Laut der Vorstandsvorsitzenden des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz, Anke Marzi, hat die Hilfsorganisation vier Bereiche abgesteckt, in die jetzt wie künftig Spendengelder fließen sollen.
An erster Stelle sind hier die laufenden Soforthilfen zu nennen. Der DRK-Landesverband weist allerdings darauf hin, dass es sich hierbei nicht um Barauszahlungen, wie beispielsweise des Kreises oder der Landesregierung, handelt. „Wir denken bei Soforthilfen immer daran, was die Menschen heute, morgen oder auch in ein paar Tagen brauchen“, erklärt Marzi. Derzeit stelle man Carepakete mit Hygieneprodukten und Schutzmaterial zusammen. Die Füllung bestehe unter anderem aus „Masken, Desinfektionsmittel, Handschuhen und anderen Nettigkeiten“, sagt Marzi, die die hygienische Situation im Katastrophengebiet als kritisch bewertet: „Wir sehen Menschen, die sich Taschentücher vor den Mund halten, weil sie keine Masken haben. Es ist einfach eine schwierige Situation.“ In der kommenden Woche sollen die Pakete nach Plänen des DRK großflächig ausgegeben werden.
Zur spendenfinanzierten Soforthilfe zählt laut dem DRK-Kreisverband Ahrweiler momentan außerdem die Bereitstellung von Sanitätsdiensten an Infopoints und durch Fahrzeuge sowie die Ausgabe von Nahrungsmitteln, Getränken und Werkzeug. Darüber hinaus beschafft und verteilt das DRK nach eigenen Angaben Gebäudetrockner und Notstromaggregate. Des Weiteren werden mobile Duschanlagen und Wasseraufbereitungsanlagen aufgestellt und eine kleine Kläranlage im Bereich Altenahr eingerichtet, um dort für hygienischere Bedingungen zu sorgen.
Psychologische Hilfe ist sofort und mittelfristig gefragt
Neben diesen Soforthilfemaßnahmen im Sinne der physischen Gesundheit der Betroffenen bietet das DRK auch psychologische Betreuung und Beratung – der zweite große Bereich, der auch zukünftig durch Spenden mitfinanziert werden soll. „Auf den sozialen Beratungs- und Unterstützungsangeboten liegt momentan unser Fokus“, berichtet Marzi, die auch ankündigt, dass sich die ehrenamtlichen Seelsorger der Psychosozialen Notversorgung (PSNV) ab Ende nächster Woche sukzessive aus dem Gebiet zurückziehen werden. Deshalb wolle man eine Nachfolgestruktur aufbauen. „Unsere Idee ist es, bis zu fünf mobile Beratungseinheiten hauptamtlicher Art dort zu implementieren, die dann auch ein breiteres Spektrum abdecken.“
Um besser herausarbeiten zu können, was die Menschen genau benötigen, hat der DRK-Landesverband außerdem einen Bedarfsfragebogen erarbeitet, der in den Infopoints ausgelegt werden soll. Auch Ansprechpartner sollen beratend zur Seite stehen. „Dort können sie ankreuzen, dass sie Hundefutter brauchen, dass der Hausnotruf der Mutter nicht mehr geht, weil sie keinen Strom haben, bis hin zur Frage, wie es mit den Kindern nach den Ferien weitergehen soll“, zeigt Anke Marzi auf, wie universell die Bedarfe jedes einzelnen Bedürftigen sein können. Über ein Spendenportal im Internet und eine Hotline möchte das DRK außerdem Bedürftige und Sachspender zusammenbringen. Sachspenden sollten in Zukunft bedarfsgerecht abgefragt werden, um die Bilder von überfüllten Lagern und überforderten Mitarbeitern aus der Vergangenheit zu vermeiden.
Der dritte Bereich, für den das DRK gesammelte Spendengelder zur Verfügung stellen möchte, ist der Wiederaufbau. Der Landesverband erklärt aber, dass dieser Bereich derzeit noch eine nachrangige Rolle spielt. Das liege vor allem daran, dass zuerst Versicherungsleistungen und staatliche Hilfen zur Schadensbeseitigung herangezogen werden sollen. „Danach dürfen erst Spendengelder gezahlt werden. Dabei reden wir nicht von diesem Jahr, sondern von einem späteren Zeitpunkt. Für Betroffene werden wir die Spendengelder sicherstellen“, beteuert Marzi. Wie lange das dauern kann, macht die Vorstandsvorsitzende am Beispiel des Oderhochwassers von 2013 deutlich: „Die Kollegen sind immer noch mit der Abwicklung der letzten Widersprüche zwischen Land und Betroffenen beschäftigt. Die machen jetzt erst die letzten Auszahlungen.“ Die folgende Ansage in Richtung der Landesregierung in Mainz fällt deutlich aus: „Ich hoffe, dass uns das nicht passiert.“
Auch organisationseigene Infrastruktur zerstört
Als letzten Bereich, in den Spendengelder fließen sollen, nennt Anke Marzi den Wiederaufbau der eigenen Infrastruktur und die Unterstützung eigener Mitarbeiter und Helfer. „Was diese Katastrophe von vielen anderen unterscheidet, bei denen das DRK in den vergangenen Jahren aktiv war: Wir haben zum ersten Mal eine sehr hohe Eigenbetroffenheit.“ Mitarbeiter seien unmittelbar betroffen, und Material und Einrichtungen, wie die Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Kreisstadt und Rettungswachen, zerstört. Das bestätigt auch Thorsten Trütgen, Sprecher des DRK-Kreisverbandes Ahrweiler: „Die, deren Job es ist, Menschen in Not zu helfen, stehen plötzlich auf der anderen Seite.“
Wie der Kreisverband mitteilt, stand die braune Brühe in der DRK-Kreisgeschäftsstelle in Ahrweiler deckenhoch – das Kreisarchiv im Keller und damit die Aufzeichnungen zur 74-jährigen Geschichte des Verbands seien zerstört worden. Auch die DRK-Rettungswache in der Kreisstadt habe knietief im Wasser gestanden. Darüber hinaus sei die zweigeschossige Rettungswache Altenahr bis unters Dach geflutet gewesen. „So dramatisch die Schilderungen klingen mögen, können die professionellen Helfer das alles irgendwie verarbeiten“, schreibt Trütgen in einer Pressemitteilung. Viel mehr nehme die Rotkreuzler im Kreis das Schicksal der eigenen haupt- und ehrenamtlichen Kräfte mit, deren Wohnungen und Häuser teilweise unbewohnbar geworden sind. Der DRK-Landesverband versichert indes, dass die Hilfe für die Betroffenen definitiv an erster Stelle stehe, die Wiederherstellung der eigenen Handlungsfähigkeit eine untergeordnete Rolle einnehme.
Um die Verteilung der generierten Spendengelder möglichst effizient zu gestalten, plant der DRK-Landesverband die Nutzung der Phönix-Datenbank, die in der Vergangenheit bereits vom sächsischen Landesverband genutzt wurde. Hierbei handelt es sich um ein Spenden-Management-System, das gemeinsam von Hilfsorganisationen und öffentlichen Verwaltungen genutzt wird und einen schnellen und unkomplizierten Abgleich beantragter und ausgeschütteter Spenden an Betroffene ermöglichen soll. „Wir hoffen, dass auch viele andere Organisationen mitmachen. So können wir sicherstellen, dass eine gerechte Verteilung erfolgt und Dopplungen vermieden werden“, sagt Anke Marzi. Tim Saynisch
Wer das DRK in der Region unterstützen möchten, kann unter Angabe des Stichworts „Hochwasserhilfe Ahr“ auf das Spendenkonto des Kreisverbandes mit der IBAN DE42 5775 1310 0000 8000 29 spenden.