In einer Reihe Freiland-Paludarien hinter dem Avimundo, der Vogelstation des Zoos, tummeln sich seit ein paar Wochen zwölf einheimische Würfelnattern. „Die Paludarien sind sozusagen eine Mischung aus Terrarium und Aquarium, haben also einen Land- und einen Wasserteil“, erklärt David Otte, der im Zoo Neuwied als Obertierpfleger arbeitet. „Würfelnattern sind stärker ans Wasser gebunden als die viel häufigeren und daher bekannteren Ringelnattern. Ihre Nahrung besteht fast vollständig aus kleinen Fischen“, weiß er zu berichten.
Populationen in Deutschland beschränkt
Die Würfelnatter hat ein großes Verbreitungsgebiet in Europa und Asien, ihre letzten natürlichen Vorkommen in Deutschland sind jedoch auf drei kleine, isolierte Populationen in Rheinland-Pfalz beschränkt, so Otte. „Die Würfelnatter hat sehr spezielle Lebensraumansprüche und reagiert sehr empfindlich auf Veränderungen ihrer Umwelt, passt sich nur langsam an“, erklärt Otte. „Das größte der drei deutschen Vorkommen liegt an der Lahn, mit Schwerpunkt auf dem Naturschutzgebiet Schleuse Hollerich. Dort findet sie ideale Bedingungen vor. Allerdings ist die Lahn eine Bundeswasserstraße, und die Wehranlage in Hollerich muss neu gebaut werden. Dies könnte zur Beeinträchtigung der dortigen Würfelnatterpopulation führen.“
Ersatzlebensräume geschaffen
Um negative Auswirkungen zu verhindern, hat das für die Baumaßnahme verantwortliche Wasserstraßen-Neubauamt Heidelberg in Abstimmung mit der oberen Naturschutzbehörde und der Bundesanstalt für Gewässerkunde artenschutzrechtliche Maßnahmen geplant. Bereits seit 2021 wurden sukzessive Ersatzlebensräume mit geeigneten Jagdgründen, Eiablageplätzen und Überwinterungsquartieren für die scheuen Schlangen in Friedrichssegen und Nievern geschaffen. Reptilienfachmann Otte weiß jedoch: „Die Umsiedelung ausgewachsener Reptilien ist kaum erfolgversprechend. Die Tiere wandern wieder ab oder kommen nicht mit den neuen Bedingungen zurecht und sterben.“
Eier bleiben bis zum Schlüpfen in Einrichtung
Zusammen mit der Würfelnatterexpertin Sigrid Lenz wurde daher der Plan entwickelt, trächtige Weibchen aus dem Naturschutzgebiet Schleuse Hollerich zu fangen und vorübergehend in eigens zu diesem Zweck angelegten Freiland-Paludarien im Zoo Neuwied zu halten. Dort sollen die Weibchen in den nächsten Wochen ihre Eier ablegen. Anschließend werden sie wieder an ihrem Fundort freigelassen. Die Eier bleiben bis zum Schlupf der Jungtiere im Zoo Neuwied. „Erfahrungen haben gezeigt, dass die Umsiedelung junger Schlangen mit etwa einem Jahr am erfolgversprechendsten ist. Daher werden wir die Jungtiere hier pflegen und überwintern, bis sie im Frühjahr in die angelegten Ersatzlebensräume an der Lahn entlassen werden, wo sie hoffentlich eine stabile neue Population begründen“, hofft Obertierpfleger David Otte.