebten Sinn, langen Atem und unternehmerische Qualitäten. All das hat Frühauf definitiv: Und so kann man in diesem Fall vom Glück des Tüchtigen und Beharrlichen reden. Der unerwartet starke Geldregen bietet einer leidgeprüften, chronisch verschuldeten und deshalb vom Zuschusstropf abhängigen Stadt ein Füllhorn an Möglichkeiten. Auch der gesamte Landkreis Birkenfeld wird mit etwas Verzögerung über die Umlage enorm profitieren. Den Mangel zu verwalten, da hat man Routine. Plötzlich im Geld zu schwimmen, da muss man aufpassen, nicht in einen gefährlichen Strudel hineinzugeraten. Städte wie Ludwigshafen, die erst in Geld badeten und plötzlich auf dem Trockenen saßen, können als Negativbeispiel dienen. Den Sechser im Lotto dürfen wir in Idar-Oberstein feiern – danach muss mit ruhiger Hand und klarem Verstand weitergearbeitet werden, ohne das Wesentliche aus den Augen zu verlieren und in Größenwahn zu verfallen. Schuldendienst und Investitionen in die Infrastruktur sind die vordringlichsten Hausaufgaben. Die Stadt nachhaltig zu entwickeln, vor allem für Familien mit Kindern und Jugendlichen attraktiv und lebenswert zu machen: Auch das muss Priorität haben, ohne andere Gruppen zu vernachlässigen.Es geht um eine historische Chance, die sich nicht in Grabenkämpfen nach Parteifarben und deren Wunschzettel verlieren darf. Biontech wird weiterwachsen und neue Mitarbeiter einstellen, es wird Rückkehrer in die Region geben, dazu kommt bald die Polymer-Ansiedlung. „Wo Tauben sind, da fliegen Tauben zu“, sagt ein Sprichwort. Aber nur dann, wenn man bescheiden bleibt – und auch den Spatz in der Hand weiter schätzt.

E-Mail an vera.mueller @rhein-zeitung.net

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