Kreis Ahrweiler

Trauer und Trauma im Ahrtal: Hilfe wird koordiniert

Christian Falkenstein (von links), Christa Kosmala und Klaus Plate im Gespräch mit Ulrike Dobrowolny. Foto: Vollrath
Christian Falkenstein (von links), Christa Kosmala und Klaus Plate im Gespräch mit Ulrike Dobrowolny. Foto: Vollrath

Der Hospiz-Verein Rhein-Ahr möchte mit einem neuen Angebot Menschen helfen, die Schlimmes gehört, gesehen, erlebt und erlitten haben. Als Reaktion auf die Flutkatastrophe hat er eine Koordinationsstelle für Trauer- und Traumabegleitung eingerichtet, die vom Deutschen Hospiz- und Palliativverband, von der Deutschen Hospizstiftung und von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel gefördert werden.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

„Viele Ahrtaler haben ihnen nahestehende Menschen, Häuser, Wohnungen und Erinnerungen verloren. Und wer selbst nicht direkt betroffen ist, der kennt jemanden, dem das passiert ist, oder er leidet, weil er sich mit den anderen Menschen in der Region verbunden fühlt oder weil seine Lebensmittelpunkte weggeschwemmt, seine Heimat verwundet wurde“, sagt die Vorsitzende des Hospiz-Vereins, Ulrike Dobrowolny: Die Katastrophe ließ oft kein Abschiednehmen in Würde zu, wie es der Hospizbewegung ein zentrales Anliegen ist, sondern sie bedeutete Abbruch. „Ich habe mich gefragt, welchen Beitrag wir leisten können“, sagt Dobrowolny, auch weil der Verein nicht nur Menschen in schweren Stunden begleitet, sondern auch seit Jahren Trauerarbeit anbietet. In der Trauer stecke als Verarbeitungsprozess vielleicht sogar ein Weg zur Bewältigung der Krise. Helfen würden Zuhörer, Gesprächspartner und Menschen, die mit den Schicksalen umgehen könnten.

Der Hospiz-Verein dazu ein professionelles Koordinationsteam mit Christa Kosmala, Klaus Plate und Christian Falkenstein gebildet. „Wenn wir drei auf 40.000 Ahrtaler treffen, können wir nicht viel ausrichten. Deswegen ist das Multiplikatorenkonzept so wichtig, damit Institutionen, Rettungsdienste oder sonstige Helfer Unterstützung bekommen“, erklären sie.

Christian Falkenstein ist als Dernauer selbst betroffen. Auch das Haus des gebürtigen Bad Neuenahrers ist von den Fluten zerstört worden. Jetzt möchte der Diplom-Psychologe und psychologische Psychotherapeut, der noch als leitender Psychologe an einer Klinik in Daun tätig ist, sich besonders auch dem seelischen Wiederaufbau seiner Heimat widmen. Klaus Plate ist Diplom-Sozialarbeiter und Supervisor, wohnt in Bonn und stammt aus Sinzig. Seit zwei Jahren ist er als ehrenamtlicher Hospizbegleiter tätig und war drei Tage nach der Flut im Ahrtal zur Akutintervention. Unter anderem in Bad Bodendorf hat er mit Menschen in der Krise gesprochen. „Jetzt bin ich froh, als Koordinator die Arbeit weiterentwickeln zu können.“

Begleitet wurde er ins Ahrtal teilweise von Christa Kosmala. Die Psychosoziale Beraterin, Beraterin in Psychotraumatologie und Supervisorin hat viel Familien- und Jugendarbeit gemacht und weiß, dass Trauer und Trauma viel gemein haben, aber nicht immer pathologisch sind. Und auch, dass Trauer und Depression in der Symptomatik oft eng beieinander liegen: „Da muss man genau hinschauen und wissen, wo die Unterschiede liegen und wann weitere therapeutische Hilfe nötig ist.“

Der Hospiz-Verein kooperiert in seiner Tätigkeit mit Kliniken in der Region und hat in Sachen Trauer- und Traumakoordination auch schon Schulungen in Senioreneinrichtungen abgehalten. In Anspruch nehmen können diese alle, die Unterstützung für ihre Teams oder Kollegen suchen. Kosmala, Falkenstein und Plate unterstützen örtliche Initiativen, kirchliche und sonstige Einrichtungen von der Kita bis zum Seniorenheim oder auch Vereine beim Aufbau von Angeboten der Trauer- und Traumabegleitung für von der Flut Betroffene, wirken bei der Vernetzung von Hilfsangeboten mit und arbeiten auch an „runden Tischen“ für diese Zielgruppen mit. Die drei Fachkräfte entwickeln individuell in Abstimmung mit Anfragenden Hilfsangebote und machen Präventionsangebote zur Vermeidung von Traumafolgestörungen. Sie befähigen Ehrenamtliche für die Trauerbegleitung und bieten Supervision für hauptamtliche Pflegekräfte, Erzieher oder Sozialarbeiter im Umgang mit traumatisierten oder trauernden Menschen und stehen zur Verfügung für Arbeitskreise und Infoveranstaltungen. Sie führen auch selbst Trauerbegleitungen für Einzelne und Gruppen durch.