Altenkirchen

Diskussion um Spiegelzelt-Finanzierung: „Niemand verschiebt Geld“

Das Spiegelzelt ist ein kulturelles Leuchtturmprojekt für die Region, darin sind sich die politischen Vertreter einig. Für Unmut sorgte allerdings ein Schreiben vom Veranstalter, in dem noch mehr Geld gefordert wird.
Das Spiegelzelt ist ein kulturelles Leuchtturmprojekt für die Region, darin sind sich die politischen Vertreter einig. Für Unmut sorgte allerdings ein Schreiben vom Veranstalter, in dem noch mehr Geld gefordert wird. Foto: Kulturbüro

In knapp acht Wochen öffnen sich in Altenkirchen wieder die Vorhänge des Spiegelzelts. Doch vorher geht es in der (kultur-)politischen Manege hoch her. Mit harschen Worten hatten Mitglieder des Hauptausschusses in der vergangenen Woche den Tonfall eines Schreibens kritisiert, in dem Helmut Nöllgen, Geschäftsführer des Kulturbüros Haus Felsenkeller, einen höheren städtischen Zuschuss für das Festival forderte. Mit einer öffentlichen Stellungnahme legt Nöllgen nun seine Sichtweise dar.

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„Niemand verschiebt hier Geld (...) Der Ruf eines anderen ist schnell beschädigt“, kommentiert Nöllgen in dem Schreiben und zielt damit offensichtlich auf eine in der Ausschusssitzung geäußerte Vermutung ab, es würden Fördergelder für das Spiegelzelt auch für den derzeit stattfindenden Kultursalon in Neitersen eingesetzt. Nöllgen erinnert an die besondere Verantwortung politischer Entscheider bei öffentlichen Äußerungen.

„Alle dem Spiegelzelt bewilligten Zuschüsse sowohl vom Land, der Verbandsgemeinde als auch der Stadt fließen schon immer eins zu eins in das Projekt selbst“, stellt Nöllgen klar. Dies werde akribisch in Verwendungsnachweisen mit Einzelquittungen sowohl vom Land, der ADD, der VG selbst und dem Steuerbüro nach Abschluss des Projektes nachweislich kontrolliert.

Auch auf die sachbezogene Kritik, ein Spiegelzelt sei möglicherweise günstiger zu bekommen und das Programm könne verkürzt werden, geht der Kulturmanager ein. Beim belgischen Vermieter erhalte das Kulturbüro bereits Sonderkonditionen für das „original 20er-Jahre Spiegelzelt“. Die reine Spielzeit des Festivals betrage knapp vier Wochen (28. August bis 21. September).

„Wegen Personalmangels auch in der Branche des Zeltverleihs, als Folge der Pandemie, und weltweiter Aufbautermine der Belgier und somit den Umständen geschuldet und nicht vom Kulturbüro selbst gewählt – wie der VG schon 2021 von uns mitgeteilt wurde – muss das Zelt selbst dieses Mal allerdings gut sechs Wochen, also deutlich länger und teils leer stehen. Auch Tage ohne Programm kosten Geld. Daher verlängerte sich die Spielzeit vom bislang üblichen dreiwöchigen Programm durch Vermietungen um fünf Tage auf vier Wochen“, erklärt Nöllgen weiter. Die zusätzlichen Tage seien „wichtige zur Gesamtfinanzierung beitragende Vermietungen“ – darunter auch die ersten Altenkirchener Menschenrechtstage sowie Anmietungen durch die Lebenshilfe oder die Sparkasse Westerwald-Sieg.

Unverständlich ist für den Altenkirchener auch, dass der Ton des Schreibens als „unverschämt“, gar „erpresserisch“ bezeichnet wurde. Die Briefe an Stadt und VG seien in voller Länge im Kulturbüro in der Marktstraße für jedermann einsehbar „und revidieren sicherlich den Eindruck der Ratsmitglieder, denn die Gesamtsituation wird darin deutlich und differenziert erklärt.“ Somit könne sich jeder selbst ein Bild machen.“

Für ihre Anteile erhielten VG und Stadt „ein Kulturprojekt im Wert von mehr als einer Drittel Million Euro in Form eines bundesweit einzigartigen Leuchtturmprojektes mit großer Strahlkraft und absoluten Stars“ – und das in einer Kreisstadt mit 6500 Einwohnern. Der diskutierte Antrag vom 24. Mai an die Stadt auf Zuschusserhöhung sei der erste seit der Spiegelzelt-Premiere 2001 und müsse unbedingt unter dem Blickwinkel der allgemeinen Kostensteigerungen und Lieferengpässe betrachtet werden, die auch die Veranstaltungsbranche treffen.

Kostensteigerungen von bis zu 50 Prozent seien aufzufangen, „ebenso die mit der Schließung der Stadthalle verbundenen erheblichen Mehrkosten in der Wiedhalle in Neitersen als für vielfältige Kulturangebote einzig räumlich adäquate ,Ersatzspielstätte' innerhalb der VG“. Es sei wichtig, diese Nöte im Blick zu behalten, wenn über den Tenor der Briefe diskutiert werde.

Auch den Vorwurf einer mangelnden Dialogbereitschaft seitens des Kulturbüros kontert Nöllgen. Seit der Fusion zur neuen Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld habe es zahlreiche belegbare Gesprächsanfragen an die VG gegeben, ein langfristiges und tragfähiges Kulturkonzept zu besprechen. Kulturstaatssekretär Jürgen Hardeck als Vertreter des Landes und damit des größten Geldgebers habe sich mehrfach bereit erklärt, an solchen Gesprächen teilzunehmen.

Dass diese Gespräche nie zustande kamen, liege nicht am Kulturbüro. Gesprächsangebote an das Kulturbüro seitens der Stadt Altenkirchen habe es außer einem Termin mit dem früheren Stadtbürgermeister Matthias Gibhardt im März 2020 nachweislich nicht gegeben. An einer Gesprächsrunde zum Thema Spiegelzeltstandort Anfang 2022 auf Einladung der Verbandsgemeinde habe das Kulturbüro teilgenommen. Weitere Dialogangebote habe es nicht gegeben.

Dass bei insgesamt elf Auflagen des Spiegelzelts dreimal „Nachzahlungen im unteren vierstelligen Bereich“ nötig waren, müsse laut Nöllgen „zwingend im Gesamtkontext der jeweiligen Kulturjahre differenziert betrachtet werden“. Alle Bemühungen des Kulturbüros und somit auch Anträge für eine sichere Finanzierung der Kulturangebote dienen ihm zufolge „dem Bestreben nach langfristiger Sicherung des Kulturstandortes von Stadt und VG, mit dem Alleinstellungsmerkmal Spiegelzelt und als Beitrag zur Vielfalt und Attraktivität der Region.“ red