Thomas Linnertz, Leiter des Krisenstabes, erklärte bei der täglichen Pressekonferenz in Ahrweiler, dass sich eine eigens dafür eingerichtete Arbeitsgruppe auf mögliche Überschwemmungen vorbereitet. Laut Deutschem Wetterdienst sei für Samstag zunächst „Landregen“ angesagt, für den Nachmittag seien lokale Gewitter und lokaler Starkregen möglich. Für verlässliche Vorhersagen, wo der Regen niedergehe, sei es am Freitag noch zu früh. „Wir haben am Samstag eine Vorlaufzeit von sechs Stunden, um zu wissen, wo es stark regnet.“ Eine flächendeckende Evakuierung der Bevölkerung und Tausender Helfer sei nicht zu erwarten, eine partielle Räumung bestimmter Orte schloss er dagegen nicht aus. Denn mehr noch als die Ahr kann laut Linnertz das Oberflächenwasser zum Problem werden. Wegen kaputter Abwasserleitungen und verstopfter Kanäle kann das Wasser nicht abfließen. In den möglicherweise betroffenen Bereichen will man die Menschen mit Lautsprecherdurchsagen warnen. In der Grafschaft wurde eine weitere Notunterkunft für 1000 Leute eingerichtet, Busse sollen die Menschen im Notfall dorthin bringen.
Dass die Ahr sich wieder staut, schließt er nicht aus. Zumal besonders im Bereich von ehemaligen Brücken, Bergen von Schrott, Bäumen, Autos und Campingwagenteilen, den Durchfluss der Ahr behindern. Bei der Beseitigung dieser Bereiche habe man aber Erfolge erzielt. Mit mobilen Pegeln will man zudem den Wasserstand verfolgen und im Notfall reagieren. Weiterhin sind weggerissene Straßen und Brücken eines der Hauptprobleme von Feuerwehren, THW und Bundeswehr. Was sich an der Tatsache zeigt, dass die Hilfskräfte erst am Freitag die rund 400 Einwohner von Kirchsahr in einem Nebental der Ahr auf dem Landweg erreicht hätten. Neun Tage war das Tal von Altenahr-Kreuzberg aus sich selbst überlassen.
Für Linnertz läuft die Arbeit an den mittlerweile 31 Servicepunkten in den Ortschaften entlang der Ahr gut. Hier gäbe es Lebensmittel, Trinkwasser, eine medizinische Erstversorgung und Medikamente für die Menschen in ihren kaputten Dörfern und Städten. Flugblätter mit Hilfsangeboten würden ebenso verteilt wie die Anträge auf Soforthilfe des Landes. „Das ist wichtig für alle, die kein Internet oder einen Drucker haben. Die Menschen dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass sie auch bei der Verteilung von Hilfsgeldern zu kurz kommen. 1600 Feuerwehrleute aus ganz Deutschland, 2000 THW-Mitarbeiter, 800 Mitarbeiter im Sanitätsdienst und 1000 Polizisten sind weiterhin im Einsatz im Ahrtal“, erklärt Thomas Linnertz. Und er weiß auch, dass nicht alles rund läuft. Die Verärgerung bei den Menschen, die Hab und Gut verloren haben, wird immer größer. Wie kann es sein, dass freiwillige Helfer so viel früher vor den offiziellen Rettern in den Orten ankommen und helfen? Warum lassen Soldaten, Feuerwehr und THW scheinbar unbeteiligt die Menschen allein Schlamm und Geröll aus den Häusern räumen? Linnertz bittet um Verständnis: „Jeder hat seine Aufgabe und jeder muss auch für diese Aufgabe zur Verfügung stehen. Wenn die Feuerwehr nur am Rand steht, dann, weil wir sie für einen möglichen Brand oder Unfall, ein Gasleck oder einen anderen Einsatz brauchen. Dann können wir die Leute nicht in den einzelnen Häusern suchen gehen.“
Gründe dafür, warum die Organisation der Hilfskräfte länger gebraucht habe, erklärt er mit der rund 50 Kilometer langen Strecke, auf die sich das Katastrophengebiet erstreckt. Das könne man sogar noch verdoppeln, weil man wegen fehlender Brücken ja zwei Seiten der Ahr anfahren müsse. „Private Helfer und Familienangehörige können einfach versuchen zu den Menschen zu kommen, große Verbände kann man einfach nicht ohne Ortskenntnisse losschicken“, erklärt Linnertz. Und er erinnert: „Viele der Tausend Helfer sind ehrenamtliche Helfer.“ Mittlerweile scheint er jedoch Vertrauen in seine Strukturen zu haben. „Wir haben das Ahrtal in vier Überabschnitte aufgeteilt, und die nochmals in Unterbezirke für Gemeinden oder Ortsteile. Diese Bereiche können gezielt ihre Wünsche an die Hilfskräfte abrufen.“ Auf die Frage, warum denn kein Mitarbeiter der Kreisverwaltung die ganze Woche an der Pressekonferenz teilgenommen habe, gibt es zunächst nur ein Schulterzucken von Linnertz. Und: „Wir stehen im engen Kontakt mit der Kreisverwaltung und arbeiten gut zusammen.“