Wird es überhaupt irgendwann wieder so etwas wie Normalität geben, oder wird gerade die Angst vor dem Unberechenbaren zu dem werden, was wir als normal bezeichnen müssen? Es stellen sich uns viele Fragen, auf die wir keine Antwort entdecken. In diese Situation hinein sagt das christliche Osterfest: Es gibt eine Zukunft, auch wenn wir sie noch nicht erkennen oder im Einzelnen beschreiben können.
In einem immer wieder neu lesenswerten Schreiben hat Papst Benedikt XVI. vor einigen Jahren seine Gedanken über christliche Haltung der Hoffnung formuliert. In einer Zeit, in der es nicht mehr selbstverständlich ist, dass Menschen glauben, können uns manche Erfahrungen aus einer Zeit helfen, wo es noch nicht selbstverständlich war, an Jesus Christus zu glauben.
In Rom zum Beispiel haben wir eine ganze Reihe von Zeugnissen für das Lebensgefühl vieler Menschen in einer Zeit, in der sie noch nichts von Jesus Christus gehört hatten. So bringt eine antike Grabinschrift, die Benedikt anführt, das Gefühl der Flüchtigkeit des Lebens, die kaum einen Sinn erkennen lässt, mit den Worten zum Ausdruck: „Wie schnell fallen wir vom Nichts ins Nichts zurück“. Dieser antiken Grabinschrift stehen in Rom die Gräber der Christen in den Katakomben gegenüber, die alle von Sieg und Leben sprechen. Hier wird „als das Unterscheidende der Christen“ deutlich, „dass sie Zukunft haben“.
Papst Benedikt schrieb in seiner Enzyklika dazu: „Nicht, als ob sie im Einzelnen wüssten, was ihnen bevorsteht; wohl aber wissen sie im Ganzen, dass ihr Leben nicht ins Leere läuft“. Als sich kurz nach dem Ende der Christenverfolgungen im römischen Reich bereits zeigte, wie viele diesen Glauben der Christen bereits angenommen hatten, erklärte der Heilige Ambrosius als Bischof von Mailand.
„Das Vorzügliche des Glaubens der Christen besteht nicht darin, dass sie glauben, dass Christus gestorben ist, sondern dass sie glauben, dass er auferstanden ist. Denn dass er gestorben ist, dass glaubt auch der Heide und macht es dem Christen zum Vorwurf, dass er an einen am Kreuz Gestorbenen als seinen Gott glaubt. Der Vorzug und Wert unseres Glaubens besteht also darin, dass wir glauben, dass Christus von den Toten auferstanden ist, und hoffen, dass wir durch Christus auferstehen werden. Das ist der Glanz unseres Glaubens.“ Und genau das feiern wir Ostern: den Grund unserer Hoffnung auf Zukunft.
Nun könnte man einwenden: Was nützt mir dieses Vertrösten auf ein schöneres Leben im Jenseits? Darum geht es nicht! Gerade Christen in Zeiten der Verfolgung hatten zunächst und vor allem die Gegenwart im Blick, die bewältigt werden musste. Das schafft aber nur, wer eine Zukunft sieht. Darum haben sich die frühen Christen nicht an Spekulationen beteiligt, wie das nun genau aussehen könnte im Ewigen Leben. Sie haben die Kraft der Hoffnung in sich wirken lassen, die die Gegenwart verändert.
So heißt es im genannten Schreiben: „Die dunkle Tür der Zeit, der Zukunft ist aufgesprengt. Wer Hoffnung hat, lebt anders; ihm ist ein neues Leben geschenkt worden“. Es geht also nicht nur um ein Leben nach dem Tod – das auch –, sondern um ein neues, von der Haltung der Hoffnung geprägtes Leben hier und jetzt. Darum brauchen wir Ostern.
Darum feiern wir Ostern, damit wir nicht vergessen: Es gibt jemand, der auch die letzte große Dunkelheit ganz durchschritten hat und hinter dem her es auch für uns einen Weg durch jede Dunkelheit hindurch gibt. Durch den Auferstandenen können wir glauben und sagen: Wir haben Zukunft und zwar wirklich immer! Deshalb bleiben wir nicht frustriert sitzen und warten, was noch Schlimmeres kommen kann, sondern wir wollen unsere Hoffnung teilen, der Welt mitteilen. Denn: „Wer Hoffnung hat, lebt anders“, schöner und besser. Darum: Frohe Ostern!