Kreis Altenkirchen

Für eine langfristige Wasservorsorge: Wissener bringt Talsperrenbau ins Gespräch

Ein Ausschnitt des Wippetals. Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, was mit dieser idyllischen und ruhigen Landschaft geschehen wäre, wenn die damaligen Talsperrenpläne vor Jahrzehnten Realität geworden wären.
Ein Ausschnitt des Wippetals. Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, was mit dieser idyllischen und ruhigen Landschaft geschehen wäre, wenn die damaligen Talsperrenpläne vor Jahrzehnten Realität geworden wären. Foto: Hoffmann

„Wie gesichert ist die Wasserversorgung im Kreis Altenkirchen?“ Das fragt sich Manfred Steinmann aus Wissen, langjähriger Geschäftsführer der Kreis-CDU. In Zeiten des Klimawandels hält er den Talsperrenbau für überlegenswert, zumindest plädiert er dafür, sämtliche denkbaren Optionen zu betrachten.

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Erst vor wenigen Wochen hat sich der Kreistag des Kreises Siegen-Wittgenstein in einem Grundsatzbeschluss für den Bau einer dritten Talsperre ausgesprochen, Favorit ist das Truftetal westlich von Bad Berleburg. Andererseits weiß sich der Kreis Altenkirchen mit seinem Zweckverband Wasserversorgung (WKA) beim Aggerverband in guten Händen, der mit seinen zwei Talsperren im Oberbergischen (Wiehl- und Genkeltalsperre) seit vielen Jahren ein verlässlicher Partner ist. Folglich antwortet Dirk Baier knapp auf eine RZ-Anfrage: „Wir haben kein Trinkwasserproblem“, sagt der Geschäftsführer der Stadtwerke Wissen GmbH, die wiederum Betriebsführerin des WKA ist.

Auch Manfred Steinmann unterstreicht die gute Versorgung durch den Aggerverband, gleichwohl hegt er den Wunsch, dass sich die Kreis-CDU mit der Sicherheit der Wasserversorgung im AK-Land befassen möge. Steinmann: „Überall ist zu lesen, dass unser lebenswichtiges Gut, das Wasser, knapp wird. Die Vorsorgepflicht für unsere Bürger gebietet es, zu untersuchen, ob diese Versorgungssicherheit auch weiterhin besteht.”

Der Kreis Altenkirchen sollte, so Steinmann, vorurteilsfrei untersuchen, ob es nicht sinnvoll sei, eine Trinkwassertalsperre anzulegen. Unter anderem verweist er auf die Trockenheit, welche in vielen Gebieten Deutschlands bereits Wälder geschädigt habe. Auch im Kreis Altenkirchen gebe es erste Kahlflächen, bedingt durch den Borkenkäfer und die Trockenheit.

Nach Ansicht des Wissener Seniors wären eine Talsperre und die malerische und bewaldete Mittelgebirgslandschaft kein Widerspruch. In seinen Augen gibt es keine „bessere Möglichkeit für die gezielte Entwicklung des Fremdenverkehrs“. Als Beispiel nennt er das Mühlenthal bei Wissen (Brölbach) und verweist auf frühere Planungen im benachbarten Wippetal (in Richtung Friesenhagen). Dass der Kreis dort schon vor Jahrzehnten nach geeigneten Flächen suchte, ist kein Geheimnis – so zitiert er das Wissener Heimatbuch (Neubearbeitung von 1982) aus „Land an Sieg und Wied“ und geht dabei auf den Wipperbach ein, in dessen „Tal wahrscheinlich in den nächsten Jahren eine Talsperre für die Trinkwasserversorgung des Kreises Altenkirchen errichtet wird“.

Bekanntermaßen ist es dazu nicht gekommen. Der Kreis hat seine dortigen Grundstücke später verkauft. Stattdessen erfolgte 1978 der Anschluss an den Aggerverband, was der langjährige WKA-Vorsitzende Michael Wagener nach wie vor als absolut richtige Entscheidung bezeichnet. Gerade die 2019 fertiggestellte Leitungsdopplung vom Oberbergischen ins Wisserland habe die Kapazität dauerhaft gesichert.

„Mit der Natur und nicht gegen diese müssten und könnten die Probleme gelöst werden.“

Manfred Steinmann aus Wissen möchte eine Diskussion anstoßen.

Steinmann erachtet das Mühlen-thal als „eine ideale Möglichkeit, aber nicht die einzige. Die Wingertshardt als eine fast unbebaute Fläche könnte im Notfall erhebliche Wassermassen der Sieg aufnehmen und auch für Notzeichen speichern“. Er fordert eine vorurteilsfreie Untersuchung. Die aktuell wachsenden Probleme seien nicht mehr zu leugnen. In seinen Augen beinhaltet die Landschaftsgestaltung mittels einer Talsperre die Chance, etwas Positives zum Nutzen der Bürger, der (Land)Wirtschaft und der Natur zu bewirken. Steinmann: „Mit der Natur und nicht gegen diese müssten und könnten die Probleme Hochwasser und Trockenheit gelöst werden.“

Dass die Bürger bei dieser großflächigen Umgestaltung der Landschaft mitwirken müssten, ist für Steinmann selbstverständlich. Kenntnisse und Anregungen seien begrüßenswert: „Fantasie und das Wollen, Nützliches und Schönes zu schaffen, sind gleichermaßen gefordert.“

Zudem treibt den Wissener die Hochwasservorsorge um; in diesem Zusammenhang erinnert er an die heimische Bergbaugeschichte, etwa in Katzwinkel und Hövels. Dort sollte nach seiner Ansicht untersucht werden, ob die noch vorhandenen Grubenstollen nicht hilfreich sein könnten, um im Notfall Hochwasser der Sieg in eine eventuelle Talsperre im Mühlenthal abzuleiten.

Auch die Nutzung alter Stollen als Trinkwasserbrunnen sei vorurteilsfrei zu untersuchen. Gleichzeitig ist ihm das Dilemma bewusst, welches ein Damm in der Sieg für die wandernden Fische bedeuten würde. Doch auch hier hält er eine hindernisfreie Lösung für möglich und sieht in „einem für Mensch und Natur nützlichen Damm“ sogar die Chance auf eine sinnvolle und schöne Gestaltung des Flusses, inklusive positiver Effekte für das Freizeitangebot. Und noch ein Aspekt: Ähnliches wie in Marienstatt, wo die Zisterzienserabtei das Flusswasser zur Stromgewinnung nutze, sei gewiss auch an der Sieg möglich.

Steinmanns Fazit: „Es darf keine Denkverbote geben. Vieles ist möglich.” Es geht ihm darum, dass die Themen Hochwasser und Wasserknappheit mit der nötigen Konsequenz angegangen werden. „Gedankenklarheit und Ideenwahrheit sind gefordert.” red