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Kreis Birkenfeld

AfD-Parteitag in der Messe hat ein Nachspiel: Ordnungsamt ermittelt wegen Corona-Verstößen

Von Vera Müller
Das Bündnis gegen Rechts demonstrierte am Samstag gegenüber der Messe Idar-Oberstein, wo die AfD ihren Landesparteitag veranstaltete. Foto: Manfred Greber​
Das Bündnis gegen Rechts demonstrierte am Samstag gegenüber der Messe Idar-Oberstein, wo die AfD ihren Landesparteitag veranstaltete. Foto: Manfred Greber​

Der Präsenzparteitag zur Aufstellung der AfD-Landesliste für die Bundestagswahl im nächsten Jahr in der Messe Idar-Oberstein könnte unangenehme Folgen für die Partei haben. Wie der zuständige Dezernent der Kreisverwaltung Birkenfeld, der Leitende Regierungsdirektor Jürgen Schlöder, auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet, werde zurzeit geprüft, inwieweit die Corona-bedingten Hygieneauflagen, die den Parteitag erst vonseiten der Kreisverwaltung ermöglicht hatten, eingehalten worden seien.

Lesezeit: 1 Minute
Der Südwestrundfunk hatte im Fernsehprogramm über den Parteitag berichtet. Auffällig dabei: In vielen Situationen wurde die Maskenpflicht ignoriert, Masken wurden demonstrativ unterm Kinn getragen, es gab Umarmungen, Abstandsregeln wurden nicht eingehalten – mit dem Verweis, es liege bei den Teilnehmern ein ärztliches Attest vor, dass sie nicht infiziert seien. Die ...
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Linke fordert Messe auf, die Miete der AfD spenden

Idar-Oberstein. Bei seiner Rede anlässlich der Mahnwache, mit der gegen den AfD-Landesparteitag, der am Wochenende in der Messe Idar-Oberstein stattfand, protestiert wurde, forderte Rainer Böß, Landtagskandidat der Partei Die Linke im Kreis Birkenfeld und stellvertretender Vorsitzender der Kreistagsfraktion: „Im Gegensatz zu unserer Mahnwache im Sommer will ich heute gar nicht so sehr auf die demokratiefeindliche AfD eingehen, sondern mich mit den Gesellschaftern der Messe befassen, die erst solche Veranstaltungen möglich machen, und auch einen Vorschlag unterbreiten, wie Veranstaltungen der AfD künftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert werden können.“

Bei der Gründungsversammlung der Messe im Jahre 2009 habe es folgende Gesellschafter gegeben: den Messeverein Idar-Oberstein als größter Gesellschafter, die Stadt Idar-Oberstein, den Landkreis Birkenfeld sowie einige namhafte Firmen. Außerdem habe es noch weitere Geldgeber, die aus verschiedenen Gründen nicht als Gesellschafter fungierten, wie die OIE, die Kreissparkasse Birkenfeld und die Volksbank-Raiffeisenbank Naheland, gegeben. Das Land Rheinland-Pfalz ermöglichte mit einer Förderung von 80 Prozent den Bau der Halle. „Gerade in der Corona-Zeit kann die Messe sicher nicht auf Einnahmen verzichten. Vermutlich hätte sich die Messeleitung einiges anhören müssen, wenn sie die zwei diesjährigen AfD-Veranstaltungen nicht durchgeführt hätte“, sagte Böß. „Aber: Das Überleben der Messe kann man nicht an der von der AfD entrichteten Hallenmiete festmachen.“ Sowohl der Kreis Birkenfeld als auch die Stadt Idar-Oberstein unterstützten die Messe mit Zuschüssen. Zudem halten Kreis und Stadt Sitzungen in der Messehalle ab, und auch durch die ausgegliederte Corona-Abteilung des Gesundheitsamtes erhält die Messe Geld vom Kreis. „Wenn man schon Geld von der AfD nimmt, dann sollte es von der Messeleitung als deutliches Zeichen dafür, dass sie nicht die menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Werte dieser Partei teilt, für sinnvolle Projekte im Kreis gespendet werden, die dem Weltbild der AfD zuwiderlaufen.“

Man könne ein Zeichen setzen, indem die Messeleitung die Hallenmieten der AfD an zum Beispiel die Beiräte für Migration und Integration des Kreises und der Stadt spenden würde, damit diese Veranstaltungen für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit abhalten könnten. „Nicht ganz so deutlich, aber genau so gut und vor allem auch sinnvoll wäre es, wenn die durch die zutiefst frauenfeindliche AfD gezahlte Hallenmiete dem Frauennotruf und dem Frauenhaus, das dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, zugutekäme. Das sollten wir von den Verantwortlichen fordern.“

Grüne: Mit einer Stimme gegen die Corona-Leugner

Idar-Oberstein. Stark vertreten waren Akteure von Bündnis 90/Die Grünen aus dem Kreis bei der Mahnwache des offenen Bündnisses Birkenfeld im Bereich der Messe Idar-Oberstein aus Anlass des AfD-Landesparteitags (die NZ berichtete). Hans-Joachim Billert, Direktkandidat für die Landtagswahl 2021, betonte: „Es ist unerträglich, wenn gerade im Hinblick auf unsere Vergangenheit Menschen in Deutschland die Vergangenheit leugnen oder schönreden und mit den gleichen Methoden wie der braune Mob der Nazizeit unsere demokratische Grundordnung missachten und verachten.“

Die „Querköpfe und Leugner der internationalen Corona-Pandemie“ würden von der AfD missbraucht, um einen größeren Einfluss zu gewinnen und „nichts anderes als Randale“ zu machen. Billert führte weiter aus: „Wir müssen zusammenstehen und mit einer Stimme gegen diese Geschichtsleugner und Querulanten sprechen und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorgehen. Unsere Vergangenheit lehrt uns, aufmerksam und wehrhaft gegen jeden Angriff auf unsere Demokratie vorzugehen. Lasst uns gemeinsam, laut und entschlossen diesen Ewiggestrigen zeigen, was wir von ihrer destruktiven Demagogie halten.“ Eine starke demokratische Zivilgesellschaft sei die wichtigste Säule im Kampf gegen rechts, so Billert.

Monja Roepke, Vorsitzende der grünen Stadtratsfraktion Idar-Oberstein, kommentierte: „Diese Nulldemokraten von der AfD dürfen nun schon zum zweiten Mal die Messehalle mieten. Ich kann die Geschichte nicht mehr hören, über die demokratisch gewählte Partei, der man auch Räume geben muss. Demokratisch gewählt war die NSDAP auch. Was daraus wurde, dürften wir alle wissen. Man hat anscheinend nichts aus der Geschichte gelernt. Niemand kann mehr leugnen, dass die AfD eine antidemokratische Partei ist.“ Es sei eine Schande, dass das Gesundheitsamt mit 50 Mitarbeitern in denselben Räumlichkeiten mit Corona-Leugnern sitzen müsse.

In Wittlich habe zuletzt der gesamte Stadtrat geschlossen gegen die Corona-Rebellen demonstriert und zuvor sogar eine Resolution gegen die Extremisten und Verschwörungstheoretiker in seiner Stadt verabschiedet. Roepke fragte: „Wo ist die Mehrheit unserer Stadtratsmitglieder? Wo ist die Mehrheit unsere Kreistagsmitglieder? Wo sind die Bürgermeister? Wo der Landrat? Fehlanzeige.“

Mikk Schunke, Idar-Obersteiner Bauausschussmitglied für die Grünen, ergänzte: „Es braucht eine klare Abgrenzung. Wir müssen Verantwortung übernehmen. Jetzt! Menschen, die einfach wegsehen, machen sich ebenso schuldig.“ Es mache sie sehr traurig, wenn Menschen sagen, dass sie sich nicht für Politik interessieren, sagte Schunke: „Ich frage mich, ob sie es tatsächlich nicht begriffen haben, dass ihr Desinteresse den Wirkungsgrad unserer Demokratie erheblich schwächen und beschädigen kann.“ Gerade deshalb unterlägen alle der Verpflichtung, zu informieren und alles zu unternehmen, um niemals wieder zuzulassen, dass sich nationalistisches Gedankengut in die Köpfe der Gesellschaft einnistet, betonte sie in ihren Ausführungen zur Mahnwache.

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