Bad Neuenahr-Ahrweiler

„Zum Glück sind alle Gäste unverletzt“: Familien überlebten im oberen Geschoss der Jugendherberge

Von Ursula Samary
Die Jugendherberge in Bad Neuenahr hat es auch schwer erwischt. Die rund 100 Gäste konnten das Haus nicht mehr rechtzeitig verlassen, konnten sich aber ins Obergeschoss retten und blieben unverletzt.
Die Jugendherberge in Bad Neuenahr hat es auch schwer erwischt. Die rund 100 Gäste konnten das Haus nicht mehr rechtzeitig verlassen, konnten sich aber ins Obergeschoss retten und blieben unverletzt. Foto: Jacob Geditz

„Zum Glück wurde niemand verletzt. Alle Gäste haben die Katastrophe überlebt. Das ist das Wichtigste“, sagt Jacob Geditz, der Vorstandsvorsitzende der Jugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland beim Blick auf die Zerstörung. Wie groß der Schaden in dem bis Anfang 2020 mit zwei Millionen Euro sanierten Komplex in der Kurstadt ist, lässt sich noch nicht abschätzen. Aber er rechnet mit einer Million Euro. Die Herberge in Altenahr hat er wegen der verwüsteten Infrastruktur noch nicht erreichen können. Sie soll aber deutlich glimpflicher davon gekommen sein.

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Und: In Altenahr war die Situation für die Gäste nicht so kritisch wie in Bad Neuenahr-Ahrweiler: „Hier wurde die Jugendherberge bereits am Mittwochvormittag auf Anraten der Feuerwehr geräumt. Alle Gäste haben frühzeitig das Haus unbeschadet verlassen. In Bad Neuenahr gab es eine solche Warnung nicht“, wie er berichtet. Dass sich die Situation am späten Mittwochabend dann so zuspitzte, sei nicht vorhersehbar gewesen. „Im Haus waren 100 Gäste. Einige haben das Haus noch verlassen können. Zum Teil wurden auch Familien getrennt, weil einige Väter noch das Auto vom Parkplatz weg gebracht haben, aber wegen des sehr schnell ansteigenden Hochwassers nicht mehr zurückkehren konnten.“ Sie hätten aber die Nacht auf höher gelegenen Stellen verbringen können. „Innerhalb kurzer Zeit war das komplette Haus von der Flut eingeschlossen“. Im kompletten Erdgeschoss sei das Wasser bis zur Decke gestiegen.

Wie Geditz schildert, hat der Betriebsleiter Oliver Piel rechtzeitig besonnen reagiert. Er habe allen Gästen verboten, das Haus zu verlassen. Denn einige hätten dies noch versucht – und dürften Piel jetzt dankbar sein. Denn alle konnten unbeschadet die Nacht im Obergeschoss verbringen und am nächsten Tag am frühen Abend das Haus verlassen. Eine Klasse der Schule von Nonnenwerth wurde von äußerst besorgten Eltern abgeholt, Familien, deren Autos weggespült oder zerstört waren, von Freunden. Acht Familien habe man dann mit einem Bus nach Mayen bringen können.

Mit vielen Helfern hat Geditz dann am Wochenende das Erdgeschoss vom Schlamm befreit, den Keller habe die Feuerwehr ausgepumpt. Fazit: Gästezimmer, Veranstaltungsräume, Restaurant, Bistro wie auch Foyer, Büro oder Rezeption müssen saniert und neu ausgestattet werden. Außerdem ist die komplette Außenanlage zerstört. Berge von angeschwemmtem Gehölz und Gestrüpp müssen mit schwerem Gerät abgefahren werden.

Auch wenn die Herberge wieder für Monate schlossen bleiben muss, hat der Vorstandsvorsitzende das feste Ziel vor Augen, den Gebäudekomplex „so schnell wie möglich wieder herzurichten“. Alle notwendigen Firmen seien bereits kontaktiert.

Bessere Nachrichten hat Geditz von Altenahr. Die dortige Betriebsleiterin habe sich am Samstag zu Fuß über einen Bergrücken durchgeschlagen und das Haus erreicht. Sie habe ihm berichtet, dass das Haus ziemlich unbeschädigt ist. Am heutigen Diensttag will er sich davon überzeugen – nach einem Fußmarsch, geführt von der ortskundigen Betriebsleiterin. Die Erreichbarkeit dürfte für die Jugendherberge zum Problem werden, selbst wenn sie die dramatische Flutkatastrophe gut überstanden hat. Ursula Samary