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Veränderungen in der evangelischen Kirche: Gemeinden im Kreis müssen mehr zusammenarbeiten

Die evangelische Kirche im Kreis Neuwied steht vor erheblichen Veränderungen. 
Die evangelische Kirche im Kreis Neuwied steht vor erheblichen Veränderungen.  Foto: dpa

Die evangelische Kirche im Kreis Neuwied steht vor erheblichen Veränderungen. Das sagt Superintendent Detlef Kowalski, der seit September 2017 im Amt ist. Wie diese Veränderungen im Detail aussehen werden, könne weder auf Ebene des Kirchenkreises noch von der Kirchenleitung in Düsseldorf gesagt werden. „Das müssen wir gemeinsam entwickeln“, betont Kowalski, der aufgrund der Altersstruktur der Kirche auch Fusionen von Kirchengemeinden nicht ausschließt. Darüber müssten sich die Gemeinden aber selbst verständigen.

Lesezeit: 2 Minuten
Während bei den Katholiken eine „Pfarrei der Zukunft“ die Dekanate ersetzen soll, sieht Kowalski in der evangelischen Kirche die Gemeinden selbst stärker gefordert, Lösungen zu entwickeln, wie ihre Zukunft aussehen könnte. Klar sei aber, dass die Gemeinden über ihre eigenen Grenzen hinausdenken müssten. „Wenn jede Gemeinde nur ihr eigenes Überleben ...
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RZ-Interview: Superintendent Detlef Kowalski über Herausforderungen

Vor fast einem halben Jahr hat Pfarrer Detlef Kowalski das Amt des Superintendenten des Kirchenkreises Wied übernommen. Er führt den Kirchenkreis in einer Zeit der Verunsicherung – und der Chancen. Im RZ-Interview erklärt er, welche Herausforderungen er auf die Kirche zukommen sieht.

Superintendent Detlef Kowalski.
Superintendent Detlef Kowalski.
Foto: Jörg Niebergall

Herr Kowalski, seit fast einem halben Jahr stehen Sie dem Kirchenkreis Wied vor. Wie definieren Sie Ihre Rolle als Superintendent?

Als Superintendent bin ich Begleiter, Berater und natürlich in bestimmten Punkten einfach in der Leitung und verantwortlich dafür, dass gewisse Dinge im Kirchenkreis geregelt werden. Ich versuche, Wege aufzuweisen und die Gemeinden dazu zu bringen, Entscheidungen zu treffen, die wegweisend sind für die Zukunft. Ich glaube angesichts der erheblichen Veränderungen, vor denen wir im kirchlichen Bereich stehen, ist Kommunikation das Ein und Alles. Alle Beteiligten sollten mit möglichst vielen anderen ins Gespräch kommen. Nur so lassen sich Prozesse steuern und sinnvoll miteinander vernetzen. Wenn die einzelnen Ebenen unabhängig voneinander agieren, geht der Gesamthorizont verloren.

Welche konkreten Ziele haben Sie sich für Ihre Superintendentur gesetzt?

Wir bauen ein Haus der evangelischen Kirche, mit dem wir hoffentlich spätestens Anfang nächsten Jahres fertig sind. Damit haben wir ein zentrales Haus des Kirchenkreises. Im neuen Haus werden wir sicherlich an der Kultur des Miteinanders arbeiten müssen. Das ist ein konkretes Vorhaben.

Welche persönlichen Veränderungen bringt es für Sie mit sich, dass Sie Superintendent sind?

Für mich bedeutet es, dass ich nur noch mit einer 25-Prozent-Stelle Gemeindepfarrer bin. Und das war auch eine schwierige Entscheidung. Denn ich bin mit Leib und Seele Gemeindepfarrer. Es fällt mir echt schwer. Manchmal würde ich lieber Schulgottesdienst machen, als mich in irgendeiner Sitzung mit anderen Dingen zu beschäftigen. Das passiert schon.

Aber Sie bereuen Ihre Entscheidung nicht etwa?

Nein, auf keinen Fall. Weil ich merke, dass es auf der Ebene des Superintendenten Gestaltungsspielraum gibt. Ich kann Anregungen geben. In dieser Phase der Veränderungen bin ich mit am Steuer.

Welche Herausforderungen sehen Sie?

Es ist zum Beispiel so, dass die Kirchengemeinden insgesamt älter werden. Das Verhältnis von Beerdigungen und Taufen klafft teilweise um ein Drittel auseinander. Es gibt viel weniger getaufte junge Menschen, und das verändert Gemeinden und Gemeindearbeit.

Kann ein moderner Gottesdienst, beispielsweise mit iPads, ein Ansatz sein, junge Menschen wieder für die Kirche zu begeistern?

Es ist immer schön, wenn so etwas ausprobiert wird, aber es ist eine persönliche Stilfrage. Mich ziehen Sie damit nicht, ich könnte es nicht. Aber ich finde es gut, wenn es ausprobiert wird. Wenn es trägt, macht man es weiter, wenn nicht, lässt man es wieder sein. Aber ich glaube, dass Kirche vom persönlichen Kontakt, die christliche Botschaft von der persönlichen Vermittlung lebt. Der Gottesdienst lebt von biblischen Texten und ihrer Auslegung. Eine Person legt diese mit ihrer persönlichen Sicht, ihrer persönlichen geistlichen Autorität und Verantwortung aus und sagt, wie aus ihrer Sicht die Dinge heute zu verstehen sind. Ich glaube, das ist unersetzlich.

Aber muss Social Media zumindest ein Zusatzangebot sein, das die Kirche nutzt, um präsent zu sein?

Natürlich. Ich benutze Social Media auch selbst, wenn ich Anregungen brauche von Kollegen, die es anders machen. Aber das ist nicht das Entscheidende. Sondern die persönliche Vermittlung, das Einstehen für die Botschaften.

Aber warum verfängt das nicht mehr bei den Jugendlichen?

Es gibt ein unglaublich großes Angebot, und da sind wir als Kirche ein Anbieter unter vielen, und wir haben mitunter auch einfach ein Imageproblem. Wir kommen als verstaubt und alt rüber. Das kann man nicht verleugnen. Und dennoch gibt es Beispiele von Jugendlichen, die sich kirchlich engagieren und ganz viel für sich daraus ziehen. Das sind in unserer Region aber immer kurze Fenster, da man zum Studium oder zur Ausbildung wegmuss und dann erst mal weg ist und erst in einer anderen Lebensphase mit einem anderen Hintergrund zurückkommt. Dann ist eine entscheidende Frage, wie anschlussfähig die Kirchengemeinde ist. Wie erreicht sie die 40-Jährigen, die nach Köln oder Frankfurt pendeln, an einem kostbaren Familiensonntag?

Was hat in diesem Zusammenhang die große Präsenz des Reformationsjahres gebracht? Häufig ist die Rede von den hohen Kosten. Hat das Reformationsjahr denn einen bleibenden Effekt im Kirchenkreis?

Das finde ich schon. Die Gemeinden haben sehr schöne Veranstaltungen gemacht und sind damit sehr in der Öffentlichkeit gewesen. Wir haben uns bemerkbar gemacht. Die Reformationsgottesdienste waren besucht, wie wir es lange nicht kannten. Das war sensationell. Das ist schon ein Zeichen, dass es da ein Bedürfnis gibt.

Wie kann die Kirche davon langfristig profitieren?

Wir haben ein wunderbares Jugendfestival gehabt, das werden wir wiederholen. Wir haben den Reformationsweg ausgewiesen, der über das Jubiläumsjahr hinaus bleibt. Es ist ein frischer Wind in die Gemeinden gekommen – auch über die Öffentlichkeitsarbeit. Wenn wir unsere Dinge bewerben, hat das etwas Gewinnendes.

Also wird die evangelische Kirche in Zukunft öffentlich offensiver auftreten?

Das ist etwas, das ich gerne beibehalten würde. Wir haben das in der Vergangenheit über einen Honorarvertrag geregelt, weil der Kirchenkreis sonst keine Mittel hat. Aber wir müssen überlegen, wie wir dauerhaft eine Öffentlichkeitsarbeit aufbauen können. Dafür habe ich aber noch keine Lösung.

Was gibt Kirche Ihnen persönlich?

Für mich persönlich ist die Kirche der Rahmen, in dem ich die Menschen treffe, die an die gleiche Botschaft glauben. In der Kirche kann ich mich über meinen Glauben verständigen, die Dialogfähigkeit meines Glaubens testen, ihn in seiner Tragfähigkeit für das Leben, seine Alltagsfähigkeit testen. Ich glaube, das geht nur in der Gemeinschaft.

Wie bringen Gläubige Sie zum Nachdenken, geben Ihrem Glauben einen neuen Impuls?

Ich finde es tief bewegend, wenn ich erlebe, wie manche Menschen mit ihren persönlichen Schicksalsschlägen umgehen und das mit ihrem Glauben ausmachen, wie der Glaube ihnen hilft, mit Krankheit, Verlusterfahrungen, Tod, Sterben und Trennung umzugehen. In solchen Situationen bin ich ganz, ganz still und bin froh, dass so etwas geht.

Die Fragen stellte Robin Brand

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