Katastrophe wird am Dienstag Thema der Ministerpräsidentenkonferenz sein - Betriebe fordern schnelle Aufbauhilfen
Wiederaufbau an der Ahr ist ein „nationaler Kraftakt“: Betriebe fordern schnelle Hilfen
Beim Ortstermin in Dernau ging es um Hilfen für den Wiederaufbau: Die Wirtschaftsminister Daniela Schmitt und Andreas Pinkwart (2. von links) wollen an einem Strang ziehen. HwK-Präsident Kurt Krautscheid (3. von links) und Ortsbürgermeister Alfred Sebastian (7. von links) forderten schnelle finanzielle und organisatorische Unterstützung. Foto: Kallenbach
Reinhard Kallenbach

M Dernau. Die Vorbereitungen für einen Neuanfang an der Ahr haben begonnen. Drei Wochen nach der Katastrophennacht machte sich nun auch Daniela Schmitt (FDP) ein Bild von der Lage. Beim Besuch der rheinland-pfälzischen Ministerin in Dernau und Bad Neuenahr wurde deutlich, dass bereits am kommenden Dienstag die Weichen neu gestellt werden sollen. Dann tagt die Ministerpräsidentenkonferenz. Das Ziel ist offenbar bereits klar formuliert: Die Gründung eines Wiederaufbaufonds mit Langzeitwirkung.

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Einen Verbündeten wird Daniela Schmitt, die von einem „nationalen Kraftakt“ sprach, auf jeden Fall haben: Ihren Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen, Prof. Andreas Pinkwart, der beim Ortstermin in der Schreinerei von Maik Rönnefarth sagte: „Die Menschen werden nur Vertrauen schöpfen können, wenn sie auch sehen, dass die Politik die Rahmenbedingungen schafft“, so der Minister. Er weiß: Der Druck auf die Politik steigt, auch weil Betriebe Planungssicherheit brauchen. Denn wenn der Wiederaufbau stockt, laufen Unternehmen Gefahr, ihre Kunden zu verlieren.

Ein anderer Punkt ist, dass aktuell Auszubildende in den Katastrophenregionen oft nicht wissen, wann und wie sie ihre Lehre fortsetzen können. Das ist ein Faktor, der nicht unterschätzt werden sollte. Allein im Ahrtal sind 585 Handwerksbetriebe von den Folgen der Flut betroffen. „Wir müssen jungen Menschen, jungen Handwerkern und jungen Unternehmern die Perspektive bieten: Ja es sich lohnt, hier wieder aufzubauen.“

Der Termin zeigte vor allem auch, dass es mit ermutigenden Worten nicht mehr getan ist. „Über den Tag hinaus werden sehr viel Geld, Hilfsmittel und Organisation, also Hilfen in jeder Form benötigt. Und das fordern wir auch ein“, betonnte denn auch Dachdeckermeister Kurt Krautscheid. Der Präsident der Handwerkskammer (HwK) Koblenz ergänzte: „Wir fordern, dass für die Wiederherstellung der Betriebe gleiche Bedingungen gelten.“

Die HwK setzt mit Stefan Gustav einen eigenen Koordinator ein, der eng mit Maik Rönnefarth zusammenarbeitet, der in den vergangenen Tagen über seinen eigenen Betrieb hinaus die Logistik am Ort mitorganisiert hat. Auch er formulierte den Wunsch nach Überbrückungs- und Aufbauhilfen. Er sagte aber auch, dass die Politik auch aus planerischer Sicht in der Pflicht stehe. „Jeder Einzelne gehört hier hin“, so Rönnefarth. Für ihn ist es vordringlich zu verhindern, dass betroffene Menschen und Betriebe abwandern. In diesem Sinne äußerten sich auch Ortsbürgermeister Alfred Sebastian und Gerd Wolter vom örtlichen Krisenstab. Sie regten aber auch an, für den Wiederaufbau ein Handwerkerdorf zu errichten.

Der Ortsbürgermeister ließ auch Kritik anklingen. „Das, was wir hier an Hilfe erhalten, ist das, was die Leute im Moment aufbauen. Wir brauchen jetzt nachhaltige Hilfe“ so Sebastian. Das Hauptproblem in Dernau: 560 von 670 Haushalten sind aktuell nicht mehr bewohnbar. Ohne massive Hilfe von Bund und Land wird es für die Flutopfer nicht gehen. Sonst könnte auch auf längere Sicht das Szenario eines Geisterdorfes drohen. Der Ortsbürgermeister berichtete, dass eine Bäckerei nicht mehr öffnen wird. Andere könnten diesem Beispiel folgen, wenn es zu längeren Verzögerungen bei den Hilfen kommen sollte. Die will auch Daniela Schmitt vermeiden. Am Beispiel des Weinbaus erklärte sie, dass das Land bereits unterstützend wirkt, so bei der Anschaffung der notwendigen Maschinen.

Konkrete Zahlen, wie es weitergehen wird, nannte die Ministerin noch nicht. Das liegt daran, dass die Gesamthöhe der Schäden noch nicht feststeht. In Mainz geht man aktuell von einem „niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag“ aus. Immerhin kündigte Daniela Schmitt an, Planungs- und Genehmigungsprozesse auf den Prüfstand zu stellen und zu beschleunigen. Immerhin werden bereits Nothilfen gewährt und auch ausgezahlt. Für Nordrhein-Westfalen nannte Andreas Pinkwart eine Summe von rund 13,6 Millionen Euro für 2500 Betriebe. Das reicht natürlich nicht aus. Und so nannte Pinkwart den nächsten Schritt: Liquiditätshilfen, um die Produktionsausfälle zu überbrücken und die Mitarbeiter weiter bezahlen zu können. Dabei und bei den folgenden Maßnahmen werden die staatlichen Förderbanken ins Spiel kommen. Ein weiteres Instrument wären zum Beispiel Landesbürgschaften, um nicht nur die Geldgeber, sondern auch die Unternehmer selbst abzusichern.

Dass man mit Blick auf die kalte Jahreszeit keine Zeit verlieren darf, war allen Teilnehmern klar. Dennoch blieben noch Fragen offen. Etwa die, wie Privathaushalte und Betriebe mit Wärme versorgt werden können. Denn viele Heizungsanlagen sind zerstört.

Reinhard Kallenbach

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