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Cochem

Warum gibt es so wenig Frauen in politischen Gremien? Die RZ hat nachgefragt

Von Petra Mix
Von allen hoch geschätzt und gemocht: Carola Stern-Gilbaya war 25 Jahre lang Beigeordnete der Stadt Cochem. Sie hat diese Zeit genossen, konnte sich immer auf ihre Wähler verlassen.  Fotos: Kevin Rühle
Von allen hoch geschätzt und gemocht: Carola Stern-Gilbaya war 25 Jahre lang Beigeordnete der Stadt Cochem. Sie hat diese Zeit genossen, konnte sich immer auf ihre Wähler verlassen. Fotos: Kevin Rühle Foto: Kevin Rühle

Die Kommunalwahl ist vorbei. Und wieder einmal werden Frauennamen schmerzlich vermisst. Trotz aller Versuche der Parteien, mehr jüngere Frauen aufzustellen, die dann auch gewählt werden – da waren bei dieser Wahl vor allem die CDU und die SPD sehr bemüht – hat es am Ende nicht das erhoffte Ergebnis gebracht.

Lesezeit: 3 Minuten
Zaudern hilft nichts. „Ich bin sehr betroffen, auch enttäuscht, dass so wenige Frauen es von den Listen dann auch in die Gremien schaffen.“ Das sagt Carola Stern-Gilbaya, die unter anderem „voller Überzeugung und sehr, sehr gern“ 25 Jahre Beigeordnete der Stadt Cochem war. Jetzt hat sich die 76-Jährige aus der ...
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Drei Fragen an die Gleichstellungsbeauftragte Cochem-Zell

Hildegard Brengmann ist die Gleichstellungsbeauftragte Cochem-Zell. Die RZ hat mit ihr über das Thema gesprochen.

1 Wie erklären Sie es sich, dass es Frauen immer noch schwer haben, in den Rat gewählt zu werden?

Wir leben in einer modernen Gesellschaft, in der die Räte ein Spiegelbild der Gesellschaft sein sollen, in denen sowohl Frauen und Männer als auch die junge und alte Generation vertreten sind. Wenngleich in den letzten Jahren ein Umdenken in den Geschlechterrollen stattgefunden hat, sind auch nach 100 Jahren aktivem und passivem Frauenwahlrecht immer noch mehr Männer als Frauen in die Räte gewählt worden.

2 Was muss dringend geschehen, damit sich das ändert?

Zumindest bei der Verhältniswahl sind die Parteien im Rahmen der Listenaufstellung gefragt, Frauen vorzuschlagen. Denn nur wenn Frauen vorgeschlagen sind, können diese auch gewählt werden. Schaut man sich die Listen einiger Parteien und Gruppierungen an, wurden die Frauen hier nicht immer hinreichend berücksichtigt. Hier sind die Parteien und Gruppierungen gefordert, auf Frauen zuzugehen und diese für ein politisches Engagement zu begeistern. Der Blick sollte verstärkt auf die Gestaltungsmöglichkeiten gelenkt werden. Durch die personenbezogene Wahl haben die Wähler sprichwörtlich die Qual der Wahl. Doch obwohl über 50 Prozent der Bevölkerung weiblich sind, können Frauen sich oftmals nicht gegen die Männer durchsetzen. Letztendlich entscheidet hier der Wille der Bürgerinnen und Bürger. Ein weiterer Grund mag sein, dass junge Frauen mit Kindern heute frühzeitig wieder in ihren Beruf einsteigen möchten. Familie und Beruf zu vereinbaren, stellt eine große Herausforderung dar, sodass meist nicht mehr viel Zeit für ein Ehrenamt bleibt.

3 Mangelt es den Frauen an Selbstvertrauen – oder schreckt die teils männliche Überheblichkeit sie ab?

Die moderne Frau von heute steht gut ausgebildet und selbstbewusst im Leben – sowohl beruflich als auch familiär. Dennoch sollten Frauen noch selbstsicherer zeigen, dass sie sich kommunalpolitisch einbringen möchten und dies auch können. In den Räten selbst werden Frauen mittlerweile auch von den männlichen Ratskollegen akzeptiert. Hier zählen die Meinung und das Engagement – nicht das Geschlecht. Schaut man sich das Engagement einiger Kolleginnen der Kreisverwaltung an – so sieht man, dass auch Frauen in der Kommunalpolitik sein können. So sind allein elf jüngere Mitarbeiterinnen der Kreisverwaltung in Räten auf Gemeinde-, Stadt und Verbandsgemeindeebene vertreten. Kommunalpolitik braucht den Blick der Frauen – denn Frauen können Kommunalpolitik in allen Bereichen. Deshalb sollten Frauen dies auch Frauen zutrauen.

Warum gibt es so wenig Frauen in politischen Gremien?

Wie Kandidaten die Lage beurteilen – Die RZ hat sich im Landkreis umgehört

Trotz jahrelanger Bemühungen um Gleichberechtigung, sitzen in den politischen Gremien im Landkreis immer noch deutlich mehr Männer als Frauen. Es gibt sogar Orte, in denen überhaupt keine Frauen im Rat vertreten sind. Obwohl einige Orte sogar „weiblich regiert“ werden, spiegeln die Wahlergebnisse nicht die Realität wider. Denn rund die Hälfte der Bevölkerung im Landkreis ist weiblich. Woran liegt es also, dass Frauen nur selten Politik machen?

„Es gibt immer noch deutlich weniger Frauen, die für ein politisches Amt kandidieren“, sagt Simone Nick aus Lütz. Sie sitzt seit der vorigen Kommunalwahl als einzige Frau im Gemeinderat des Hunsrückdorfes, wurde jüngst aber mit Zweidrittelmehrheit zur Bürgermeisterin gewählt. Persönlich hat die 42-Jährige gute Erfahrungen im Umgang mit den männlichen Kollegen gemacht. „Es ist nicht so, dass man als Frau nicht ernst genommen wird“, sagt die Bauingenieurin, die sich auch beruflich in einer Männerwelt durchsetzen kann. Allerdings stellt sie immer wieder fest, dass viele Frauen sich ein politisches Amt nicht zutrauen. „Dabei sind Frauen durchaus engagiert wie man in den Ausschüssen der Kitas und Schulen sehen kann“, sagt sie. Das Bild, das Politik Männersache sei, hält sich ihrer Meinung nach aber sowohl in den Köpfen von Männern als auch von Frauen hartnäckig und spiegelt sich dann bei den Wahlen wider. Persönlich bedauert die Lützerin das und würde sich mehr weibliche Unterstützung wünschen. „Jedes Geschlecht hat seine Ansichten, die sollten auch in den Räten gleichberechtigt vertreten sein“ sagt sie.

Auch Ingrid Bäumler kann auf positive Erfahrungen in der politischen Arbeit zurückblicken. „Ich bin ein Kind der 1968er und seit meiner Jugend politisch engagiert,“ sagt sie. Bäumler stand als Kandidatin bei den Grünen weit oben auf der Liste, wurde von Platz drei sogar auf zwei hochgewählt. In ihrer Fraktion, sagt sie, lege man Wert darauf, engagierte Frauen in politischen Ämtern zu unterstützen. „Allerdings kostet politische Arbeit auch viel Zeit“, sagt sie. Die 62-Jährige kann sich vorstellen, dass viele Frauen gar nicht erst antreten, weil sie mit Arbeiten um Haus und Familie, die meistens immer noch an den Frauen hängen bleiben, genug zu tun haben.

Mit einer Mehrheit von 92,6 Prozent wurde Martina Geers aus Eulgem zur neuen Bürgermeisterin gewählt. Man traut der 49-Jährigen, die erst seit drei Jahren politisch aktiv ist, das Amt offenbar zu. In den Gemeinderat ist sie ursprünglich eher zufällig gekommen. Als Ersatzperson rückte sie in der laufenden Wahlperiode nach und wurde prompt zur Ersten Beigeordneten gewählt. Nachdem die amtierende Bürgermeisterin ihr Amt im Februar aus gesundheitlichen Gründen niederlegte, hat Geers die Arbeit kommissarisch übernommen und schon einmal ins Amt hinein geschnuppert. Ganz bewusst hat sie dann in Eulgem kandidiert. „Weil wir erst 12 Jahre hier wohnen und mich vielleicht nicht alle kennen, habe ich aktiv für mich geworben“, sagt sie. Und zwar mit Flugblättern, die sie in den Briefkästen verteilte. Die Geschicke der Gemeinde wird sie allerdings ohne weitere weibliche Unterstützung lenken müssen. Denn die einzige weitere weibliche Bewerberin hat es nicht in den Rat geschafft. Insgesamt sieht auch Martina Geers den Grund für den Frauenmangel darin, dass die Arbeit im Gremium neben Beruf, Haushalt und Familie vielen Frauen einfach zu viel ist. upw

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