Martin Tingvall begeistert am Flügel im Dianasaal
Neuwied. Der Dianasaal im Schloss Engers ist voll, draußen schönstes Herbstwetter. Die Sonne scheint in die prachtvolle und schönste Rokokoräumlichkeit am Rhein.
Lohnender zumindest fürs Publikum des Neuwieder Jazzfestivals beim abschließenden und drit-ten Solokonzert sind die Töne, die Martin Tingvall dem Steinway-Flügel entlockt. Doch was reizt Leute am schwedischen Wahlhamburger? Intensive Klänge bringt der 44-Jäh-rige hervor mit einer vorwiegend nachdenklichen Grundstimmung und paart technische Brillanz mit Kompositionskunst. Zum Augenschließen animiert Tingvalls Performance auf jeden Fall. Doch sehr wache Momente mit sehr rhythmischen und perkussiven Einlagen sowie mit motorischer Intensität reißen den Zuhörer immer wieder aus seinen Träumen. Pure Melancholie verströmt der unter die Haut gehende „Letzte Tanz des Abends“. Tingvall schafft es, seinen eigenen Kosmos zum Klingen zu bringen, und zeigt einmal mehr: Weniger ist mehr. Des Tonkünstlers Bedenken, der Flügel, den er als hervorragend zu spielen bezeichnet, würde bei intensiven Tastengewittern wie im Titel „A Blues“ zumindest in den vorderen Zuhörerreihen zu laut klingen, bestätigt sich nicht. Krachende Cluster und Akkorde kommen in der Eigenkomposition „Die Mücke, die nicht streben wollte“ bestens rüber. Die Ideen, oft einfache Melodien, quellen einfach aus ihm heraus. Tingvall greift sie auf, entwickelt sie weiter und sieht, ob sie etwas taugen. Das Ende ist offen. Und er merkt, dass sie etwas mit ihm machen. Profitierend vom melodisch-harmonischen Überraschungsreichtum der schwedischen Volksmusik, integriert er zum krönenden Schluss „En stjärna faller“ (fallender Stern) Kinder- oder Schlafliedartiges. Künstler und Publikum sind begeistert. Bravo! sch