Kreis Ahrweiler/Remagen

Katzen fast in Öl ertrunken: Tierheim Remagen steht Vierbeinern bei

Von Judith Schumacher
Leiter Claus Krah und Mitarbeiterin Franka Wangeler setzen sich im Tierheim Remagen für das Wohl von Tieren ein.  Foto/Archiv: Nicolaj Meyer
Leiter Claus Krah und Mitarbeiterin Franka Wangeler setzen sich im Tierheim Remagen für das Wohl von Tieren ein. Foto/Archiv: Nicolaj Meyer Foto: Meyer

Verstört, heimatlos oder tot sind durch die apokalyptische Flut auch zahlreiche Haustiere oder Vieh entlang der verwüsteten Ahrufer. Viele Tiere werden vermisst. Im Tierheim des Kreises Ahrweiler in der Remagener Blankertshohl stehen die Telefone nicht still. Die Notfallfahrerin sei nach ihrer Verständigung in der Hälfte der Fälle durch die Unwegsamkeit des Geländes nicht an Tiere in Not herangekommen, wie der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Claus Krah, auf Anfrage mitteilt.

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Zudem wird die Institution aktuell derart mit Sachspenden überschüttet, dass die Mitarbeiter nicht mehr wissen, wohin damit. Auf der Internetseite des Tierheims bedanken sich die Tierschützer für die Hilfe, sehen sich aber genötigt, regulierend einzugreifen. „Wir sind so voll mit Futter und anderen Sachspenden, obwohl die Nachfrage nach kostenlosem Futter vorhanden ist, dass wir den Kreis Ahrweiler gefühlt ein Jahr versorgen könnten“, heißt es. Dabei ist die Tendenz der Spenden sogar steigend. Lkw-weise Kleiderspenden stünden unsortiert auf der Straße und könnten nicht weiterbearbeitet werden, da keine Sortierung stattfinden kann. Die Helfer sind bis dato und auch noch länger mit anderen wichtigen Sachen wie dem Herstellen der Infrastruktur beschäftigt. Meldungen häufen sich, dass etwa Volieren, Kaninchen-Außengehege, Weidekoppeln und Zäune weggeschwemmt wurden. Deshalb hat der Verein neben seinem eigenen Spendenkonto einen „Hilfsfonds Tierhilfe“ eingerichtet.

„Nun spenden die Menschen aber meistens nur auf dieses Konto und nicht mehr auf das des Tierheims“, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins Claus Krah. Die zahlreichen herrenlosen Fundtiere, die nach der Flut im Tierheim gelandet sind, müssten auch ärztlich versorgt werden. Da sei etwa ein Kätzchen, das über und über mit Öl und Benzin getränkt war und darin fast ertrunken wäre. „Auf der Fahrt zum Tierarzt hat es dann auch Öl und Benzin gekotet“, beschreibt der Vorsitzende das Elend. Ein Hund muss eine Woche lang in einer Garage gefangen gewesen sein. „Ein Problem ist, dass wir bei den Fundtieren nicht wissen, ob sie geimpft sind. Auch sind wir dabei, anhand von Chips und Marken Totfunde auszulesen“, erklärt Krah. Doch es sind nicht nur die üblichen Haustiere, die nach der Flut im Tierheim gelandet sind. „Mittlerweile haben wir zwei Ringelboas und eine Vogelspinne sowie eine Schildkröte, deren Panzer böse verletzt ist – da muss ein Experte für Exoten herangezogen werden“, sagt der Tierheim-Leiter. Aus einer Anfrage bei der Polizei geht hervor, dass diese zwar mit Suchhunden im Einsatz ist, dabei gehe es aber vornehmlich darum, Menschen zu bergen. „Sollte die Polizei dabei Tiere auffinden, dann werden wir sie natürlich möglichst in gute Obhut übergeben“, erklärt Lars Brummer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Koblenz. Etwa der Deutsche Tierschutzbund ist aktuell auch an der Ahr, um hier Unterstützung zu leisten, die über die Aufgaben der Polizei, des Technischen Hilfswerkes oder der Feuerwehr hinausgeht.

„Bei den Tieren geht ganz viel schief“, beurteilt Madeleine Falkenburg, Mitarbeiterin des Tierheims aus Remagen. Eine Frau habe in ihrer Not eine Katze einem Feuerwehrmann in einem Karton mitgegeben. Die sei aber nie im Remagener Heim angekommen. Vielleicht sei das Tier auch in andere Tierheime gebracht worden, vermutet Falkenburg. „Wir hoffen, dass das alles wieder in richtige Bahnen geht. Die Leute vergessen, dass die Tiere einen Eigentümer haben.“

Denn viele Bürger hätten gefundene Tiere privat aufgenommen und sagten, sie wollten diese weitervermitteln. Besser sei, sich an das Tierheim zu wenden. „Wer sein Tier vermisst, muss es bei uns melden, sodass wir es im Internet posten können. Am besten mit Bildern.“ Zuletzt hat Falkenburg eine ähnliche Katastrophe 2002 beim Elbhochwasser durchmachen müssen. Sie kommt ursprünglich aus Sachsen. Doch dieses Ausmaß ist ihr neu. Sie versteht, dass viele Menschen im Krankenhaus sind, einfach nicht mehr können und erst mal keine Nerven für die Tiere hätten. „Viele haben wohl auch erst ihre Tiere retten lassen und dann erst sich“, betont sie andererseits.

Tierheim und Tierschutzverein möchten auf ihrer Internetseite und der Facebook-Seite aktuell informieren, was akut gebraucht wird. Mit dem gespendeten Geld aus dem Hilfsfonds Tierhilfe soll betroffenen Tierbesitzern auf Anfrage geholfen werden, wieder für Haustiere jeder Gattung, Huftiere und Federvieh ein neues zu Hause zu schaffen. „Es wird allerdings darauf geachtet, was vorher da war und was jetzt gemacht wird. Wir möchten nicht, dass sich jemand etwa eine vom Schreiner gefertigte Luxus-Voliere bauen lässt, wo vorher ein funktionaler Eigenbau war“, betonen die Tierschützer. Wie das Prozedere der Verteilung der Spenden aussieht, werde in der nächsten Vorstandssitzung entschieden. Es wird von jedem Spender um die Angabe von Mail-Adresse, Anschrift und der Telefonnummer gebeten.

Spendenkonto, Stichwort „Hilfsfond Tierhilfe“, KSK DE14 5775 1310 0000 4107 87; Volksbank DE74 5776 1591 0201 8159 00

Von Judith Schumacher und Nicolaj Meyer

Deutscher Tierschutzbund hilft Tierrettern und Tieren im Hochwassergebiet

Der Deutsche Tierschutzbund unterstützt die Tierschützer, die seit Tagen unermüdlich im Hochwasser-Katastrophengebiet im Einsatz sind, finanziell und logistisch. Mitarbeiter des Verbandes waren vor Ort, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen und konkrete Hilfsmaßnahmen zu besprechen. Mit Schlafcontainern, einem Sanitärcontainer und weiteren Hilfsmitteln baut der Verband die Grundversorgung der Tierretter im Hochwassergebiet an der Ahr mit auf. Zudem hat der Deutsche Tierschutzbund eine Hotline für Notfälle freigeschaltet, über die Betroffene rund um die Uhr an Anlaufstellen wie Tierrettungsorganisationen oder unterstützende Tierärzte vermittelt werden. „Tierretter leisten gerade Übermenschliches, um Tierhaltern und Tieren in den betroffenen Gebieten zu helfen. Auch wir tun alles in unserer Macht Stehende, um dabei bestmöglich schnell und unbürokratisch zu unterstützen“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Im Einsatz befinden sich die Dogman Tierhilfe, die Tierrettung Unterland, die Tierrettung Rhein Neckar, die Tierrettung LV Südbaden, die Tierrettung Essen und der Tiersicherungsdienst Frank Weisskirchen. Bis auf Weiteres richtet der Deutsche Tierschutzbund unter Tel. 0228/ 60496.112 eine Notrufnummer für Tierhalter ein, die von der Kata-

strophe selbst betroffen sind.

Flutkatastrophe im Ahrtal
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