Das Urteil: Im Zweifel für den Angeklagten – Keine Indizien für ein Ausweichmanöver
Der Vorwurf lautete fahrlässige Tötung und fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs: Nach einem zweieinhalbstündigen Prozess am Amtsgericht im Februar dieses Jahres verkündete Richterin Denise Frick am 12. Februar 2020 das Urteil: 240 Tagessätze zu jeweils 30 Euro muss der Mann, der aktuell nach eigenen Angaben von einem größeren Kasinogewinn lebt, bezahlen. Außerdem wurde ihm ein dreimonatiges Fahrverbot auferlegt, und er muss die Kosten des Verfahrens samt Nebenklage bezahlen.
Der Mann lebt seit 20 Jahren in Deutschland, beherrscht die Sprache aber nur sehr schlecht. Seine Einlassungen und Entschuldigungen wirkten sehr zurückhaltend und teilweise unglaubwürdig, wie auch Martin Säzler, der die Nebenklage der beim Prozess anwesenden Witwe des Opfers vertrat, damals anmerkte. Ein Beispiel hierfür: Man möge ihm den Führerschein lassen, er habe eine Partnerin in Köln, die er regelmäßig besuchen wolle. Der Verteidiger erklärte im Namen des Angeklagten: Er sei am Tattag, dem 10. Juni 2019, gegen 9.30 Uhr mit seinem Audi A 4 auf der B 41 unterwegs gewesen. Sein Reiseziel war Köln. Er könne zum Unfallhergang nicht viel sagen: außer, dass er einem Tier habe ausweichen wollen. Ob Reh oder Igel oder was auch immer, das wisse er nicht mehr. Der Mann dementierte klar die Annahme, er habe auf der Fahrbahn wenden wollen. Er räumte ein, dass er den hinter ihm auf der linken der beiden Richtungsfahrbahnen befindlichen Motorradfahrer übersehen habe. Nachfragen vonseiten der Richterin, des Bad Kreuznacher Staatsanwalts Heinrich Schneider und des Nebenklage-Anwalts ließ der Verteidiger in Absprache mit seinem Mandanten nicht zu. Ein Gutachter lieferte einen detaillierten Bericht. Der Motorradfahrer müsse beim Unfall etwa 85 km/h gefahren sein, der Pkw-Fahrer zwischen 10 und 15 km/h. Der Kollisionswinkel habe bei etwa 30 Grad gelegen. Es gebe keinerlei Indizien für ein Ausweichmanöver, und es liege die Vermutung nahe, dass der Angeklagte habe wenden wollen: „Der Motorradfahrer hatte keine Chance auszuweichen.“ Richterin Denise Frick verwies in ihrer Urteilsbegründung auf den juristischen Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. vm