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Region Linz

Dem nördlichen Kreis Neuwied gehen die Ärzte aus: Ist die Versorgung noch gesichert?

Von Sabine Nitsch
Die Wartezeit für einen Termin beim Facharzt ist für Kassenpatienten im Norden des Kreises bereits jetzt häufig lang. In absehbarer Zeit gehen zudem noch sehr viele Ärzte in den Ruhestand.
Die Wartezeit für einen Termin beim Facharzt ist für Kassenpatienten im Norden des Kreises bereits jetzt häufig lang. In absehbarer Zeit gehen zudem noch sehr viele Ärzte in den Ruhestand. Foto: dpa/Ole Spata

Ab 2022 werden mehr als die Hälfte der Ärzte im Kreis Neuwied in den Ruhestand gehen. Nachfolger sind nur wenige in Sicht. Bereits jetzt sind die Wartezeiten für einem Termin bei Fachärzten lang. Manche Hausärzte, aber vor allem Fachärzte, nehmen gar keine neuen Patienten mehr an. Gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen in die Region. Wie kann die ärztliche Versorgung in Zukunft noch sichergestellt werden?

Lesezeit: 3 Minuten
„Bereits jetzt ist absehbar, dass viele Ärzte keine jungen Kollegen als Nachfolger finden“, sorgt sich der Neuwieder Landrat Achim Hallerbach. „Der Ärztemangel ist vorprogrammiert.“ Noch bewegt sich das Thema Ärztemangel in der Region – zumindest statistisch gesehen – in der Theorie. Aktuell ist die ärztliche Versorgung, wie der Kreis in ...
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Wie könnte die Medizin der Zukunft aussehen?

Um die medizinische Versorgung in Zukunft sicher zu stellen, müssen neue Wege gesucht werden. Landrat Achim Hallerbach sieht einen Lösungsweg in der Digitalisierung. Telemedizin – von der Überwachung bis hin zur Diagnose und Begleitung von therapeutischen Maßnahmen – nennt er als Stichwort.

Der Kreis hat sich bereits für das Förderprogramm „Smarte LandRegion“ beworben. Den Zuschlag hat er nicht bekommen, er darf aber trotzdem mit rund 200.000 Euro Förderung rechnen, die in den Aufbau smarter Gesundheitsstrukturen fließen sollen. Die Stadt Linz ist anerkannte Smart City und will jetzt ein digitales Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) aufbauen. „Wir wollen Anreize und moderne Arbeitsbedingungen schaffen“, sagt Stadtbürgermeister Hans Georg Faust, der selbst Mediziner ist und stellvertretender Vorsitzender des Bundesausschusses für Gesundheit war. „Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) müsste vor diesem Hintergrund dringend ihre starren Strukturen überdenken.“ In der Digitalisierung sieht auch Prof. Martin Bleckwenn aus Linz, der an der Universität Leipzig den Lehrstuhl für Allgemeinmedizin innehat, einen wichtigen Baustein für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in der Zukunft. Vor allem prognostiziert er, dass die Gesundheitsversorgung sich komplett wandeln wird. „Wir brauchen Strukturen, die es attraktiv machen, dass Ärzte ihren Kassenarztsitz hierher verlegen“, meint Bleckwenn. „Wir sind im Wettbewerb mit andern Regionen.“ MVZ sind aus seiner Sicht eine Möglichkeit. 90 Prozent der Medizinstudenten sind laut ihm weiblich. „Selbstständigkeit ist vor dem Hintergrund der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht unbedingt attraktiv“, meint er. Es brauche zudem einen Mediziner, der sich darum kümmert, dass alle Stellen besetzt werden können. „Die ganze Region sollte von einem Organisationspool betreut werden“, meint er. Apropos Telemedizin. Hier stellt sich die Frage, ob die Versorgung mit schnellem Internet überall so weit fortgeschritten ist, dass alle Menschen online behandelt werden können. „Da werden gerade noch die Lücken geschlossen“, sagt Hallerbach.

Ärztemangel im Kreis Neuwied: Vereinigung fordert Abschaffung der Zulassungsbeschränkungen

Ein Ärztemangel ist absehbar im Kreis, weil viele bald in den Ruhestand gehen. Gleichzeitig ziehen mehr Menschen zu. Die RZ fragte die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz nach ihren Lösungen für den medizinischen Engpass und den Hintergründen.

Wie will die KV RLP dem Ärztemangel begegnen?

Mit Informations- und Beratungsangeboten und -Veranstaltungen zeigt die KV RLP Medizinstudierenden schon frühzeitig die vielfältigen Möglichkeiten im Vertragsarztwesen auf. Ergänzend werden mit der finanziellen Förderung von Famulaturen Anreize gesetzt, dass bereits Medizinstudierende den Praxisalltag in rheinland-pfälzischen Praxen kennen und schätzen lernen. Mit einem sehr umfangreichen Beratungsangebot begleitet die KV RLP angehende, niedergelassene und angestellte Ärzte bei allen Fragen rund um den Einstieg in die ambulante Versorgung und die Praxisführung. Unterstützt werden Niedergelassene auch, wenn Sie mit der Gründung von Berufsausübungsgemeinschaften oder Medizinischen Versorgungszentren, Praxisformen schaffen, die den Bedürfnissen einer neuen Medizinergeneration entsprechen. Mit einer finanziellen Förderung der Facharztweiterbildung unterstützt die KV RLP die Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses. Mit dem Strukturfonds werden mit finanziellen Förderungen bis zu jeweils 39.000 Euro Anreize gesetzt, sich in ausgewählten Regionen von RLP niederzulassen oder Ärzte anzustellen.

Wie kann die ärztliche Versorgung sichergestellt werden?

Mit ihren umfangreichen Maßnahmen können die Kassenärztlichen Vereinigungen ihr Bundesland lediglich als attraktive Region und sich selbst als attraktiver Dienstleister beim Werben um Vertragsärzte präsentieren. Die Beseitigung der Ursachen für den aktuellen Ärztemangel liegt jedoch nicht in deren Macht. Diesbezüglich sind die gesetzgebenden Institutionen gefragt, etwa eine dem Bedarf entsprechende Zahl von Medizinstudienplätzen anzubieten und durch Entbürokratisierung und Abschaffung von Regressgefahren die Attraktivität für den Arztberuf zu steigern.

Muss im Hinblick auf Zulassungsbeschränkungen umgedacht werden ?

Zulassungsbeschränkungen wurden in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts geschaffen um eine Ärzteschwemme zu verhindern. Heute in Zeiten des Ärztemangels sind sowohl Zulassungsbeschränkungen als auch die Budgetierung von ärztlichen Leistungen Instrumente, die eine Niederlassung häufig verhindern oder erschweren. Die KV RLP fordert daher die Abschaffung sowohl der Zulassungsbeschränkungen als auch der Budgetierung mindestens für die grundversorgenden Fachgebiete.

Die Fragen stellte Sabine Nitsch

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