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Neuwied

Sie kamen 2015 als Flüchtlinge in Neuwied an: Wie sich zwei junge Männer etwas aufgebaut haben

Von Ulf Steffenfauseweh
Abood Hamed ist Ende 2015 als Flüchtlinge aus Syrien nach Neuwied gekommen. Heute ist er im dritten Lehrjahr einer Mechatroniker-Ausbildung.
Abood Hamed ist Ende 2015 als Flüchtlinge aus Syrien nach Neuwied gekommen. Heute ist er im dritten Lehrjahr einer Mechatroniker-Ausbildung. Foto: privat

Über die Balkanroute kamen zwei Flüchtlinge Ende 2015 nach Neuwied, wo sie zuerst in der Raiffeisenturnhalle landeten. „Hier ist alles gut. Kein Krieg, dafür Recht und Gerechtigkeit“, erzählten sie damals. Alles gut? Sehen sie das heute auch noch so? Wie ist es ihnen seither ergangen? Wir haben die beiden Syrer nach mehr als vier Jahren wiedergetroffen und uns mit ihnen unterhalten.

Lesezeit: 5 Minuten
Ahmad Othman floh als syrischer Kurde aus Aleppo, Abood Hamed als Assad-Gegner aus Damaskus. Damals konnten die beiden nur Englisch. Heute sprechen sie fließend deutsch. „Die Sprache zu lernen ist das Wichtigste“, sagen beide mit großer Überzeugung. Das ist ihnen offensichtlich gelungen. Und mehr noch: Beide stehen heute auf eigenen Füße. ...
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Fünf Jahre „Wir schaffen das“: Der Kreis Neuwied meistert den Flüchtlingszustrom

Kreis Neuwied. „Wir schaffen das.“ Mit diesem Satz wird Angela Merkel in die Historie eingehen. Daran zweifeln heute weder Befürworter noch Kritiker. Doch werden die Geschichtsschreiber ihn positiv oder negativ bewerten? Die RZ hat sich im Kreis Neuwied auf die Suche gemacht. Die erste Bilanz ist an Rhein und Wied nach fünf Jahren nicht rosarot. Unter dem Strich aber sieht es so aus, dass die Kanzlerin Recht behält.

„Ja, wir haben das geschafft“, sagt Landrat Achim Hallerbach, schränkt aber auch ein, dass es nur dank der vielen ehrenamtlichen Helfer gelungen ist. „Hätten wir sie nicht aktivieren können, hätten wir es nicht geschafft“, glaubt er und erzählt, dass auch in seiner Kreisverwaltung viele Mitarbeiter über sich hinausgewachsen sind, in dem sie freiwillig Zusatztätigkeiten übernahmen.

In der Stadt Neuwied kommt Sozialamtsleiter Wolfgang Hartmann zu einem ähnlichen Fazit: „In Anbetracht der plötzlichen und so nicht absehbaren Entwicklung 2015 haben alle Beteiligten es gemeinsam geschafft“, bilanziert er und verweist ebenfalls auf das große ehrenamtliche Engagement, „ohne dass vieles schwieriger gewesen wäre“, wie er es ausdrückt.

Einig sind sich die führenden Mitarbeiter in Kreis- und Stadtverwaltung zudem, dass bei der behördlichen Bearbeitung Routine eingekehrt ist. „War zu Beginn noch vieles zu improvisieren, ist heute eine abgestimmte, professionelle Arbeit festzustellen“, sagt Hartmann und klingt damit ganz ähnlich wie der Frank Laupichler, der das für Ausländer zuständige Ordnungsamt des Kreises leitet. „Dafür dass es so überraschend kam, lief es überraschend gut“, findet er. Nach fünf Jahren könne man sagen, dass es wieder ein normales Geschäft geworden ist, wenn auch auf höherem Niveau als vor zehn Jahren. Er berichtet, dass die Zahl der Mitarbeiter in der Ausländerbehörde auch um vier Kräfte auf 14 aufgestockt worden ist.

Doch wie sehen die Flüchtlingszahlen aus? Die „Welle“, die den Kreis Neuwied erreichte, ist eindeutig wieder abgeebbt. Vom Höhepunkt 2015, als 1680 Menschen ankamen, über 1033 im Folgejahr hat es sich jetzt wieder auf rund 300 Menschen per anno eingependelt – mit weiter abnehmender Tendenz. Damit ist nahezu das Niveau von 2013 erreicht.

Der größte Teil der Menschen konnte gut untergebracht werden, auch wenn die Situation auf dem Wohnungsmarkt allgemein angespannt und laut Hartmann die Bereitschaft der Vermieter gesunken ist. Große Sammelunterkünfte sind aber jetzt kaum mehr nötig. Die ehemalige Kaserne, die dem Kreis als Asylunterkunft diente, ist abgerissen, das städtische Containercamp in Block deutlich verkleinert worden. Hartmann berichtet, dass hier derzeit noch 64 Menschen leben, für die bis spätestens Herbst andere Unterkünfte zur Verfügung stehen „müssen“. Die Statistik weist weiter aus, dass die meisten Flüchtlinge, die dem Kreis zugewiesen worden sind, aus Eritrea, Iran, Irak und Syrien kamen. Gute 60 Prozent waren männlich, knapp ein Drittel minderjährig in Begleitung der Eltern. Ein als „Gefährder“ eingestufter Mensch lebt laut Hallerbach nicht im Kreis.

Nicht alle Flüchtlinge sind geblieben. So berichtet Laupichler, dass die rund 680 vom Westbalkan stammenden Menschen, „die mit der Welle mitgekommen waren“, nahezu komplett wieder zurück sind. Zudem gab es über Förderprogramme „versüßte“ freiwillige Ausreisen. Allein 2016 waren es 276, in den Folgejahren kamen 140 weitere hinzu. Schließlich hat der Kreis Neuwied 183 Abschiebungen vollzogen und liegt damit laut Hallerbach in Rheinland-Pfalz zusammen mit Montabaur an der Spitze. „Für meine Mitarbeiter ist das der schwierigste und auch unbeliebteste Job. Aber wenn alle Instanzen durchlaufen sind, müssen wir als Ordnungsbehörde auch tätig werden“, stellt Laupichler fest.

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