Bad Hönningen. SPD und Grüne wollen in Bad Hönningen den Bau von Windkraftanlagen wieder auf die Tagesordnung heben. Ein entsprechender Antrag steht am Mittwoch auf der Tagesordnung des Stadtrats. Damit haben sie eine erste Bürgerinitiative bereits aufgeschreckt.
Zwischen 2011 und 2015 haben mehrere Gruppierungen gegen die geplanten Windkraftanlagen im Bad Hönninger Stadtwald gekämpft. Ralf Lüdecke aus Breitscheid von der Bürgerinitiative „Naturpark leben zwischen Rhein und Wied“ schickte als Reaktion auf die neue Pressemitteilung von SPD und Grünen bereits eine Mail an zahlreiche Politiker mit der Frage: „Soll sich der ganze Ärger nun tatsächlich wiederholen?“
Deutschland soll sich von Energieimporten unabhängig machen
Aus Sicht von SPD und Grünen haben sich die Rahmenbedingungen seit 2011 geändert. Es gibt kahle Stellen im Stadtwald aufgrund des Borkenkäferbefalls, die Auswirkung auf den Artenschutz wird neu gedacht und die Energiewende kann nur gelingen, wenn in den Kommunen entsprechende Projekte umgesetzt werden, meinen die Parteien. Sie verweisen auch darauf, dass Deutschland sich von Energieimporten unabhängig machen und die Preisspirale durchbrochen werden muss. SPD und Grüne sind laut ihrer Mitteilung auch überzeugt, dass „das Bewusstsein für die Notwendigkeit von erneuerbaren Energien in der Bevölkerung weiter gestiegen ist“.
Das glaubt Lüdecke von der BI „Naturpark leben zwischen Rhein und Wied“ nicht. „Wenn das wieder aktuell werden sollte, dann sind die Leute wieder da“, ist er überzeugt mit Blick auf den damaligen Protest. Nein, auch er streitet die Klimaveränderung nicht ab. Er ist jedoch überzeugt, dass die Windkraft das Problem nicht löst. Er verweist auf die Argumente einer Initiative aus Brandenburg, die gegen Windkraftanlagen kämpft. Laut deren Argumentation fehlt eine realistische Kosten-Nutzen-Rechnung von Windkraftanlagen und sie verweisen darauf, dass diese bei Windstille keinen Strom produzieren.
Auch das Speichern der Windenergie in Wasserstoff ist aus deren Sicht keine Lösung, weil eine Rückverstromung nach ihren Angaben nur einen Wirkungsgrad von 20 Prozent hat. Kritisiert wird auch, dass die Carbonfasern aus den Flügeln derzeit noch nicht im Industriemaßstab recycelbar sind. Lüdecke ist zudem überzeugt, dass auch der Bau zahlreicher Anlagen nicht zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes führen würde. Aus seiner Sicht ist zunächst der Autoverkehr und die schlecht gedämmten Häuser in den Blick zu nehmen.
Der Schall der Anlagen ist für Windkraftgegener ein Problem
Auch dass derzeit im Bad Hönninger Stadtwald ohnehin zahlreiche kahle Flächen vorhanden sind, ist für den Windkraftgegner kein Argument. Aus seiner Sicht gehört dort ein Mischwald hin. Er verweist darauf, dass es sich bei dem damals in den Blick genommene Höhenzug um ein Gebiet im Naturpark Rhein-Westerwald handelt, in den aus seiner Sicht ohnehin keine „Industrieanlagen“ gehören. Lüdecke kritisiert zudem, dass „der Schall der Anlagen in Richtung Waldbreitbach geht“.
Aber zeigt nicht der Ukrainekrieg, dass es für Deutschland nicht gut ist, von Energieimporten aus dem Ausland abhängig zu sein? Der Windkraftgegner zeigt sich empört. Aus seiner Sicht dürfe man den Krieg nicht als Argument für den Ausbau der erneuerbaren Energien wie die Windkraft benutzen. „Man kann nicht Dinge fordern, die nicht realistisch sind“, argumentiert Lüdecke. „Selbst wenn man den Ausbau jetzt beschleunigen würde, dann brauchen wir viele Jahre bis eine Wirkung erzielt werden kann.“
Und wie kann dann eine Lösung aus dem energiepolitischen Dilemma aussehen? „Lösungen haben wir nicht“, meint Lüdecke. Aber kann man denn nur gegen etwas sein, braucht man nicht eine Alternative? Lüdecke meint, dass die Atomkraftwerke weiter laufen sollen. „In der Zeit kann man den Dual Fluid Reaktor zur Serienreife weiterentwickeln.“
Sind neue Atomreaktoren die Lösung?
Dual Fluid ist ein Unternehmen, in dem zahlreiche deutsche Wissenschaftler arbeiten, mit einer deutschen Internetseite, aber einem Firmensitz in Kanada. Es verspricht eine Weiterentwicklung der Kernkraft, sie soll sicherer sein als bisherige Atomkraftwerke und ein Teil des entstehenden atomaren Mülls soll recycelt werden können. Laut Internetseite könnte die Serienproduktion im Jahr 2034 starten. Bisher gibt es noch keinen Prototyp. So ein atomaren Reaktor dürfe gerne vor seiner Haustür gebaut werden, sagt Lüdecke. Ach und die deutschen Windkraftanlagenhersteller müssen aus seiner Sicht auch nicht die Segel streichen, sie dürfen ihre Produkte aus seiner Sicht exportieren.
Von unserer Redakteurin Yvonne Stock
Der Stadtrat Bad Hönningen tagt am Mittwoch, 6. April, um 19 Uhr im Ratsaal. Auf der Tagesordnung stehen neben der Windkraft unter anderem ISEK, eine Bike and Ride-Offensive und der geplante Edeka in Rheinbrohl.