Sinzig

Schock sitzt nach Drama in Sinziger Lebenshilfe immer noch tief: Suche nach Lösungen läuft

Von Silke Müller
Das Lebenshilfehaus in Sinzig einen Tag nach der Katastrophe: In der Flutnacht sind in der Einrichtung zwölf Bewohner ertrunken.
Das Lebenshilfehaus in Sinzig einen Tag nach der Katastrophe: In der Flutnacht sind in der Einrichtung zwölf Bewohner ertrunken. Foto: Christian Koniecki

Eine Woche nach der unfassbaren Tragödie im Lebenshilfehaus in Sinzig, in dem zwölf Bewohner ertrunken sind, ist es ruhig auf dem Anwesen in der Pestalozzistraße. Das Gebäude, in dem die Opfer in der Flutnacht ihr Leben verloren haben, ist von der Polizei versiegelt. Die Ermittlungen laufen. Die andere Doppelhaushälfte und der Außenbereich sind gereinigt. Ob Bewohner und Betreuer aber jemals in das Anwesen zurückkehren, ist derzeit noch völlig offen.

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Aktuell sind die 26 Menschen mit geistiger Behinderung, die bis zur tödlichen Flutkatastrophe im Lebenshilfehaus gewohnt haben, vorübergehend in einer Einrichtung im Kreis Neuwied untergebracht. „Ihnen geht es den Umständen entsprechend. Sie sind bestmöglichst versorgt“, sagt Ulrich van Bebber, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Kreisvereinigung Ahrweiler. Auch eine Woche nach dem Drama sitzt der Schock noch tief. „Ich fühle mich wie in einem Albtraum“, sagt van Bebber. Die Betreuer seien allesamt traumatisiert. „Es ist unglaublich schwer für sie, diese Tragödie zu verkraften“, so der Vorsitzende.

Über Jahre hinweg hätten sie ein enges Vertrauensverhältnis und eine enge persönliche Verbindung zu den Opfern gehabt. Um die Trauer zu bewältigen und das Unfassbare zu verarbeiten, wurden den Betreuern kurz nach dem Unglück Notfallseelsorger zur Seite gestellt. Jetzt folgen weitere Angebote. „Das ist ein Prozess“, erläutert van Bebber. Zeit zum Innehalten indes bleibt kaum, denn die Betreuer fahren regelmäßig zu den obdachlos gewordenen Bewohnern in die Einrichtung in den Kreis Neuwied. „Sie sind zwangsmäßig in einer fremden Umgebung, da sollen sie wenigstens mit vertrauten Personen zu tun haben“, beschreibt der Vorsitzende die Situation der 26 Menschen. Dankbar ist van Bebber den Rettungskräften und den vielen Helfern, die das Areal des Lebenshilfehauses in Sinzig wieder auf Vordermann gebracht haben. „Hilfsbereitschaft und -angebot von unterschiedlichen Stellen unterschiedlichster Art sind sehr groß“, berichtet van Bebber der RZ.

Der Verein selbst ist derzeit damit beschäftigt auszuloten, wie es weitergeht. Denn dass es das Angebot auch weiterhin im Kreis Ahrweiler geben soll, ist klar. „Es wird mittel- und langfristig ein Lebenshilfehaus geben“, betont van Bebber. Ob das aber am selben Standort in Sinzig in der Pestalozzistraße sein wird, ist noch offen. „Das hängt von dem Zustand des Hauses ab – inwieweit es noch nutzbar ist. Wenn neu gebaut werden muss, stellt sich die Frage, ob das am Standort möglich ist. Schließlich handelt es sich um ein Hochwassergebiet“, erläutert der Vorsitzende des Lebenshilfevereins.

Mittelfristig gehe es nun erst einmal darum, eine stabile Lösung zu finden, erläutert van Bebber. „Wir sind dabei, verschiedene Optionen zu prüfen. Aber wir haben noch keine abschließende Lösung gefunden“, so der Vorsitzende.

Und das ist auch gar nicht so einfach, denn es müssen detaillierte Anforderungen erfüllt werden, damit die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Unterkunft am Ende auch genehmigt. „Das wird ein Kraftakt“, prognostiziert van Bebber. Alles hänge daran, wie groß in dieser Ausnahmesituation das Spektrum der regulativen Auflagen sei. „Je größer es ist, umso schwieriger wird es, eine Lösung zu finden, weil die Möglichkeiten dadurch eingeschränkt werden“, sagt der Vorsitzende. „Aber wir haben sehr gute Kontakte zum Ministerium und zu den Behörden. Deshalb bin ich optimistisch, dass eine Lösung gefunden werden kann“, ergänzt er. Das Lebenshilfehaus soll auf jeden Fall im Kreis Ahrweiler sein, damit die Menschen nicht raus aus ihrem Umfeld müssen und ortsnah untergebracht sind. „Es ist toll, dass die Ausweichmöglichkeit im Kreis Neuwied so schnell geschaffen wurde, aber das ist keine Dauerlösung“, betont van Bebber.

Aber es gibt noch viele offene Fragen – vor allem, was die Zeitschiene und das Sicherstellen der Finanzierung angeht. „Das geht schnell in die Millionenhöhe“, ist sich van Bebber sicher. „Derzeit fahren wir nur auf Sicht, robben uns von Tag zu Tag. Es gibt noch so viele Probleme und Dinge, die zu klären sind“, fasst er die aktuelle Lage zusammen.

Von unserer Redakteurin Silke Müller

Spenden für Wiederaufbau werden gesammelt

Für den Wiederaufbau des Lebenshilfehauses im Kreis Ahrweiler wurden Spendenkonten eingerichtet.

Wer das Vorhaben finanziell unterstützen möchte, kann unter dem Stichwort „Flut Lebenshilfehaus” entweder über die Kreissparkasse Ahrweiler, BIC MALADE 51AHR, IBAN DE61 5775 1310 0000 8211 24, oder über die Volksbank RheinAhr Eifel eG, BIC GENODE D1BNA, IBAN DE28 5776 1591 0024 1330 01 spenden.

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