Kreis Ahrweiler

Inklusive Ferienfreizeit in Dedenbach: Sicherer Ort für Kinder, die alles verloren haben

Von Mirjam Hagebölling
Die riesigen Seifenblasen sorgen immer wieder für jede Menge Spaß bei der inklusiven Ferienfreizeit des WSV Sinzig in Dedenbach. 		Foto: Hagen Hoppe
Die riesigen Seifenblasen sorgen immer wieder für jede Menge Spaß bei der inklusiven Ferienfreizeit des WSV Sinzig in Dedenbach. Foto: Hagen Hoppe

In Dedenbach, einem Ort mit rund 500 Einwohnern und malerisch in einem Seitental des Vinxtbachs gelegen, scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. An der Eifelgoldhalle schweift der Blick über die schöne Landschaft, die geprägt ist von leuchtenden Wildblumen und üppigen Kornfeldern. Kaum zu glauben, dass diese Sommeridylle nur wenige Kilometer vom Epizentrum der Hochwasserkatastrophe an der Ahr entfernt liegt. Hier hat der Wassersportverein (WSV) Sinzig eine inklusive Ferienfreizeit organisiert und einen Ort der Ruhe und Erholung geschaffen für Kinder, denen die Flut im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen weggerissen hat.

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Ausgelassen toben und tollen die Kinder auf dem großen Gelände rund um die Eifelgoldhalle. Pedalos, Bobbycars, Kreisel und viele andere Sportgeräte laden zum Bewegen und Ausprobieren ein. „Unsere Idee war es, den betroffenen Kindern die Möglichkeit zu geben, aus dem Flutgebiet heraus zu kommen und gleichzeitig die Eltern zu entlasten. Die inklusive Ferienfreizeit hat eine klare Struktur und einen festen Ablauf. Damit wollen wir den Kindern, die teilweise alles verloren haben, die größtmögliche Sicherheit und Verlässlichkeit geben und ein fundiertes Angebot auch für Kinder mit Beeinträchtigungen schaffen,“ erläutert Frauke Weller, Jugendwartin beim WSV Sinzig. „Von den rund 50 Kindern, die wir hier betreuen, haben zwölf eine Beeinträchtigung. Unser Vereinsmotto, zufällig inklusiv, setzt sich auch hier bei der Ferienfreizeit fort“, betont Frauke Weller. Das Ziel war es. ein Angebot zu schaffen, das auf alle Kinder zugeschnitten ist. So wurde beispielsweise für einen autistischen Jungen extra eine Schaukel besorgt, da er diese benötigt, um sich zu regulieren: seine Gedanken und Gefühle zu steuern.

Über das große Netzwerk des Vereins konnten für die Betreuung der Kinder ehrenamtliche Fachkräfte, wie Sozialarbeiter, Pädagogen und Förderlehrer, gewonnen werden. „Zusätzlich stellt uns das Jugendhilfezentrum Bernhardshof in Mayen ein Psychologenteam zur Seite“, so Weller. Denn auch die Eltern hätten Gesprächsbedarf. Die Zelte mit den unterschiedlichen Angeboten sind übersichtlich auf dem Gelände verteilt. Kerstin Schmitz betreut das Kreativzelt, hier können die Kinder nach Herzenslust basteln, malen, knüpfen oder Perlen auffädeln. „Gestern haben wir getöpfert und hatten dabei viel Freude“, erläutert Schmitz.

Abgetrennt vom Kreativzelt ist eine Kuschelecke, in der die Kinder zur Ruhe kommen können. Dort hat es sich auch Therapiehund Camaro gemütlich gemacht. Mit ihm lässt sich hervorragend kuscheln und er spendet den Kleinen auf seine eigene Art und Weise Trost. Mehrere Therapiehunde und Kaninchen waren bereits im Einsatz, um die Kinder bei der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu unterstützen. Ein besonderer Schwerpunkt ist die erlebnispädagogische Arbeit. Auf der großen Wiese oberhalb der Eifelgoldhalle bieten die Sozialpädagogen Simone Kitzmann und Elias Faggiani vom Jugendhilfezentrum Bernhardshof in Mayen Bogenschießen an.

Die Kinder sind mit Feuereifer dabei und freuen sich über jeden Treffer. Die Streifzüge durch die Wälder und Wiesen sind ein festes Tagesritual. „Ein wichtiger Bestandteil unseres Angebots ist Bewegung an der frischen Luft. Dadurch werden die Stresshormone abgebaut, die der menschliche Körper in solch einer Extremsituation bildet“, erläutert Weller. In einem anderen Zelt lauschen die Kinder einer Geschichte, und später wird zusammen gesungen. Gleich daneben feixen die Jungs beim Tischkicker.

In der Küche der Eifelgoldhalle bereitet ein ehrenamtliches Team das Mittagessen vor, in der Halle selbst ist ein Bewegungsparcours aufgebaut. „Wir sind überwältigt von der großen Unterstützung von allen Seiten“, betont Weller. In nur einer Woche hat der WSV die Ferienfreizeit auf die Beine gestellt. Es meldeten sich zahlreiche ehrenamtliche Helfer als Betreuer, für die Küche und mit therapeutischen und pädagogischen Angeboten. Und auch Lebensmittelspenden erreichten die Kinder: Ein Eiswagen sorgte für leuchtende Kinderaugen und auch der köstliche Kuchen vom benachbarten Vinxtbach-Café war in Windeseile verputzt.

Die Ferienfreizeit findet noch bis einschließlich Freitag, 13. August statt. Auch eine tageweise Betreuung ist möglich. Anmeldungen mit Kontaktdaten, Alter der teilnehmenden Person und ob eine Abholung gewünscht ist an: ferienbergauf@gmx.de

Von unserer Mitarbeiterin Mirjam Hagebölling

Weitere Betreuungsmöglichkeiten

Das Gelände des Naturfreundehaus Laacherseehaus hat sich vor ein paar Tagen in ein Kinder- und Jugendcamp verwandelt. Organisiert vom Bezirksjugendwerk der AWO Rheinland, der Arbeiter Samariter Jugend in Rheinland-Pfalz, den Falken und der DGB Jugend Rheinland-Pfalz und Saarland, können hier Kinder und Jugendliche montags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr betreut werden. Das kostenlose niedrigschwellige Angebot, bei dem auch ein mobiler Kletterfels und ein sogenanntes Soccercage zum Einsatz kommen, richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 16 Jahren.

„Es hilft einfach, da zu sein für die Kinder in dieser schweren Zeit, nicht als Psychologe, sondern als Freund. Wir tun, was wir können, um die Kinder wieder zum Lachen zu bringen“, sagt Christian Wild, Mitglied im Vorstand des AWO-Kreisverbands Mayen-Koblenz und Vorstandsvorsitzender des Bezirksjugendwerkes der AWO Rheinland, der das Camp federführend organisiert hat. Einen guten Überblick über alle kostenlosen Angebote für Kinder und Jugendliche, die von der Hochwasserkatastrophe betroffen sind, bietet die Internetseite der Kreisverwaltung unter www.kreis-ahrweiler.de
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