Windhagen

Hin und Her im Helferdorf in Windhagen: Nach Odyssee geht es in den Einsatz

Von Sandra Fischer
Aus der Luft werden die gewaltigen Dimensionen des Helferdorfes sichtbar. Foto: Christoph Demuth/VG Asbach
Aus der Luft werden die gewaltigen Dimensionen des Helferdorfes sichtbar. Foto: Christoph Demuth/VG Asbach

Das kann doch nur ein Scherz sein: Das war der erste Gedanke von Windhagens Ortsbürgermeister Martin Buchholz und Michael Christ, Chef der VG Asbach, als sie am Mittwochabend gegen 20.30 Uhr vom Wehrleiter der VG Asbach die Nachricht von der Rückkehr der mehr als 700 Einsatzkräfte aus Schleswig-Holstein erhielten (wir berichteten), die im zerstörten Ahrtal helfen sollen.

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Die Rettungskräfte sollten ursprünglich am Nürburgring stationiert werden, wurden aber dann nach Windhagen umgeleitet, weil es am Ring zu voll sei. In der Nacht zu Mittwoch erreichten sie Windhagen, bauten dort in Windeseile eine beeindruckende Zeltstadt auf, nur um diese wenige Stunden später wieder abzubauen, um doch zum Nürburgring zu fahren. Doch wiederum wenige Stunden später stand der komplette Trupp wieder in Windhagen auf der Fußmatte, und Buchholz, Christ und Team fingen erneut an mit Stühlerücken. Denn das gerade erst frisch gereinigte Forum musste ein weiteres Mal freigeräumt werden, um als Feldbettlager für die erschöpften Rettungskräfte zu dienen.

„Angespannt“ bezeichnet Buchholz die Stimmung unter den Helfern. „Verständlicherweise, die kommen extra aus Schleswig-Holstein zum Helfen und werden auf der Straße hin- und hergeschickt. Das ist einfach nur demotivierend.“ Die Rettungskräfte, die seit Dienstag unterwegs sind und so schnell wie möglich bei den Aufräumarbeiten mit anpacken wollten, haben zwar wohl endlich ihre Einsatzgebiete zugewiesen bekommen, bisher aber lediglich Windhagen und den Nürburgring gesehen.

„Das Ganze wirkt von außen erst einmal chaotisch“, muss auch Martin Guttchen, Leiter des mobilen Führungsstabes, zugeben, „aber die Organisation ist sehr komplex, und rein logistisch ergibt es Sinn, wenn alle Einsatzkräfte an einem Ort gebündelt sind, also in diesem Fall am Nürburgring. Wenn man viele kleine Standorte hat, ist die Logistik bezüglich Essens- und Treibstoffversorgung oder Reinigung der Schutzkleidung schwieriger.“ Letztendlich habe man gestern allerdings dann doch feststellen müssen, dass am Nürburgring nicht genügend Schlafmöglichkeiten vorhanden waren, deshalb die Kehrtwende nach Windhagen. „Der Katastrophenschutz ist sehr hierarchisch aufgebaut, als der Befehl von oben kam, gab es keinen Ermessensspielraum, wir mussten alle Zelte abbrechen.“

Es habe definitiv Kommunikationsschwierigkeiten gegeben, doch Guttchen bricht auch eine Lanze für die Entscheidungsträger des Landes: „Hinter jedem Kugelschreiber steckt ein Mensch. Auch wenn es bis jetzt so aussieht, als ob wir nur das Auf- und Abbauen der Zelte geübt haben, wir schauen nach vorn.“ Nach ein paar Stunden Schlaf war die Stimmung bei den Helfern nicht mehr so angespannt, man sei ausgeruhter, und endlich ging es ins Einsatzgebiet. 250 Helfer sollten am Donnerstag nach Ahrweiler fahren. Welche Aufgaben sie dort zugewiesen bekamen, war zunächst ungewiss. „Es gab keine genaue Anfrage, wir werden eine Straße zugeteilt bekommen und dort die Anwohner fragen, was sie brauchen. Das kann von Keller aufräumen über medizinische Versorgung bis hin zu Sperrmüll an die Straße räumen alles sein“, erklärt Guttchen. Zwei Löschzüge sind außerdem auf dem Flugplatz Ahrweiler abbestellt. Im Schichtdienst sorgen sie dafür, dass der Einsatz der Helikopter, die Lebensmittel vom Nürburgring nach Ahrweiler bringen, einwandfrei funktioniert.

Nach jetzigem Stand sollen die Schleswig-Holsteiner drei Tage im Einsatz und in Windhagen stationiert sein. Das heißt, am Sonntag würden die 710 Helfer wieder nach Hause fahren. Das könne sich natürlich jederzeit – je nach der aktuellen Lage – ändern, weiß Guttchen. Sollten die Rettungskräfte länger im Einsatzgebiet gebraucht werden, werde eine Ablösung organisiert, um die Helfer nicht übermäßig psychisch und physisch zu strapazieren – und auch nicht deren Arbeitgeber, die die Rettungskräfte für den Einsatz freigestellt haben. Doch nun heißt es erst einmal rein ins Katastrophengebiet und helfen. „Denn dafür sind wir ja hier“, so der Leiter des mobilen Führungsstabes.

Von unserer Mitarbeiterin Sandra Fischer