Kirchenerin ist Vizeweltmeisterin: Julia Seitz holt bei Indiaca-WM die Silbermedaille

Bei Indiaca handelt es sich um ein südamerikanisches Rückschlagspiel ähnlich wie Volleyball. Dabei wird das Spielgerät, der Indiacaball, mit der flachen Hand über ein Netz geschlagen. Ein Mannschaftssport, den der CVJM Betzdorf bereits seit 1991 anbietet und den Seitz mit 13 Jahren für sich entdeckte. „Ich bin damals über eine Jugendfreizeit des CVJM auf den Sport aufmerksam geworden“, erinnert sich Seitz. „Es hat mich direkt fasziniert. Ich liebe die schnellen Ballwechsel und das Zusammenspiel im Team“, beschreibt sie den Reiz der Randsportart.

Zudem sei es eine Sportart, die einerseits Anfängern einen leichten und schnellen Einstieg für beispielsweise das Spiel im Park ermöglicht. „Andererseits bietet sie auf fortgeschrittenem Niveau auch sehr spannende Ballwechsel.“ Außerdem schätze die Kirchenerin die freundschaftliche Atmosphäre beim Indiaca.

Mit ihren 24 Jahren hat Seitz bereits eine beachtliche, sportliche Karriere hingelegt. Nachdem sie im Januar 2012 mit Indiaca begann, wurde Seitz 2013 mit dem Damenteam des CVJM Betzdorf gleich Deutscher B-Jugend-Meister. 2017 folgte die Deutsche A-Jugend-Meisterschaft. Außerdem erreichten Seitz und ihr Team mehrere zweite und dritte Plätze in den Zwischenjahren. Zwecks Studium und einem damit verbundenen Umzug nach Aachen verlässt die Westerwälderin 2017 den CVJM Betzdorf, dem sie aber weiterhin als Mitglied erhalten bleibt. Seither spielt sie für den CVJM Kamen und zusätzlich im Mixed-Team der SG Neuss-Erfttal.

„2019 war für mich ein Highlight meiner Indiaca-Karriere, da ich mit der Damenmannschaft des CVJM Kamen zum Indiaca Worldcup, eine im Vier-Jahres-Rhythmus stattfindende 'Champions-League' für Indiaca-Vereinsmannschaften, nach Estland fahren durfte.“ Beim Worldcup belegte das Team schließlich den fünften Platz, und Seitz erhielt nicht nur einen festen Stammplatz im Damenteam des CVJM Kamen, sondern auch eine Einladung zum Sichtungstraining der Deutschen Nationalmannschaft.

Seitz nutzte ihre Chance und wurde im Dezember für den WM-Kader nominiert. Anfang August feierte die 24-Jährige nun ihr Debüt im Trikot der Nationalmannschaft. Aufregung? Fehlanzeige. „Tatsächlich war ich zum Start der WM weniger aufgeregt als erwartet, da ich viele Abläufe schon vom Worldcup 2019 kannte. Als dann aber im ersten Spiel der erste Ball auf mich gestellt wurde und es an mir war, den Punkt zu machen, da war die Nervosität da. Nachdem wir das Spiel dann gewonnen hatten, war ich aber voll im Turnier drin und die Nervosität war dahin.“

Dass Deutschland um den Titel mitspielen könnte, damit hätte man während des Turniers nicht unbedingt rechnen können. Mit zwei Siegen und zwei Niederlagen schloss die deutsche Mannschaft die Vorrunde auf Rang 3 ab. Im Halbfinale ging es dann gegen Titelverteidiger Estland, der mit etlichen Volleyball-Nationalspielerinnen besetzt war. Doch am Ende konnte sich das deutsche Team knapp behaupten und ins Finale einziehen. Dort unterlag man schließlich knapp gegen die Schweiz mit 20:25 und 22:25.

„Natürlich waren wir anfänglich enttäuscht, da wir in der Vorrunde den ersten Satz gegen die Schweizerinnen gewonnen hatten und wir wussten, dass wir sie besiegen konnten. Andererseits konnten wir auch stolz auf das Halbfinale zurückblicken, wo wir mit Estland den Weltmeister von 2017 geschlagen hatten. Letztendlich haben wir uns aber auch über den zweiten Platz gefreut, den wir uns gemeinsam als ein Team erkämpft haben“, sagt Seitz und blickt bereits auf die kommenden Aufgaben.

„Das langfristige Ziel ist natürlich, bei der nächsten WM noch einmal dabei zu sein und dann hoffentlich ganz oben zu stehen.“ Außerdem findet im kommenden Jahr der Indiaca Worldcup in Belgien statt, für den sich Seitz und ihr Team gerne qualifizieren möchten. „Von daher bin ich jetzt nach der WM auch direkt wieder voll im Training drin und strebe die nächsten Ziele an.“

Wer sich mit Seitz unterhält, der merkt, dass die Kirchenerin ihren Sport mit viel Herzblut und Leidenschaft betreibt. Wer bei dieser Sportart finanzielle Aspekte verfolgt, ist bei Indiaca generell eher fehl am Platz. „Leider gibt es nur sehr wenig Fördergelder, sodass wir uns unsere Trikots und Trainingsanzüge größtenteils durch Sponsoren finanziert haben.“ Durch die Sponsorengelder konnten auch Teile der Übernachtungs- und Verpflegungskosten während der Weltmeisterschaft gedeckt werden. Für den Rest sind die Sportlerinnen selbst aufgekommen. fab