Kommentar: Das Ende der grünen Unschuld
Ralf Seemann ist ein respektabler Kandidat. Keine Frage. Er bringt jahrzehntelange kommunal-politische Erfahrung mit, und die ist in diesem Job wichtig.
Für seine Partei jedoch ist die Nominierung ein Fiasko. Sie ist das Ende der grünen Unschuld. Der politische Gegner wird der Partei das auf Jahre vorhalten, sie damit immer wieder piesacken. Zu Recht: Immer wieder hatten die Grünen CDU und SPD heftig dafür kritisiert, verdiente Parteimitglieder mit Posten zu belohnen. Sie wollten es anders machen: „Qualifikation vor Parteibuch“ war versprochen. Und mehr noch: Kein Mitglied der Fraktion würde das gut dotierte Amt anstreben, hieß es. Jetzt der Wortbruch. Und das bei der ersten Gelegenheit. Zum ersten Mal sitzen die Grünen in Neuwied „in der Regierung“, und sie können den Fleischtöpfen offenbar nicht widerstehen. Adenauer mag mit einer „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“-Politik durchgekommen sein. Im 21. Jahrhundert geht das nicht mehr. Vor allem nicht, wenn man vorher die Moral so hoch vor sich hergetragen hat.