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Kreis Altenkirchen

Nichts „heulte“ im Kreis Altenkirchen: Darum blieben die Sirenen stumm

Von Andreas Neuser
Auch von der Sirene auf dem Dach des Rathauses in Flammersfeld war gestern um 11 Uhr nichts zu hören. Der bundesweite Warntag lief im Kreis Altenkirchen sehr „geräuschlos“ ab, für die Kreisverwaltung macht der Einsatz von Sirenen zur Warnung aktuell keinen Sinn.  Foto: Heinz-Günter Augst
Auch von der Sirene auf dem Dach des Rathauses in Flammersfeld war gestern um 11 Uhr nichts zu hören. Der bundesweite Warntag lief im Kreis Altenkirchen sehr „geräuschlos“ ab, für die Kreisverwaltung macht der Einsatz von Sirenen zur Warnung aktuell keinen Sinn. Foto: Heinz-Günter Augst

Er war groß angekündigt worden, der bundesweit erste Warntag seit 30 Jahren. Und dann das: Nicht nur im AK-Land lief die Aktion relativ „geräuschlos“ ab. Von heulenden Sirenen war nichts zu hören, Hinweise über Warn-Apps wie „Katwarn“ oder „Nina“ kamen bei vielen verzögert, bei anderen sogar gar nicht an. Doch woran lag es, dass Warnsysteme offenbar nicht so ausgelegt sind, dass sie im Ernstfall auch funktionieren. Auf Nachfrage bei der Kreisverwaltung Altenkirchen räumte diese ein, dass nicht alle Kommunen Sirenen-Alarm ausgelöst hätten, worüber im Vorfeld nicht ausreichend informiert worden sei. „Nicht nur im Kreis Altenkirchen, auch beispielsweise im Westerwaldkreis, in den Landkreisen Birkenfeld, Rhein-Lahn, Rhein-Hunsrück und Bad Kreuznach heulten die Sirenen nicht. Dort verfügen nicht alle Sirenenempfänger über die Möglichkeit, den einheitlichen Warnton sowie die Entwarnung umzusetzen. Aufgrund der überregionalen Vorabinformationen über die Medien und einer entstandenen Erwartungshaltung in der Bevölkerung hätte man hier regional detaillierter informieren müssen“, heißt es in einer Pressemitteilung aus dem Kreishaus. Zudem sei aber auch das modulare Warnsystem „Mowas“ nach Auskunft des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) überlastet gewesen.

Lesezeit: 3 Minuten
So wunderte sich Oliver Pfeifer, in der Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain Leiter der Ordnungsbehörde und gestandener Feuerwehrmann, seit zwei Wochen über diesen bundesweiten Alarmtag. „Wir wurden nicht informiert. Ich habe das aus der Presse erfahren. In der VG Betzdorf-Gebhardshain gibt es noch 21 Sirenen zur Alarmierung. Die haben aber nur das Alarmzeichen ...
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Andreas Neuser zum missglückten Warntag

Am Alarmtag die Stille genossen

Stell Dir vor, es ist bundesweiter Alarmtag, und alles bleibt still. So geschehen gestern nicht nur im Kreis Altenkirchen. Um 11 Uhr waren keine Sirenen zu hören, bei Katwarn oder Nina (ist die nett?) ist fraglich, wo da Warnungen ankamen. Und überhaupt, wer wollte denn da in den vergangenen Tagen wen auf den Arm nehmen? Den Personen, die den bundesweiten Warntag so großspurig ausgerufen haben, denen gehört nun eine Handsirene in die Hand gedrückt, sie werden auf ein Dach gesetzt, um bundesweit Alarm zu geben. Ersatzweise ist auch Topfschlagen möglich. Auf jeden Fall zeugt dieser ganze Alarmismus im Vorfeld von einer kompetenten Inkompetenz. Aber nicht nur auf Ebene des Bundes. Dort sollte man eigentlich wissen, dass viele Sirenen nicht mehr an das bundesweite Alarmnetz angeschlossen sind. Denn das gibt es in der früheren Form nicht mehr. Nach 1990 wurde das abgebaut. Der Kalte Krieg wurde damals für beendet erklärt. Aber warum ist beim Kreis oder den Feuerwehren oder im Land niemand aufgestanden und hat gesagt, was ihr da in der Behörde in Bonn plant, das geht nicht?

Auch der Kreis Altenkirchen selbst informierte noch vor wenigen Tagen über den bundesweiten Alarmtag so, als würden hier im Kreis gestern um 11 Uhr alle noch vorhandenen Sirenen loslegen und für ordentlich Lärm sorgen. Es blieb alles stumm. Besorgte Tierschützer hatten ihre Hunde/Katzen angesichts des drohenden Lärms schon in Sicherheit gebracht.

Auf der Facebook-Seite der VG-Feuerwehr Kirchen war gestern Nachmittag zu lesen: „Da uns viele Rückfragen zum #Warntag erreichen, möchten wir nochmals kurz Stellung dazu beziehen. Die Verbandsgemeinde Kirchen und somit auch wir als deren Einrichtung sind nicht für die Planung und Durchführung des #Warntag verantwortlich. Im Kreis Altenkirchen wurde sich für dieses Jahr dazu entschieden, keine Sirenen auszulösen. Dies ist voraussichtlich erst für 2021 geplant. Es sollte im Kreis lediglich die Katwarn-Deutschland ausgelöst werden.“ Erstaunlich ist schon, wie umfänglich der Kreis gestern am späten Nachmittag erklären konnte, warum die Sirenen nicht heulten. Aber erst kündigt man den Alarmtag an. Hat denn da in der Verwaltung niemand aufgemuckt und den ganzen Alarmismus für Blödsinn erklärt?

E-Mail: andreas.neuser@rhein-zeitung.net

Hintergrund: In der VG Wissen sind keine Sirenen mehr im Einsatz

Im Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rheinland-Pfalz ist nach Informationen der Kreisverwaltung keine Verpflichtung zum Aufbau von Sirenen enthalten. Dies war bei Erlass dieses Gesetzes im Jahr 1981 nicht erforderlich, weil es damals ein flächendeckendes Sirenen-Warnnetz des Bundes gab, das auch für die Warnung der Bevölkerung in Friedenszeiten genutzt werden durfte.

Nach dem Ende des Kalten Krieges beurteilte die Bundesregierung die Sicherheitslage Anfang der 1990er-Jahre als so stabil, dass sie sich entschloss, umfangreiche Ressourcen und Fähigkeiten im Zivilschutzbereich abzubauen.

Für die Warnung der Bevölkerung bei Unglücksfällen und Katastrophen sind entsprechend der föderalen grundgesetzlichen Regelungen die Behörden auf Landesebene (insbesondere Landkreise, kreisfreie Städte und Gemeinden) zuständig, wobei die Sirenen als Warnmittel nahezu vollständig bei den Verbandsgemeinden betrieben werden. Das Sirenensystem wurde in sehr unterschiedlichem Umfang erhalten beziehungsweise ausgebaut und ist nicht mehr flächendeckend vorhanden. Im Kreis Altenkirchen hat nach Auskunft aus dem Kreishaus die Verbandsgemeinde Wissen keine Sirenen mehr im Einsatz. Die übrigen Verbandsgemeinden nutzen die Sirenen zur Alarmierung ihrer Feuerwehr, und das in unterschiedlichster Art und Weise.

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