Kontaminiertes Ahrwasser: Schon die kleinste Wunde ist gefährlich
Der Parkplatz bildet im Hilfskonzept die „Versorgungsstelle Isarstraße“, wie Isabelle Adams erklärt. Sie ist hier die „Chefin“. Sie ist für alle, die hier ankommen oder arbeiten oder Fragen haben, die entscheidende kompetente Anlaufstelle. Wenn jemand eine Frage habe, so soll er die „kleine Blonde“ suchen, sagt sie über sich selbst. Diese Auskunft bekommt man auch auf dem großen Platz, auf dem rundum Pavillons stehen: Da wird an zwei Stellen gegrillt.
Es gibt Würstchen, Fleischkäse, Burger mit Brot oder Brötchen für Helfer und Betroffene. Am nächsten Stand werden Kaffee, Tee und Kuchen angeboten. Dazwischen stehen ein paar Biergarnituren zum Ausruhen oder auch Kisten mit Arbeitsmaterial von Stiefeln über Schaufeln bis zu Stirnlampen. Isabelle Adams, ehemalige Bundeswehrsoldatin, koordiniert, vermittelt und entscheidet, arbeitet ebenso selbst mit, wenn es irgendwo fehlt. Sie ist seit der ersten Stunde der Flut aktiv, hat in der Flutnacht bereits geholfen. 16 Tage danach koordiniert sie mehr als 1500 organisierte Helfer und Freiwillige, die im völlig zerstörten Schulzentrum eingesetzt sind.
Die Gefahr ist unsichtbar
Die Arbeit ist nicht ohne Gefahr. Festes Schuhwerk, Profihandschuhe, Schutzbrille und Stirnlampe sollten zur Grundausstattung gehören. Doch die Gefahr ist unsichtbar. Das Ahrwasser ist kontaminiert. Wer sich verletzt und eine offene Wunde hat, der läuft Gefahr, eine Infektion zu bekommen. Deshalb gehört die Erste-Hilfe-Stelle zum Angebot auf dem Parkplatz. Sie wird im Schichtdienst von „Wundexperten“ aus verschiedenen Hilfsorganisationen betrieben. „Verbandszeug und Betaisadona wurden reichlich gespendet“, sagt Isabelle Adams. Wichtig ist es, schon kleinste Wunden wie Stiche und Schnittwunden zu versorgen. Die jungen Männer vom Arbeiter Samariter Bund Hannover, an diesem Tag hier eingesetzt, haben ordentlich zu tun. „Chefin“ Isabelle Adams: „Mindestens alle zehn Minuten braucht jemand einen Verband.“ Die meisten Helfer arbeiten dann weiter. Dann muss die Wunde später am Einsatzende nochmals fachmännisch behandelt und versorgt werden.
Stefan Walter aus dem hessischen Rodgau ist einer von denen, die zumindest mal ein Pflaster brauchen. Er hat sich bei der Arbeit im Keller an der Hand verletzt. Nicht die erste Verletzung, wie der große Verband am Ellbogen zeigt. Aufgeben will er nicht. Er ist vor fünf Tagen mit dem eigenen Wohnwagen angereist und hat am Bürgerhaus Ringen einen Platz gefunden. Da gibt es Verpflegung, da kann er duschen. „Alles top“, stellt er fest und geht frisch verbunden zurück zum Einsatzort. Frank Bugge