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Kreis Birkenfeld

Der bisher krasseste Fall in der Schülerbeförderung im Kreis Birkenfeld: Kinder irren stundenlang allein umher

Von Kurt Knaudt
Der Knotenpunkt an der IGS Herrstein ist eine der Baustellen im neuen System der Schülerbeförderung. Nach den Herbstferien sollen die dort auftretenden Probleme beseitigt sein, hat das Busunternehmen der Kreisverwaltung versprochen.  Foto: Reiner Drumm
Der Knotenpunkt an der IGS Herrstein ist eine der Baustellen im neuen System der Schülerbeförderung. Nach den Herbstferien sollen die dort auftretenden Probleme beseitigt sein, hat das Busunternehmen der Kreisverwaltung versprochen. Foto: Reiner Drumm

Den 4. Oktober 2022 wird die Familie Reichardt aus Mörschied nie vergessen: Ihr achtjähriger Sohn und Enkel, der nach Schulschluss in Kempfeld eigentlich um etwa 13 Uhr daheim sein soll, kommt nicht. Auch nach einer weiteren Stunde nicht. Vater, Mutter und Großeltern: Sie alle sind in heller Aufregung und malen sich aus, was alles passiert sein könnte. Ist der Junge vielleicht sogar entführt worden?, fragen sie sich verzweifelt.

Lesezeit: 4 Minuten
Weil er und seine gleichaltrige Klassenkameradin nach eigener intensiver Suche unauffindbar bleiben, schalten sie schließlich die Polizei ein. Sie muss nicht eingreifen: Der bisher krasseste Fall bei der Schülerbeförderung im Landkreis Birkenfeld seit Beginn des neuen Schuljahres geht auch ohne ihre Hilfe schließlich doch noch gut aus. Längst nicht einziges Vorkommnis Das ...
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Kommentar zum problematischen Bussystem im Kreis Birkenfeld: Nur die Spitze des Eisbergs

Es lässt sich nur erahnen, was bei der Schülerbeförderung seit Beginn des neuen Schuljahres alles schiefläuft. Doch so viel lässt sich sagen: Der Fall in Mörschied ist nur die Spitze des Eisbergs.

Es sind keine Einzelfälle, sondern es besteht ein grundsätzliches Problem. Das ist dadurch entstanden, weil die bis dato relativ reibungslos funktionierende Schülerbeförderung in das neue Linienbussystem eingepasst oder besser gepresst worden ist. Damit nicht genug: Bei der Ausschreibung kamen neue Unternehmen zum Zug.

Mal abgesehen davon, dass es für sie Neuland ist: Wegen der schon vorher bekannten akuten Personalprobleme in dieser Branche war es für sie nahezu unmöglich, die für diese Ausweitung benötigte zusätzliche Anzahl an Busfahrern zu finden. In der Not holten sie unter anderem Verstärkung aus Spanien. Diese Fahrer kennen aber weder Land und Leute noch die deutsche Sprache ausreichend – und werden zudem nicht auf einer Linie, sondern auf wechselnden Strecken eingesetzt.

So ist das Chaos programmiert. Kreisverwaltung und Busunternehmen scheinen sich aufeinander verlassen zu haben, dass es dennoch schon irgendwie laufen wird. Die zentrale Erkenntnis der vergangenen Wochen aber lautet: Es läuft noch nicht mal irgendwie, sondern einfach nur schlecht.

Darunter leidet auch die an sich sinnvolle Erweiterung der Buslinien. Denn die Eltern verbinden diese damit, dass es seitdem bei der Schülerbeförderung hakt – ein erheblicher Imageschaden, der noch dadurch verstärkt wird, dass sie sehen, wie viele (fast) leere Busse durch die Gegend fahren.

Weil das neue System komplex ist, ist es sicher nicht ganz einfach, die Probleme zu bewältigen. Aber was den Kindern und ihren Eltern zugemutet wird, ist untragbar. Da muss dringend etwas geschehen. Die Verantwortlichen sollten dafür die Atempause bis zum Ende der Herbstferien nutzen. So wie jetzt kann und darf es jedenfalls nicht weitergehen.

E-Mail an idar-oberstein@rhein-zeitung.net

Kreisbeigeordneter Bruno Zimmer: Situation ist unerträglich

„Unerträglich“ nannte der Erste Kreisbeigeordnete Bruno Zimmer am Mittwochabend im Ausschuss für Infrastruktur, Wirtschaft, Umwelt und Klimaschutz die Situation in der Schülerbeförderung.

„Neben den Verspätungen, die nicht zuletzt aus der Häufung von Baustellen resultierten, gibt es grundsätzliche Probleme, die wir nicht tolerieren können – etwa, dass ein Bus eine Haltestelle nicht anfährt, sodass Kinder nicht ein- oder aussteigen können“, betont Zimmer auf Anfrage unserer Zeitung.

Dabei handelt es sich nach den Informationen der Kreisverwaltung zwar um Einzelfälle, die aber regelmäßig zu berechtigten Beschwerden führten. „In Kürze“ wollen Zimmer und sein Beigeordnetenkollege Peter Simon Gespräche auf höchster Ebene mit den Busunternehmen führen.

Ziel sei es, „die Mängel mit dem Schulbeginn bis Ende der Herbstferien Anfang November zu beheben“. Zimmer sieht dabei vor allem die Unternehmen in der Pflicht. Es liege in der Natur der Sache, dass es bei einer derart umfangreichen Neuausrichtung des ÖPNV in der Anfangsphase zu Problemen komme, gibt die Kreisverwaltung darüber hinaus in ihrer Antwort auf eine NZ-Anfrage zu bedenken. „Uns bekannte Probleme und Beschwerden werden momentan intensiv mit den Verkehrsunternehmen und dem Rhein-Nahe Nahverkehrsverbund (RNN) abgearbeitet.“

Die Behörde weist zugleich darauf hin, dass das neue Busnetz durch die Ausweitung auf die dreifache Kilometerleistung eine erhebliche Verbesserung der Mobilität der Menschen im Landkreis Birkenfeld bedeute.

Aber welche Erklärung hat sie dafür, dass es bei der Schülerbeförderung nicht mehr rundläuft? Sie führt das darauf zurück, dass es bei der vorgeschriebenen Neuausschreibung der Buslinien zu einem Wechsel der beauftragten Unternehmen kam. Die neuen Betreiber müssten sich mit den bestehenden Strukturen und Abläufen der Schülerbeförderung „natürlich erst vertraut machen und zudem die Herausforderungen durch die gewollte Verknüpfung mit dem obendrein stark erweiterten Linienverkehr bewältigen“.

Es gebe derzeit telefonisch wie auch per E-Mail ein der Größe des Projekts entsprechendes Beschwerdeaufkommen, teilt die Kreisverwaltung mit, ohne Zahlen zu nennen. „Dabei kümmern sich die Sachbearbeiter um jede einzelne Information von den Kunden und stehen dabei in engem Kontakt zu den Verkehrsunternehmen und führen mit ihnen gemeinsam Problemlösungen herbei.“

In enger Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverbund RNN sowie mit den Verkehrsunternehmen seien bereits mehrere Korrekturen an Linienplänen und -verläufen sowie Haltestellenplänen erarbeitet und umgesetzt worden, um so für einen reibungsloseren Ablauf aller angebotenen Fahrten zu sorgen. Man habe zudem einen zusätzlichen Mitarbeiter für die Beschwerdestelle eingesetzt. Oberstes Ziel sei es, gemeinsam mit dem RNN und den Verkehrsunternehmen „die Probleme zu identifizieren, anzusprechen und abzustellen“.

Ein Vorfall wie der am 4. Oktober in Herrstein „dürfte selbstverständlich nicht vorkommen“. Dazu habe das betreffende Busunternehmen umgehend eine Stellungnahme mit Lösungen vorgelegt, „wozu insbesondere eine verlässliche Koordination am Knotenpunkt Herrstein gehört“, betont die Kreisverwaltung abschließend. kuk

Nahe-Zeitung
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