Bad Neuenahr-Ahrweiler

Neue Pläne nach der Flut: Wird aus St. Pius in Ahrweiler ein Tageshospiz oder ein Wohnprojekt?

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Charakteristische Architektur: Die St.-Pius-Kirche in Ahrweiler ist bei der Flut stark beschädigt worden. Ihre Zukunft ist noch offen. Foto: Nadine Kreuser

Wie geht es nach der Flut weiter mit der stark beschädigten Kirche St. Pius in Ahrweiler? Diese Frage stellt man sich derzeit in der Kirchengemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler.

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„Der Wiederaufbau und die kirchliche Nutzung von St. Pius X. in Bad Neuenahr-Ahrweiler standen immer an erster Stelle unserer Überlegungen“, betonen Armin Küpper und Tobias Pfanner vom Verwaltungsrat der Kirchengemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler. „Allerdings mussten wir nach intensiver Prüfung leider feststellen, dass der finanzielle Aufwand für uns als Pfarrgemeinde nicht leistbar ist.“ Der Kirchenraum, das Pfarrhaus und -heim sowie die Kita aus den Jahren 1968/69 wurden durch die Flut stark beschädigt. St. Pius wird nicht mehr als Kirchenraum wiederaufgebaut.

Eine Machbarkeitsstudie soll nun Varianten eines sozialen Wohnprojektes und Tageshospizes auf dem Grundstück prüfen. Um über die zukünftige Gestaltung und Nutzung des Geländes und der Gebäude zu informieren, laden Vertreter der kirchlichen Gremien und Pfarrer Jörg Meyrer zu einer Informationsveranstaltung am Dienstag, 28. November, um 19.30 Uhr in das Sängerheim in Bachem (Neuenahrer Straße 11) ein.

Kooperationspartner für einemultifunktionale Nutzung gesucht

Mehr als ein Jahr lang haben sich die Verantwortlichen mit mehreren Optionen auseinandergesetzt und die Rahmenbedingungen geprüft. Sie hatten sich dazu mit kirchlichen und kommunalen Gruppen, Interessenten und Institutionen beraten. „Darunter fiel auch die Suche nach möglichen Kooperationspartnern für eine multifunktionale Nutzung – neben der rein kirchlichen Nutzung. Leider ergaben sich keine Verbindlichkeiten, die für eine Finanzierung erforderlich gewesen wären. Neben den finanziellen Aspekten muss auch gewährleistet sein, dass ein solcher Raum stabil und gut ausgelastet betrieben werden kann. Dazu braucht es zum Beispiel Personal“, nennt Küpper ein Beispiel auf der Suche nach Lösungen.

Wir bedauern es sehr, die Entscheidung, das Kirchengebäude nicht mehr wiederaufzubauen, jetzt so treffen zu müssen.

Tobias Pfanner vom Verwaltungsrat der Kirchengemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler

Die Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler, der Malteser Hilfsdienst und der Caritasverband Rhein-Ahr-Eifel hatten sich vor einiger Zeit im Rahmen des Workshops „Wohnen im Ahrtal“ ausgetauscht. Ziel war es, zu eruieren, wie Wohnraum geschaffen werden kann, der eine Alternative zu vorherrschenden Wohnformen (Einfamilienhäuser, klassische Wohnungen) darstellt und für die Bewohner finanzierbar ist. Parallel kam der Hospiz-Verein Rhein-Ahr mit dem Vorschlag eines Tageshospizes in seiner Trägerschaft auf die Kirchengemeinde zu. Der Diözesancaritasverband Trier hat in diesem Zusammenhang eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese soll prüfen und ausloten, inwieweit ein soziales Wohnprojekt und Tageshospiz möglich wäre.

Die Ergebnisse werden im ersten Quartal 2024 erwartet und dann zeigen, ob und inwieweit bereits Bestehendes in die Planungen aufgenommen werden kann. Eine Entscheidung fällen die kirchlichen Gremien vor Ort. Die Idee würde sich an die Kita und das Integrative Mehrgenerationen-Quartier anschließen und somit ein vielfältiges, generationenübergreifendes und inkludierendes Quartier darstellen, so Meyrer. „Hier werden keinesfalls exklusive Wohnungen entstehen“, betont der Pfarrer. Ein Vorschlag, der noch im Raum schwebe, sei ein Flut-Museum im Kirchenraum zu eröffnen. „Aber solch eine museale Nutzung dient mehr den Touristinnen und Touristen als den Einwohnerinnen und Einwohnern von Bad Neuenahr-Ahrweiler“, stellt der Seelsorger klar.

„Wir bedauern es sehr, die Entscheidung, das Kirchengebäude nicht mehr wiederaufzubauen, jetzt so treffen zu müssen. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der sehr aktiven Gruppe in St. Pius, die seit der Flut eine Vielzahl von Veranstaltungen rund um die Kirche organisiert hat“, betont Pfanner. Mit der Aufgabe des Kirchenraums als sakralem Ort wird eine Profanierung (Entweihung) einhergehen.

Erinnerungskultur an die KircheSt. Pius aufrechterhalten

Der Verwaltungsrat möchte die Gruppe ausdrücklich einladen, sich weiterhin zu engagieren und ihre Angebote fortzuführen. „Daher legen wir großen Wert darauf, dass bei der zukünftigen Nutzung Räumlichkeiten geschaffen werden, wo ‚Kirche vor Ort‘ stattfinden kann. Diese zu gestalten und mit Leben zu füllen ist eine Chance, in die sich die Gruppe hoffentlich einbringen wird“, sagt Küpper. Eine von zwei Vorgaben, die die Kirchengemeinde in die Machbarkeitsstudie gegeben haben, sei daher ein Raum, der für Gottesdienste, Andachten und andere Treffen genutzt werden kann. Die zweite Vorgabe lautet, einen Ort für Erinnerungskultur an die Kirche St. Pius X. zu schaffen.

Auch ohne St. Pius ist die Feier von Gottesdiensten in der Umgebung gewährleistet. „Seit der Flut nutzen wir die Kapelle St. Anna für Werktags- und Sonntagsgottesdienste wie auch für Trauerämter“, berichtet Meyrer. Er feiere dort sogar seine meisten Gottesdienste. Sieben weitere Kirchen gibt es auf dem Gebiet der Pfarrei und insgesamt zehn Kapellen. „Uns ist es wichtig, dass auch bei der Nachnutzung christliche Werte und Aspekte berücksichtigt werden. Mit den aktuellen Ideen eines sozialen und integrativen Wohnprojektes und einem Tageshospiz würde wieder etwas für die Menschen vor Ort geschaffen“, betonen Küpper und Pfanner. Dies sei ein gutes Hoffnungszeichen für die Bewohner von Bad Neuenahr-Ahrweiler. red

Fragen und Antworten rund um St. Pius

Die Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler hat in einer Art FAQ Antworten zu den wichtigsten Fragen rund um die Zukunft der St.-Pius-Kirche zusammengefasst.

Werden Pfarrhaus und -heim sowie die Kirche abgerissen?

Die Gebäude und das Gelände sind Teil einer Machbarkeitsstudie, die auslotet, welche Möglichkeiten, Vor- und Nachteile oder auch Hindernisse es gibt, Bestehendes teilweise, ganz oder gar nicht zu übernehmen. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, deren Federführung der Caritasverband für die Diözese Trier innehat, werden im ersten Quartal 2024 erwartet.

Wer hat die Entscheidung getroffen, St. Pius nicht als Kirche zu erhalten, und warum hat das so lange gedauert?

Die kirchlichen Gremien (die Mitglieder des Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrats) haben ihre Verantwortung für die Gebäude und Grundstücksteile wahrgenommen, die im Eigentum der Kirchengemeinde sind und über die Zukunft von St. Pius beraten. Dabei stand das Thema „Nachhaltigkeit“ im Mittelpunkt, darunter fällt auch der Punkt Finanzierung und der Blick in die Zukunft unter der Leitfrage „Was dient den Menschen vor Ort?“. Durch diese Entscheidungsfindung mit der Einbindung unterschiedlicher (Interessens-)Gruppen sowie Gremien und durch die Zusammenarbeit mit der engagierten Gruppe „Team Sankt Pius“ dauerte die Entscheidungsfindung bis jetzt.

Was wird an der Stelle entstehen?

Die von den kirchlichen Gremien präferierte Idee ist, auf dem Gelände ein soziales Wohnprojekt und Tageshospiz zu errichten. Daneben gibt es noch den Vorschlag, ein Flut-Museum in dem Kirchengebäude zu errichten. Allerdings ist eine museale Nutzung nicht mit der Idee des Wohnprojektes/Tageshospizes kombinierbar.

Woher kommt das Geld zur Umsetzung des Wohnprojekts und Tageshospiz?

Es gibt Gespräche mit zukünftigen Investoren über die Trägerschaft des Wohnprojektes, aber auch die Gründung einer Genossenschaft in diesem Zusammenhang wird geprüft. Der Hospizverein Rhein-Ahr möchte das Tageshospiz errichten und auch die Trägerschaft übernehmen. Des Weiteren ist das Projekt auf Investoren angewiesen.

Wann beginnt der Bau?

Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie werden im ersten Quartal 2024 erwartet. Dann gilt es, die vorgeschlagenen Varianten zu sondieren und eine Entscheidung zu treffen. Bevor mit Baumaßnahmen begonnen werden kann, muss der Bebauungsplan geändert werden. Hinzukommt die derzeitige Lage beim (sozialen) Wohnungsbau, der nicht auskömmlich finanzierbar ist. Die Preise für Baumaterialien bewegen sich auf hohem Niveau. Die Kosten sind derzeit laut der Pfarrei nicht seriös kalkulierbar, was einen festterminierten Baubeginn nicht zulässt.

Was passiert mit dem Inventar der Kirche, wie der Orgel und mit dem Kirchturm?

Ein Teil des Inventars von St. Pius ist nach der Flutkatastrophe aufbereitet worden und befindet sich in Zwischenlagern. Über andere Elemente wie ein großes Kreuz, Altar und Ambo soll zu gegebener Zeit, also nach der Machbarkeitsstudie und der damit einhergehenden weiteren Planung, entschieden werden. Die Orgel war bereits vor der Flut stark sanierungsbedürftig; die Flut und die dadurch entstandene Luftfeuchtigkeit hat der Orgel weiter zugesetzt, sodass diese nicht mehr genutzt werden kann. Der Kirchturm wird in der Machbarkeitsstudie mitbedacht. Hier gilt es, die Ergebnisse abzuwarten. red